Gegenwind-Gespräch: Johan Anton van Weelden
Okt 181995
 

Likedeeler oder Don Quichotte?

Gleichbehandlung mit der Konkurrenz fordert Beta-Baas J.A. van Weelden in einem Gegenwindgespräch

(hk/jm) Weelden 2City-Diesel kredenzte Beta-Baas Johan Anton van Weelden seinen beiden geladenen Gegenwind-Redakteuren als Begrüßungstrunk. Als seine Gäste ihn darob mit abwehrender Gestik musterten, setzte er eines der bereitgestellten Ölgefäße demonstrativ an die Lippen und lenzte es in genießerischen Zügen bis auf den Grund. Beim Absetzen unterzog er das Behältnis noch eines wohlgefälligen Blickes, bevor er es mit einem kennerischen ,,Heel lekker!“ wieder auf den Tisch zurückstellte. Mit frisch geölter Kehle kam er gleich darauf zur Sache, denn er hatte einiges auszusetzen an dem Beta-Verriss in der letzten Gegenwindausgabe…

van Weelden: Sie haben behauptet, dass die bankrotte Firma Bulk Oil Teilhaber der Beta ist. Das stimmt nicht. Die Beta-Teilhaber sind die Tusculum Holding BV und die Louis Dreyfus Gruppe. Die Amsterdamer Tusculum ist bankrott und Dreyfus und Beta versuchen die Anteile zu übernehmen.
Weiter hatten Sie geschrieben, dass beim Schwefelgehalt unseres City-Diesels drei Nullen nach dem Komma vor der ersten Eins nicht ganz richtig sein können. Nun: Wir können das Produkt sowohl mit 1 ppm (parts per million) als auch mit 10 ppm Schwefelgehalt herstellen. Nach Schweden verkaufen wir die 0,0001%.

Gegenwind: Wir haben gesagt, dass Sie zur Vermarktung ihres Produktes praktisch nichts tun…Weelden 3
Dieses Dieselöl wird nach Schweden, England, Dänemark und Norwegen verkauft. Wir wollen nur, dass es

Sie beschweren sich darüber, dass die Anlage alle fünf Jahre durchgecheckt werden muss.
Wir haben nichts gegen eine Überprüfung der Anlage im Fünfjahresrhythmus. Die ist schon wegen der Reinigung notwendig. Es geht hier lediglich um die Produkt- und Rohöltanks, die hier behördlich alle fünf Jahre und in den Niederlanden nur alle fünfzehn Jahre dran sind. Man sollte in der EG zu einer Gleichstellung der Inspektionstermine für Tanklager kommen.
Auch bei Strom, Transport und Baggerungen, schreiben Sie, dass Beta alles zu teuer findet. Wir fordern doch nur Gleichberechtigung mit unseren Kollegen in Europa und dass es für jeden wirtschaftlich wird, auch in der Bundesrepublik die Erzeugnisse herzustellen, die der Markt verlangt.

Sie wollen die laschen Gesetze, die in einigen europäischen Ländern leider noch gelten, auch wieder auf Deutschland ausdehnen. Wir denken, man soll es andersherum machen.Weelden 4
Ich bin gerne bereit, die bundesweiten Tarife zu akzeptieren, wie z.B. die BUNA, die 5,6 – oder ICI, die 6,5 Pfennige für eine KWh Strom bezahlen. Auch bei der Bahn fordern wir Gleichbehandlung mit anderen Ländern, d.h., dass die Kilometerstrecke das gleiche kostet, ob von Hamburg nach Hannover oder von Leipzig nach Hannover oder von Wilhelmshaven nach Hannover. Wir fordern keine Sonderregelung sondern gleiche Behandlung.

Verteuerte Transporte durch Elektrifizierung?

Aber in wenigen Jahren haben Sie ja die Strecke Wilhelmshaven-Oldenburg elektrifiziert. Dann sind Sie doch besser dran!
Soweit wir erfahren haben sollen die Preise dann steigen statt fallen!

Wo haben Sie das denn her?
Das haben wir Aussagen entnommen, die in der Stadthalle von Herrn Dr. Gorka von der Bahndirektion Hannover im Herbst letzten Jahres anlässlich einer SPD-Veranstaltung gemacht wurden.

Wie stellen Sie sich die Senkung der Baggerkosten vor?
Durch eine enge Zusammenarbeit von Bund und Beta, indem unsere Baggerungen gemeinschaftlich durchgeführt werden.

