Flüssiggas
Nov 191990
 

Fuchsjagd

Stehen verstaubte Baupläne für einen Flüssiggasterminal zur Erteilung einer Baugenehmigung an?

(jm) Die DEUTSCHE FLÜSSIGERDGAS TERMINAL GESELLSCHAFT MBH (DFTG) will jetzt ganz schnell ’ne Baugenehmigung für eine Anlage zur Anlandung, Lagerung und Verdampfung von Flüssigerdgas (LNG) haben. Doch eigentlich müßte das im Jahre 1978 dafür in Gang gesetzte Genehmigungsverfahren wieder bei Null anfangen.

Denn es ist nicht auszuschließen, dass diese Mitte der siebziger Jahre konzipierte Anlage nicht mehr dem Stand der Technik und des Umweltschutzes entspricht. Der Baubeginn war eigentlich ja auch bis spätestens zum 1.1.82 vorgesehen. Das Land Niedersachsen hatte sich im Ansiedlungsvertrag vom 20.5.76 sogar das Wiederkaufsrecht des in der Nordostecke des Voslapper Grodens gelegenen DFTG-Grundstücks ausbedungen, wenn die Realisierung des Ansiedlungsvorhabens bis dahin noch immer nicht geklärt ist. Auch nach dem Buchstaben des Gesetzes müssten bereits erteilte Genehmigungen eigentlich der Altpapierverwertung zugeführt werden. Doch was wäre ‚unsere‘ Wirtschaft ohne die für den unternehmerischen Teil der Gattung Mensch so segensreichen Gesetzeslücken?! Und außerdem nährt sich vom Aufspüren der Lücken ein Großteil des Berufsstandes der Advokaten.
Doch jetzt will man der Bezirksregierung offenbar nicht mal mehr Zelt zum Aufbürsten eines alten nicht mehr den Erfordernissen der Zeit entsprechenden Anzugs lassen.
Zu welchem Zweck sonst läßt man die  WZ unter dem Motto ‚Investitionsblockade‘ als publikumswirksamer Scharfmacher gegen die Bezirksregierung anpöbeln? Weshalb versucht man eine parteiübergreifende Meute kapitalhungriger Provinzgrößen auf die Waden der Genehmigungsbehörden anzusetzen?
Sollte das obligatorische Verhältnis vertrauensvoller Zusammenarbeit zwischen Antragstellern und Genehmigungsbehörde einen ernsthaften Knacks bekommen haben? Oder handelt es sich eher um eine folgenlose Kleinkabellei, mit der man sogar noch publik machen kann, wie gewissenhaft die zuständigen Beamten den DFTG-Antrag im Interesse der betroffenen Bevölkerung prüfen? Vielleicht von letzterem ein bißchen. Durchgesickert ist, daß die Antragsteller von Großprojekten an der Jade immer dreister nach eigens für sie gebratenen Extrawürsten heischen. (Ob das vielleicht auf die Imagekonzeption des Herrn Oberstadtdirektor zurückzuführen ist?)
Da dauert es bis zur Genehmigung natürlich etwas länger, denn die Beamten müssen ja schließlich einen ‚gangbaren Weg‘ finden. Selbstverständlich wollen sie sich nicht allzu gerne bei einem Rechtsbruch erwischen lassen, besonders nicht in einem Zeitabschnitt, wo sie sich der Deckung von oben ( Umweltministerium) nicht sicher sein können.
Einig scheinen sich die DFTG und die Bezirksregierung aber darin zu sein, daß es keine erneute öffentliche Anhörung geben soll. Die letzte fand auf auf den Tag genau vor zwölf Jahren in der Fachhochschule statt. Seitdem ist die Entwicklung in der Sicherheitstechnik einerseits und dem Wissen um Umweltgefährdungen andererseits vorangeschritten. Und in der Gesetzgebung hat sich dem entsprechend einiges geändert.
Doch das will man offenbar nicht vor der Öffentlichkeit aufrühren. So liegt der Bezirksregierung z.B. seit dem 29.10. ein „Antrag auf Durchführung eines Genehmigungsverfahrens mit öffentlicher Beteiligung gemäß §10 des Bundesimmissionschutz Gesetzes ( BImSchG ) anläßlich des (…) Vorhabens der DFTG,…“ vor, den sie bis Redaktionsschluß unbeantwortet ließ.
In der Antragsbegründung heißt es u.a., daß der Genehmigungsvorbescheid für die DFTG vom 16.07.79 gemäß §9 des BImSchG längst verfallen sei. Es handele sich bei dem neuen Bauantrag um eine andere Anlage, als sie ursprünglich genehmigt wurde. Deshalb werde vermutet, daß Betriebssicherheit, Störfall- und Katastrophenvorsorge sowie der Immissionsschutz nicht mehr dem Stand der Technik entsprechen bzw. nicht mit den gesetzlichen Anforderungen für Neuanlagen in Einklang stünden.
Dem Bau des LNG-Terminals stehen also ganz andere Hindernisse im Wege, als von den Meinungsmachern suggeriert wird. Und in diesem Licht erscheint das von der WZ angestimmte Halali als Hornsignal für eine englische Fuchsjagd, bei der man die Meute bekanntlich hinter einem mit Fuchslosung präparierten Balg herjagen läßt.
Und während sich das Publikum an diesem Spektakel ergötzen darf, wickeln DFTG und Bezirksregierung unbehelligt ihren Deal ab!
Während im gegenwärtigen Wahlkampf mal wieder alle Parteien von ökologischer Zukunft und Umweltschutz faseln, fallen hinter verschlossenen Türen die Würfel für Wilhelmshaven: „Geh‘ zurück zum Jahr 1976! Gehe nicht über LOS! Ziehe nicht 4.000,- ein!“

Sorry, the comment form is closed at this time.

go Top