Der neue Weg?
Gegenwind-Gespräch mit Gabriele Iwersen
(hk) Unser letztes Gespräch mit der SPD-Bundestagskandidatin Gabriele Iwersen wurde auf Grund der Intervention von Frau Iwersen geschwärzt (Siehe Kommentar „Schwarze Seiten“). Hier nun unser zweiter Versuch.
Gegenwind: Momentan läuft in der Stadt, oder besser in der WZ, eine Kampagne gegen Sie. Wer oder was steckt dahinter?
Iwersen: Es handelt sich um Vorstandsvorsitzende der CDU-Ortsverbände. Das gleiche wird ja auch mit Peter Torkler in Schortens gemacht.
Gegenwind: Auslöser der Kampagne war Ihr Auftreten auf der Nordwest-Schau. Was war da los?
Iwersen: Das war eine nicht vorbereitete und abgesprochene Form der Begrüßung, nachdem der eigentliche Veranstalter, der wußte welche Gäste kommen würden, nicht bereit war, die Begrüßung selbst zu machen. Ich habe ausdrücklich darauf hingewiesen, daß bei der Begrüßung weder Reihen – noch Rangfolge möglich sind, weil ich nur nach dem Augenschein gehen konnte. Man kann beim Beschauen eines Zuschauerparketts nicht die Anwesenden „sortieren“. Ich habe aber auch von Anwesenden direkt nach dieser Eröffnungsveranstaltung sehr positive Reaktionen gehört.
Gegenwind: In Gesprächen mit SPD-Mitgliedern über Ihre Kandidatur bzw. Person konnten wir immer nur zwei Reaktionen feststellen: Entweder eine totale Unterstützung oder eine totale Ablehnung. Haben Sie als Bundestagskandidatin die Unterstützung ihrer Partei hier vor Ort?
Iwersen: Es gibt natürlich Mitglieder, die nach 18 Jahren gleichbleibender Kandidatur des Herrn Dr. Ehrenberg etwas Schwierigkeiten haben, sich umzustellen.
Gegenwind: Der SPD-Bundestagswahlkampf wird mit dem Wort „ökologisch“ in der Schlagzeile geführt. Wie läßt sich das mit dem Engagement der SPD in Wilhelmshaven für die Wiederinbetriebnahme der MOBIL-Raffinerie – ohne Berücksichtigung der bestehenden Gesetze – vereinbaren? Haben die ökologischen Aussagen der Bundespartei keine Funktion in Wilhelmshaven – gibt es hier eine Sonderstellung für Wilhelmshaven?
Iwersen: Ich sehe keineswegs eine Sonderstellung in Wilhelmshaven. Die MOBIL-Raffinerie ist als die am besten und saubersten arbeitende Raffinerie gebaut worden und wäre bis zum heutigen Tag in diesem Zustand in Betrieb, wenn sie nicht aus anderen Erwägungen heraus durch den Konzern geschlossen worden wäre. Die Interessen der SPD gehen dahin, die Arbeitsplätze in dieser Region wieder zu aktivieren und so schnell wie möglich soviel wie möglich für die Verbesserung der Umweltbedingungen zu machen. In der Sache waren wir uns mit den Grünen auf Landesebene einig.
Gegenwind: Stichwort Olympia. Mercedes will den Laden loswerden. Gibt es Alternativen oder Initiativen Ihrerseits?
Iwersen: Es gibt die Bemühung, eine bestimmte Produktpalette aus dem Mercedes-Konzern ins Olympia-Werk zu verlagern. Die Chancen sind relativ gut. Der Bundestagsabgeordnete Dr. Herbert Ehrenberg hat gute Verbindungen zur Konzernspitze und wird hier politisch Einfluß nehmen. Dazu kommen die Bemühungen über den niedersächsischen Wirtschaftsminister Einfluß zu nehmen. Wir sind guter Hoffnung, daß auf diese Art und Weise eine neue Fertigung bei Olympia anlaufen wird.