Diese Baggerungen fallen ja wegen ständiger Versandung an, sind also Unterhaltsbaggerungen und die Kosten dafür quälen Sie selbstverständlich. Ihr Aus­weg ist der Bau des Jade-Ports mit dem Baggergut aus den versandenden Schiffsliege­wannen vor Ihren Umschlaganlagen. Es ist klar: diese Baumaßnahme würde Sie für viele Jahre dieses Kostenproblems entledigen. Doch schon bei oberflächlicher Betrachtung kommen wir nicht uni die Einschätzung herum, dass ein Bau des Jade-Port in das Stromgebiet der Jade hinein, eine gra­vierende Störung des hydromorphologischen Gleichgewichts (gemeint ist hier der labile Gleichgewichtszustand zwischen einem tideabhängigen Küstengewässer und seinem von der wechselnden Strömung herausgebildeten Bodenprofil), dieses tideabhängigen Küstengewässers und u.a. zusätzliche Baggerkosten für die Fahrwasserunterhaltung in der Jade bedeuten würde!
Auf Kosten von Beta ist eine initielle Studie erstellt worden, um u.a. dies zu untersuchen. Dieses erste Ergebnis deu­tet auf eine positive Entwicklung hin. Wir haben dem Land Niedersachsen und dem Bund angeboten, diese Vorstudie mit unserer Beteiligung durch weitere wirtschaftliche, ökologische und morphologische Untersuchungen zu vertiefen. Beide haben aus Kostengründen eine solche Studie abgewiesen.

Vor Jahren haben Sie Umweltschützer mit dem Bau eines Crackers (Anlage zur Umwandlung von Schweröl bzw. Raffinerierückständen in Leichtöle und Synthetikgase mittels Hochdruckerhitzung, wodurch die Stoffmoleküle aufgebrochen (gecrackt) werden) zu vertrösten versucht, um sie davon abzuhalten, gegen hohe 502-Emissionen Sturm zu laufen. Jetzt scheint der Cracker in den Hintergrund zu treten und eine Giftmüllverbrennungsanlage, die Sie als Kraftwerk bezeichnen, steht an. Wieso jetzt kein Cracker mehr?
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Beta verwirklicht Traum: Stromerzeugung ohne Rückstände?

Wie kommen Sie überhaupt dazu, von Giftmüll zu sprechen? Das müssen Sie absolut korrigieren! Es handelt sich hierbei um die 30% atmosphärisches Residue (Raffinerieruckstande, Red), die bei der Rohölverarbeitung anfallen. Dies ist ein reines Produkt, welches wir jetzt ins Ausland exportieren, wo es in Crackern weiterverarbeitet wird.
Und nun hat die Beta vor, dieses Residue in einer eigenen Vergasungsanlage unter Hochdruck sowie Einspritzung von Wasser in Gas umzuwandeln. Dieses synthetische Produkt soll dann eine Kraftwerksturbine antreiben und 700 Megawatt (MW) Strom erzeugen. Diese kombinierte Crack-/ Kraftanlage hat einen höheren Wirkungsgrad, als ein konventionelles Kraftwerk und Emissionen, die erheblich niedriger liegen.

Weelden 6Wo bleiben Sie denn z.B. mit den Abfällen, z. B. Petrolkoks?
Dabei haben wir keine Abfälle. Bei unserem Verfahren fällt auch kein Petrolkoks an.

Wie ist das mit Schwermetallen?
Fast nicht – das ist abhängig von der Rohölsorte, die man verarbeitet. Wir haben keine Schwermetalle.

Sie bleiben dabei: In Ihrer Crack-/Kraftanlage werden die Rückstände gleich Null sein!?
Ja.

Und bei den Emissionen?
Dieses Residue enthält nicht viel mehr Schwefel als z.B. das leichte Heizöl. Und die Schwermetallgehalte hängen ab von der Rohölsorte, die wir kaufen und das ist fast immer Nordseeöl.

Die Kraftwerke der Preußen­Elektra sind zum großen Teil nicht ausgelastet. Wer soll denn Ihren Strom kaufen?
PreußenElektra importiert Strom aus Schweden via die baltischen Kabel. Die deutschen Kraftwerke emittieren 340 Millionen Tonnen C0² pro Jahr. Wir sind der Meinung, dass diese Emissionen durch Herausnahme von Kohlekraftwerken reduziert und dafür Energieerzeugungsfor­men – wie in unserem Projekt – ans Netz gehen sollten.

Will die Beta die Parole der DKP ,Brecht die Macht der Monopole‘ wieder aufnehmen?
Ich werde kein Don Quichotte sein! Aber ich bin der Meinung, dass es Zeit wird, dass man aufsteht – auch für diese Stadt – und nicht ignoriert, dass 18% Arbeitslosigkeit herrscht. Jemand muss seinen Mund öffnen. Und ich finde, dass hier in dieser Stadt und dieser Region sehr viele gute Leute sind aber ab und zu müssen die ein bisschen geschüttelt werden und dann läuft das wieder. Und wenn ich da ein kleines Quäntchen zu beitragen kann, dann tu ich das.

