Gegenwind-Gespräch: BI gegen den JadeWeserPort
Nov 212000
 

Die Handbremse lösen!

Trotz neuer Gutachten: Die Bürgerinitiative gegen den JadeWeserPort macht weiter

(hk) Anlässlich der Vorstellung der Machbarkeitsstudie führte der Gegenwind im März ein Gespräch mit Vertretern der Bürgerinitiative. Jetzt liegt das Berger/Planco-Gutachten vor, in dem Wilhelmshaven als Standort für den Tiefwasser-Terminal favorisiert wird. Anlass für uns, mit den Gruppensprechern Manfred Berger und Hans Freese erneut ein Gespräch zu führen.

Gegenwind: Nach der Machbarkeitsstudie liegen jetzt die Gutachten von Berger und Planco vor. Was sagt die BI dazu?
Bürgerinitiative gegen den JadeWeserPort: Niedersachsens Ministerpräsident Gabriel hat sehr schnell, gemäß den Empfehlungen der Gutachten, Wilhelmshaven als Standort für den Container-Hafen benannt. Das heißt für uns, wir müssen jetzt die Handbremse lösen, mit unseren Informationen noch intensiver auftreten und diese noch breiter streuen, sowohl bei den Bürgern, als auch bei den politischen Entscheidungsträgern. Wir müssen an alle Papiere, Gutachten und Studien herankommen, die für den Hafen entscheidungsmaßgeblich sind.

Wilhelmshaven ist einfach besser – das sagen die jetzt vorgelegten Gutachten aus. Ist das eine korrekte Aussage?
Wir wissen es nicht. Wir kennen den Inhalt des Gutachtens nicht. Es ist noch unter Verschluss. Der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden auch nur die Teile des Gutachtens, die zwischen den Ministerpräsidenten von Niedersachsen, Bremen und Hamburg unstrittig sind. Wir wollen aber auch nicht in die vergleichende Bewertung Wilhelmshaven/Cuxhaven einsteigen. Wir sagen, dass wir in Deutschland keinen weiteren Containerhafen benötigen. Nicht hier und nicht in Cuxhaven. Wir müssen uns natürlich mit den Aussagen des Gutachtens befassen, zumindest mit der Bewertung, die zu einer Favorisierung Wilhelmshavens führte. Wir müssen uns mit der Aussage des Gutachtens auseinandersetzen, die sagt, dass die Notwendigkeit eines weiteren Containerhafens vorhanden ist. Mit welchen Zahlen, mit welchen Wachstumsraten, mit welchen Schiffsgrößen wird dort argumentiert – an diesen Teil des Gutachtens müssen wir ran!

Die Zahlen, mit denen die Hafenwirtschaft operiert, sind doch bekannt. Es geht doch darum, dass die Container-Schiffe in absehbarer Zukunft einen solchen Tiefgang haben, dass sie nur noch in Rotterdam anlegen können.
Die Schiffe werden, und da sind sich eigentlich alle Schiffstechniker einig, breiter und nicht tiefer werden. Angestrebt sind 58 Meter – bei dieser Breite wird man nur auf 14 Meter Wassertiefe gehen können, wenn man noch durch den Suez-Kanal will. Wir gehen davon aus, dass langfristig 8.000 bis 9.000 TEU-Schiffe sich als Standard etablieren werden. Und dafür brauchen wir weder Cux- noch Wilhelmshaven.

Es kann doch nicht sein, dass die Fachleute, die die Gutachten gemacht haben, sich alle irren! Warum will denn Eurogate 500 Millionen in Wilhelmshaven investieren?
Das lässt sich ganz einfach erklären: Wenn ein Hafen nicht mehr den technischen Anforderungen entspricht, muss er modernisiert werden. Das ist sehr teuer. Billiger ist es, sich vom Steuerzahler einen neuen Hafen bauen zu lassen und diesen mit moderner Technik zu bestücken. Anschließend kann der Betreiber dann die nicht mehr rentablen Anlagen stilllegen – er hat nicht einmal einen Verlust während der Umbauphase. Sollte der JadeWeserPort gebaut werden, wird Bremerhaven wohl langsam aber sicher stillgelegt werden. Warum sollte ein Hafenbetreiber viele Millionen in die Modernisierung einer alten Anlage stecken, wenn die öffentliche Hand ihm einen neuen Hafen anbietet?

Wer bezahlt?

