Gegenwind-Gespräch: Michael Diers
Sep 271996
 

Herzlichen Glückwunsch, Radio Jade!

Radio Jade hat die Lizenz zum Senden

(hk) Eigentlich glaubte kaum noch jemand daran, daß es klappen würde: Radio Jade konnte sich gegen das Radio des WZ-Verlegers Manfred Adrian durchsetzen. Wir freuen uns schon heute auf den Morgen, wenn aus dem Äther klingt: „Guten Morgen, liebe Wilhelmshavener und Friesländer! Sie hören Radio Jade.“ Doch bis es so weit ist, wird noch viel Wasser im Jadebusen hin- und herschwappen.

Der Gegenwind sprach (mal wieder) mit Michael Diers, dem Chefredakteur des nichtkommerziellen Radios „Radio Jade“.

Gegenwind: Herzlichen Glückwunsch zur Lizenzerteilung. Das war ein harter Kampf für Radio Jade. Wann geht’s denn los?
Michael Diers: Wir hoffen, daß wir am 1. März 1997 unseren ersten Sendetag haben. Dafür haben wir wirklich lange gearbeitet und gekämpft.

RadioJadeWie ist die Reaktion der anderen Initiativen? Es war ja davon die Rede, daß die gegen den Entscheid der Landesmedienanstalt klagen wollen.
Von den Varelern haben wir noch nichts gehört. Ich glaube auch nicht, daß man uns jetzt noch Steine in den Weg legen wird. Und wenn geklagt wird, dann bedeutet das zwar eine weitere Zeitverzögerung – aber die würden wir auch noch überstehen. Von den Initiativen, die jetzt lizenziert wurden, war keine Verlegerinitiative dabei. Man hat wohl eingesehen, was Medienvielfalt bedeutet. Für die Mitglieder und Gesellschafter der anderen Initiativen ist es jetzt auch viel einfacher auf uns zu zugehen. Wir hatten das bessere Konzept – und wenn die anderen Gruppen wirklich Interesse daran haben Radio für die Region zu machen, dann werden sie auch zu uns kommen.

Gab es weitere Reaktionen?
Viele Leute haben sich mit uns gefreut, daß wir in diesem doch extremen Kampf gegen wirklich mächtige Interessen gewonnen haben. Vorher hieß es oft, daß wir gegen solche Interessen nicht gewinnen könnten. Von daher gibt es wieder ein Stückchen Hoffnung. Von den Parteien bekamen wir nur von der FDP Glückwünsche.

Wie war denn die Abstimmung diesmal?
Der Ausschuß der Landesmedienanstalt hatte der Versammlung empfohlen, Radio Jade die Lizenz zu geben. Wieviele der 45 Mitglieder anwesend waren, weiß ich nicht. Von den Anwesenden wurden jedenfalls 7 wegen Befangenheit von der Abstimmung ausgeschlossen. Insgesamt stimmten dann 23 für uns – und das war die Mehrheit.

In einem früheren Gespräch sagtest Du, daß nach der Lizenzierung ein Mitgliederboom entstehen wird. Wie sieht es damit aus?
Es kommen täglich Anfragen, was zum Beispiel die Mitgliedschaft kostet. Seit Bekanntwerden der Entscheidung haben wir aber auch schon ca. 20 neue Mitglieder bekommen. Wir rechnen damit, daß wir auf 300 bis 400 Mitglieder kommen werden. Mittlerweile haben wir über 200 Mitglieder, wobei etwa 40 Vereine dabei sind. Aber da wird sich noch etwas tun.

Wo wird das Studio von Radio Jade entstehen?
Es spricht sehr vieles für das TCN. Aber was dort fehlt, ist der direkte Kontakt zu den Hörerinnen und Hörern. Man kommt nicht zufällig am TCN vorbei und schaut eben bei uns rein. Das wäre in Wilhelmshaven oder einem anderen Ort eher gegeben. Das Gebäude am Südstrand wäre ideal, um den Kontakt zu den Bürgern herzustellen.

Wie wollt ihr es schaffen, bis zum März alles voreinander zu kriegen?
Bis zum März muß das Studio eingerichtet sein, müssen weitere freie MitarbeiterInnen ausgebildet werden usw. Es ist jetzt an uns, die Leute ans Radio heranzuführen. Uns fehlen noch viele Leute, um professionell Radio machen zu können. Wir sind ein sehr offener Sender – ein Bürgerradio. Da können und müssen noch viele mitmachen. Es wäre toll, wenn Leute zu uns finden, die sich sagen: ‚Jetzt gibt es hier die Chance, bei einem Radiosender mitzuwirken‘. Leute, die ein bestimmtes Musikprogramm machen wollen, oder auch im kulturellen oder politischen Bereich etwas bewegen wollen. Diese Leute brauchen wir bei Radio Jade. Was uns noch fehlt ist ein Übertragungswagen, um wirklich von dort, wo die Menschen sind, auch berichten zu können. Da brauchen wir Leute, die die Anschaffung eines Ü-Wagens finanziell unterstützen.

Wie wird der Sendebetrieb aussehen?
Wir fangen morgens um 6.00 Uhr mit Weltnachrichten an – und dann geht’s los. Jeweils um halb gibt es Nachrichten aus der Region. Auch dafür brauchen wir überall Leute, Nachrichtenkorrespondenten, die uns mit Informationen beliefern. Wir werden eine große Themenvielfalt präsentieren und wir werden auch viel gute Unterhaltung bieten. Wir werden kein Jugendsender und auch kein Anti-Sender sein. Aber wir werden jeder und jedem auf die Finger klopfen – und zwar völlig überparteilich. Man wird uns, wie es im Vorfeld versucht wurde, in keine Ecke drängen können.

Für ein solches Konzept brauchen andere Sender einige hundert feste Mitarbeiter. Wieviel Stunden wollt ihr senden?
Wir planen, erst einmal 6 bis 7 Stunden täglich zu senden – vielleicht sind auch 9 Stunden möglich.

Und für den Rest des Tages ist Funkstille?
Wenn wir nicht senden, dann schalten wir auf NDR2, von denen bekommen wir auch die stündlichen Weltnachrichten. Da muß zwar noch etwas verhandelt werden, aber ich bin sicher, daß es klappt.

Du sagtest vorhin, daß ihr allen Leuten, wenn nötig, auf die Finger klopfen werdet. Das selbe kann ich vom Gegenwind sagen: Wir werden Radio Jade weiterhin solidarisch begleiten, wir werden bei Radio Jade aber genauer zuhören, als bei anderen Sendern und auch, wenn nötig, auf eure Finger klopfen. Nochmals unsere herzlichen Glückwünsche zur Lizenz. Wir freuen uns auf Radio Jade.

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