Zerstörung des Wattenmeeres für einen günstigeren Bahntarif?

Zum Schluss noch ein paar Worte zur Kaiserbalje. Weshalb setzen Sie sich für deren Kanalisierung ein?
Das Gesamtaufkommen von Mineralölprodukten und Chemikalien braucht Transportmöglichkeiten, die nicht nur auf die Bahn und auf den Lastkraftwagen beschränkt sind. Das Binnenschiff ist das Transportmittel der Zukunft und Wilhelmshaven braucht eine Anbindung an die Kanäle. Binnenschiffe sind – das belegen Studien – ein sicheres Transportmittel und ersetzen 50 Lastkraftwagen. Wir möchten, dass es uns durch einen Binnenschiffanschluss Wilhelmshavens ermöglicht wird, unsere Produkte in Bremen, Bremerhaven und der nachgelagerten Weserregion an den Mann zu bringen. Der Bund und das Land Niedersachsen haben uns verboten, die Chemikalien- bzw. Öltanker durch die Kaiserbalje zu schicken.
Als Alternative haben wir uns mit einem Kanalanschluss Wilhelmshavens (durch Butjadingen, Red.) angefreundet. Aber der Bau des Kanals braucht mindestens zehn Jahre. Bleibt die Kaiserbalje. Es wird ein Gutachten über die Kaiserbalje erstellt und was dabei herauskommt, weiß ich nicht.
Es geht hier darum, einen wirtschaftlichen Anschluss herzustellen. Wenn die Bahntransporte wesentlich billiger würden, könnte man den Ausbau der Kaiserbalje in Frage stellen.

Sie wollen also ein riesiges Wattgebiet – das Hohe-Weg-Watt – nur zerstören, um einen günstigeren Bahntarif herauszuschinden? Das gleiche ist ja schon mal mit dem Bau des Elbe-Seitenkanals geschehen, der als der in den Boden gegrabene Bahntarif bezeichnet wird
Wir haben überhaupt nicht die Absicht, das Watt zu zerstören. Die Kaiserbalje ist – wie Sie wissen – eine Binnenwasserstraße.

Dank Ihrer Bemühungen! Bis vor eineinhalb Jahren war es noch ein normales Wattenfahrwasser. Aber wissen Sie auch, dass Sie in dieser neu deklarierten Binnenschifffahrtsstraße streckenweise sogar bei Hochwasser zu Fuß gehen können, da Ihnen das Wasser auch dann gerade bis zum Bauch reicht?
Weelden 1Ich bin Sportflieger und auch Segler. Und ich weiß sehr wohl, wie die Kaiserbalje oder das Hohe-Weg-Watt aussehen. Was wir wollen, ist ein vernünftiger Anschluss an das Binnenwasserstraßennetz. Das Gutachten wird sicherlich auf Morphologie und Ökologie eingehen und dem Ergebnis werde ich mich völlig anschließen.
Mein Hauptpunkt ist, dass ich Gleichberechtigung haben möchte mit meiner Konkurrenz in Hamburg. Wenn die Bahn das zulässt, dann wird sie unser Transporteur.
Eine andere Sache ist, dass der Schlicksand, der sich auf dem Hohe Weg Watt ablagert, bei jeder Tide ins Gleiten kommt, wenn Sie da eine Fahrrinne durchbaggern. Es droht dann eine großflächige Zerstörung durch Abgleiten der Wattflächen und daraus resultierender laufender Unterhaltsbaggerungen. Letztendlich wird in diesem Fall wohl nichts anderes übrig bleiben, als zusätzliche Steindämme zu bei­den Seiten der Kaiserbalje zu bauen – womöglich sogar Spundwandbohlen zu rammen – um das zerstörte morphologische Gleichgewicht künstlich zu stabilisieren. Neben den dabei angerichteten ökologischen Schäden würde dies zudem noch irrsinnige Baggerkosten für den Steuerzahler bedeu­ten.
Ich habe auf einer alten Seekarte von 1361 gesehen, dass es im Mittelalter einen schiffbaren Weg zwischen Jade und Weser über das Hohe Weg Watt gab. Noch vor wenigen Jahren fuhren mehr Schiffe als heute über das Hohe Weg Watt.

Herr van Weelden: Wie geht es Ihnen jetzt – zwei Stunden nach Ihrem Superdiesel Trunk?
Oh, mir geht es ganz vorzüglich, wie Sie sehen! Und Sie können das im Gegenwind bezeugen.

Wir danken Ihnen für das Gespräch!

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