Galerie M
Aug 022000
 

Wilhelmshaven zur Zeit

Ins Eingemachte

geht die Ausstellung, die bis zum 27. August in der Galerie M zu sehen ist. Bestes Zeichen dafür war, dass sich die üblichen „VIPs“ bei der Eröffnung nicht sehen ließen, denn „Wilhelmshaven zur Zeit“ ist nicht so harmlos, wie „Wilhelmshaven hurra“ es sich wünscht.

Schuld daran sind sowohl Martin Lersch, der uns als Eulenspiegel vom Niederrhein den Spiegel vorhält, als auch Hajo Kruda und Pico Wölbern, die zu den wenigen wirklich kritischen Vertretern der heimischen Kunstszene zählen. Käuflich erwerben lassen sich die einzelnen EXPOnate nicht, da sie nur im Ensemble ihre Wirkung entfalten. Insofern hängen die Künstler nicht am Tropf des Publikumsgeschmacks.

Artig, aber gewohnt rhetorisch versiert und launig brachte Dr. Gottschalk (als Vertreter der Wilhelmshaven Projekt GmbH, und ansonsten der Galerie M zugeneigt) seine Rede vor, wobei er seine Irritation geschickt hinter Begriffen wie „Ambivalenz“ kaschierte. Von der WZ war der Chefredakteur höchstselbst erschienen, um im Anschluss mit einem Bericht zu enttäuschen, der sich klinisch wertfrei mit der Ankündigung zur Ausstellung deckte – nur die Verwechslung verschiedener Blasinstrumente ließ Westerhoffs innere Verwirrung erahnen. Zur Eröffnung hatte nämlich Martin Lersch gemeinsam mit Carlo Menzel Eigenkompositionen für Klarinette, Oboe, Gitarre, Handtrommel und Gummientchen zum besten gegeben, die – wie seine Bilder – erfrischend die Schmerzgrenze der behäbigen Wilhelmshavener Selbstgefälligkeit durchbrachen.

Gekonnt reduziert hat Lersch sinnliche Momentaufnahmen („von A bis Z“) einer mehrtägigen Radtour durch Wilhelmshaven zu (Pack)papier gebracht, gepaart mit der (verlorenen) Identität des Vergangenen und visionären Ideen für die Zukunft.

„Doppelzüngigkeit“ kennzeichnet laut Vorankündigung die Objekte von Kruda / Wölbern. Tatsächlich kommen auch Schlangen darin vor, aber sie sind noch das Gradlinigste und Sauberste in einer Sammlung von EXPOnaten, die trotz ihrer überwiegend technisch reinen Herkunft geradezu unappetitlich wirken, wenn sie in einer unangemessenen Form präsentiert werden. Ob das was mit der EXPO zu tun haben könnte?

Soweit unsere Interpretation. Denn zum Glück lassen die Künstler dem Betrachter einen gewissen – wenn auch nicht beliebig-belanglosen – Spielraum, um beim Anblick des „Eingemachten“ eigene Gedanken zu entwickeln. Ein Waschbecken und ein historischer Originaltext über Sinn und Aufgabe von Weltausstellungen tun ihr Übriges dazu.

Den Besuchern der Vernissage bot das Gezeigte jedenfalls stundenlangen Gesprächsstoff. Es erschließt sich von selbst, ohne dass seine Bedeutung – wie oftmals üblich – erst durch den Urheber und seine Experten herbeigeredet und dann wieder geglättet wird, um ja keinem weh zu tun. (iz)

Sorry, the comment form is closed at this time.

go Top