Papa Staat muss keinen Pfennig zubezahlen – mit dieser Aussage sind die Planer des JadeWeserPorts doch angetreten. Muss jetzt doch der Steuerzahler den Hafen bauen?
Aus dem Berger/Planco-Gutachten geht eindeutig hervor, dass eine reine Finanzierung durch die öffentliche Hand nicht erfolgen soll. Ministerpräsident Gabriel sagte, dass mindestens 50% durch private Investoren aufgebracht werden müssen. Und nun kommt die Milchmädchenrechnung: Uns wird immer gesagt, dass Eurogate ja 500 Millionen investieren will. Doch das sind Kosten für die Suprastruktur, also Kräne, Brücken usw., das hat mit den Kosten für die Infrastruktur, also den Bau des Hafens, nichts zu tun.

Wie hoch sind die Kosten für die Infrastruktur?
Die liegen bei einer Milliarde. Die 500 Millionen der Eurogate haben damit nichts zu tun. Ministerpräsident Gabriel will, dass mindestens 50% der Infrastrukturmaßnahmen von der Wirtschaft getragen werden. Der Herr Schiffer von der Eurogate hat bei der Vorstellung der Machbarkeitsstudie ganz deutlich gesagt, dass die Infrastruktur Sache des Staates ist.

Also bleibt’s beim Steuerzahler hängen?
Und nicht nur das – wir können davon ausgehen, das beweisen die Zahlen für die Erstellung anderer Häfen, dass die Erstellungskosten drei mal so hoch sind wie die Planungskosten. Aber nur für den Steuerzahler! Wenn hier mit einer Milliarde geplant wird, kann man davon ausgehen, dass am Ende 3 Milliarden dabei heraus kommen. Und bei dieser Summe bleibt es ja nicht. Da müssen die Zinsen für Kredite bezahlt werden – jährlich viele Millionen!

Eines der Hauptargumente sind ja immer noch die Arbeitsplätze. In unserem letzten Gespräch ging die BI von ca. 200 neuen Arbeitsplätzen aus. Die Hafenbefürworter gehen aber unverändert von 4.000 neuen Arbeitsplätzen aus. Bleiben Sie auch bei Ihrer Zahl?
Wir sind noch konkreter geworden, nachdem Herr Kramer (WHV) uns bei der WZ-Veranstaltung gesagt hat, mit welchen Zahlen er rechnet. Bei Vollausbau im Jahre 2013 werden im Maximum 135 Arbeitsplätze benötigt. Die Zahl von über 900 Arbeitsplätzen im Hafenbetrieb geht von der Annahme aus, dass in diesem Hafen an 365 Tagen im Jahr alle Liegeplätze ständig belegt sind. Das ist allerdings nirgendwo auf der Welt der Fall und auch gar nicht möglich.

Bei den Arbeitsplätzen geht man also von Vollauslastung aus. Geht die Studie denn auch bei den erwarteten Schiffszahlen und beim Umschlag von dieser Vollauslastung aus?
Das ist ja gerade das Verrückte – die Auslastung des Hafens wird nach den Zahlen des Gutachtens, bei ca. 30% liegen. Und kein Hafenbetreiber wird für die theoretisch mögliche Umschlagsmenge, sondern nur für den tatsächlich zu erwartenden Umschlag, Arbeitskräfte einstellen. Und daraus ergibt sich auch unsere Zahl von 135 Arbeitsplätzen. Das sind also die Arbeitsplätze an der Pier. Die Wilhelmshavener Hafenwirtschaft und leider auch ein Großteil unserer Politiker im regionalen Bereich nehmen dann den Hafenmultiplikator von 2 bis 3 an und rechnen ihre schon überhöhte Zahl damit hoch – und schon ist man bei 3.000 bis 4.000 Arbeitsplätzen. Das Berger/Planco-Gutachten drückt sich da scheinbar viel deutlicher aus. Die Stellungnahme der niedersächsischen Staatskanzlei sagt ganz eindeutig, ich zitiere: „Bei beiden Häfen ergeben sich allerdings durch den hohen Transshipment-Anteil geringere sekundäre Beschäftigungseffekte als bei Häfen in Ballungszentren und an Verkehrsknotenpunkten.“

Zum Abschluss: Das Berger/Planco-Gutachten hat also nicht dazu geführt, dass die BI resigniert. Wie geht es denn weiter?
Wir haben der Stadtverwaltung und der Mehrheitsgruppe im Rat im März einen Fragenkatalog vorgelegt, (Fragenkatalog) und den wollen wir beantwortet haben. Wir wollen mit dem Rat und der Verwaltung jetzt in eine inhaltliche und technische Diskussion einsteigen. Die Zeit der Schönwetterreden und Hochglanzbroschüren ist vorbei. Wir wollen klare Antworten auf unsere Fragen!

Vielen Dank für das Gespräch. 

Sorry, the comment form is closed at this time.

go Top