Gegenwind: Mercedes ist im Rüstungsgeschäft stark engagiert. Wäre es denkbar, daß die SPD sich hier für die Produktion von Rüstungsgütern einsetzt?
Iwersen: Das Problem sieht anders aus. Wir bemühen uns hier um Teilproduktion für den Airbus. Die südlichen Produktionsstätten von MBB bemühen sich, keine Teilproduktion von der Airbus-Palette in den Norden abwandern zu lassen, weil die ihrerseits für den Zeitraum vorbeugen wollen, wenn Rüstungsgüter, das heißt Kampfflugzeuge, nicht mehr gebaut werden. Sie wollen die volle Arbeitspalette des Airbus im süddeutschen Raum erhalten.
Gegenwind: Die MOBIL-Raffinerie hat wenige Jahre nachdem sie den Betrieb aufnahm, ihren Laden wieder dichtgemacht. Jetzt hat auch die Yachtwerft Wilhelmshaven das Handtuch geworfen. Beide Betriebe verbindet, daß sie durch Steuergelder mitfinanziert wurden. Und mit Schließung der Betriebe waren die Steuergroschen auch weg. Ist hier an Rückzahlungen der Fördermittel gedacht? Gibt es ein Umdenken bei dieser Art Wirtschaftsförderung?
Iwersen: Der Wirtschaftsraum Norddeutschland ist dem südlichen Wirtschaftsraum unterlegen. Das ist meiner Ansicht nach stark darauf zurückzuführen, daß überwiegend Bedenken und Kritik diese Ansiedlungsvorhaben begleiten. Die öffentliche Hand muß auch öffentliche Gelder riskieren, wenn sie was verdienen will. Wir können nicht vom Staat fordern, er soll für Arbeitsplätze sorgen, wenn man dann die Entstehung von Arbeitsplätzen nur unter dem Gesichtspunkt, hier wird Geld rausgeworfen, betrachtet. Wir wollen Arbeit und nicht ständig nur Arbeitslosigkeit finanzieren. Ich bin der Ansicht, daß öffentliche Unterstützungen richtig sind.
Gegenwind: Unsere Frage zielte mehr darauf ab, ob diese Förderungen planlos wie bisher durchgeführt werden sollen, oder ob die Förderungsmittel nach einem bestimmten Konzept gewährt werden sollen. Also: Was ist nötig um den Wirtschaftsraum zu entwickeln?
Iwersen: Es sind ganz bestimmte Dinge vom Land mitfinanziert worden und es ist richtig, daß man Investitionen im Bereich der Hafenwirtschaft und der Nutzung der landeseigenen Industrieflächen am tiefen Fahrwasser bevorzugt hat – das ist schon ein Konzept. Daß viele öffentliche Subventionen nicht das erbringen, was man von ihnen erwartet, liegt auf der Hand. Wenn es nur darum ginge, privatwirtschaftlich sich Geld zu beschaffen und das in jedem Fall zurückzahlen müßte, dann brauchte man nicht die öffentliche Förderung – das wäre auch keine Förderung mehr, das wäre nur ein normales Geldbeschaffen. Was Ihnen vorschwebt – wer keinen wirtschaftlichen Erfolg hat zahlt zurück – kann man nicht als öffentliche Förderung betrachten.
Gegenwind: MOBIL hat sicherlich Geld genug, die Förderungsmillionen zurückzuzahlen.
Iwersen: Es gibt ja den Trick, Kapital zwischen einzelnen zum Konzern gehörenden Firmen hin und herzuschieben, damit das Geld immer irgendwo in Sicherheit ist. Das ist eine Situation, mit der ich zwar nicht zufrieden bin, aber ich kann sie nicht gerade nur für Wilhelmshaven verändern.
Gegenwind: Werden Sie als Ehrenberg-Nachfolgerin nach Bonn gehen oder wird es eine eigene „Iwersen-Linie“ geben?
Iwersen: Ich werde mich mit anderen Themenschwerpunkten beschäftigen als Herr Dr. Ehrenberg. Mein Hauptinteresse liegt im Bereich der Verkehrspolitik und das wichtigste Ziel ist der Ausbau des Schienennetzes in der Bundesrepublik. Auch überregionale und internationale Schienenverbindungen müssen Vorrang haben. Nur über diesen Einstieg können wir eine neue Verkehrspolitik realisieren.
Gegenwind: Im letzten GEGENWIND erschienen statt eines Gespräches mit Ihnen zwei geschwärzte Seiten. Möchten Sie dazu noch etwas sagen?
Iwersen: Von der normalen Presse muß man ja schon vieles hinnehmen, was an der Grenze des Zumutbaren liegt. Von einem alternativen Blatt kann man anderes erwarten. Insofern ist es nicht verkehrt, auch mal Widerstand zu leisten, wenn man meint, daß ein Verfahren nicht den voran gegangenen Absprachen entsprochen hat.
Gegenwind: Wir danken Ihnen für das Gespräch.
Schwarze Seiten
Das hat es im GEGENWIND noch nie gegeben: Zwei Seiten der letzten Ausgabe erreichten unsere LeserInnen geschwärzt.
Was war geschehen?
Der GEGENWIND führte ein Gespräch mit der SPD-Bundestagskandidatin Gabriele Iwersen. Nach der redaktionellen Bearbeitung übergaben wir ihr einen Vorabdruck. Am darauf folgenden Montag ging die Zeitung in Druck. Während die Druckmaschinen auf Hochtouren liefen, bekamen wir die Mitteilung, daß Frau Iwersen mit dem Abdruck nicht einverstanden sei. Als Begründung führte sie neben zwei inhaltlichen Aussagen an, daß wir in der Bearbeitung das gesprochene Wort über die grammatikalische Richtigkeit setzten.
Festzustellen ist , daß in dem Interview nichts stand, was F rau Iwersen uns gegenüber nicht geäußert hat; das Gespräch war durch die redaktionelle Bearbeitung weder in Sinn noch Aussage verändert oder entstellt. Falsch ist auch die von Frau Iwersen aufgestellte Behauptung, daß wir alle „eh“ und „öh“ mit abgedruckt hätten.
Frau Iwersen drohte, die Veröffentlichung gegebenenfalls mittels einer einstweiligen Verfügung zu verhindern. Nach Rücksprache mit unserem Rechtsanwalt war klar, daß einer Veröffentlichung rechtlich nichts im Wege stand.
Aufgrund der sehr eindringlichen Bitten von Frau Iwersen, die anscheinend ihre politische Zukunft vom Nichterscheinen des Interviews abhängig machte, beschloß der verantwortliche Redakteur, die bereits gedruckten Seiten zu schwärzen, und das, obwohl dadurch der Eindruck entstehen könnte, wir hätten bei der Veröffentlichung nicht ganz korrekt gehandelt. Der Entschluß wurde allerdings dadurch erleichtert, daß in dem Gespräch nichts Aufregendes oder besonders Interessantes zu lesen war.
Die Schwärzungsaktion hat den GE GENWIND um 600.- DM ärmer gemacht.
Zwei Lehren: 1) In Wahlkampfzeiten kann man nur bedingt mit Politikern Gespräche führen und 2) der verantwortliche GEGENWIND-Redakteur hat ein zu weiches Herz.
Das zweite Gespräch wäre dann auch noch fast geplatzt: Zum vereinbarten Termin hatte Frau Iwersen den SPD-Unterbezirksvorsitzenden Peter Junklewitz als „Zeugen“ mitgebracht. Diese Tatsache legt die Vermutung nahe, daß Frau Iwersen uns unterstellt, wir würden mit Fälschungen arbeiten.
Zusätzlich kam dann noch die Behauptung, wir hätten ungeschwärzte Exemplare verteilt. In der Debatte schälte sich dann heraus, daß es sich um Kopien des Frau Iwersen zur Verfügung gestellten Vorabdrucks handelte, die wohl eher über den Kopierer im SPD-Büro unters Parteivolk kamen.
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