Fahrradfahrer kommen schlecht weg
Wilhelmshaven hatte einmal den Ruf einer sehr fahrradfreundlichen Stadt. Den hat sie aber spätestens mit dem Bau des neuen Bahnhofkomplexes nebst Nordseepassage endgültig verspielt.
(ft) Die Abstellsituation der Fahrräder ist an der Nordseite der Nordseepassage katastrophal. Zwar gibt es dort ca. 25 in den Boden gelassene Metallbügel, um das geliebte Zweirad dort anzuschließen, doch diese reichen in Spitzenzeiten nicht aus, wenn über einhundert Drahtesel von Bahn-Pendlern und Besuchern des Einkaufszentrums mit dem Rad „anreisen“.
Die Fahrräder unter den Überdachungen in der Nähe des Eingangs abzustellen, ist neuerdings verboten. Dabei wird die eigentliche Abstellzone zu einem schmalen Schlauch, der viel zu eng ist. Kippt ein Fahrrad um, liegt es schon fast auf der Fahrbahn der Bahnhofsstraße.
Auch die Zufahrt zu diesen Fahrradständen ist nicht gerade gut durchdacht. Kommt ein Fahrradfahrer aus Richtung Nordwesten, so muss er erst entgegengesetzt der Fahrbahn auf dem Fahrradweg am Kinopolis vorbei fahren, und sich dann, meist von Autofahrern übersehen, in den Kreisverkehr einordnen. Dabei besteht die Möglichkeit, gleich von drei Seiten durch Autos gefährdet zu werden. Die Gefahr wird bei Regen drastisch erhöht, weil die Fahrbahndecke in diesem Bereich aus Kopfsteinpflaster besteht. Dieser Belag mag zwar die Autofahrer zum langsameren Fahren veranlassen, ist für Radfahrer aber schon im trockenen Zustand problematisch.
Ist man aber trotz dieser Situation sicher an der Nordseepassage angekommen, darf man sein Fahrrad nicht durch die Passage schieben, um zum Bahnsteig zu kommen, wenn man sein Rad mit auf die Reise nehmen will. Dieses Verbot mag zu den Einkaufszeiten, wenn die Passage voll mit EinkäuferInnen ist, sehr sinnvoll sein. Außerhalb der Geschäftszeiten sollte dies aber keine Schwierigkeit sein. Das Verbot zwingt den Fahrradfahrer, einmal um das Gebäude herum zu fahren. Diese ca. 800 Meter lange Strecke wird noch durch zwei Ampelkreuzungen unterbrochen. Dies ist im Gegensatz zu den 30 Meter Fußweg durch die Passage ein Zeitverlust, der einem beim Erreichen des Zuges zum Verhängnis werden kann.
Den gleichen Umweg muss der Fahrradfahrer auch nehmen, wenn er den Fahrrad- Unterstand der Deutschen Bahn auf der Südseite des Bahnhofes nutzen will. Es gibt hier auch nicht viele Fahrrad-Stellplätze vor dem Gebäude, jedoch gibt es hier einen kostenlos nutzbaren Unterstand (Fahrradparkhaus), der zusätzlichen Abstellplatz bietet. Doch auch diese Stellflächen sind weit weg vom Eingang zum Bahnsteig. Das Fahrradparkhaus ist von außen nicht einsehbar und bietet so mehr Schutz für Fahrraddiebe und Demolierer als für die Fahrräder selbst. Nicht umsonst hängt ein überdimensioniertes Schild, dass die Bahn keine Haftung für Schäden übernimmt, dort.
Kürzlich stellte die Bahn abschließbare Fahrradboxen auf dem Bahnsteiggelände auf. Die Boxen sind wie Gepäckschließflächer zu nutzen. Eine tolle Alternative, doch leider gibt es von diesen „Sicherheitsgaragen“ nur ganze fünf Stück, die, wen wundert es, immer belegt sind.
Andere Städte und Gemeinden haben die Problematik mit Fahrrädern am Bahnhof ganz elegant gelöst. So gibt es zum Beispiel auf dem Bahnhof Rastede überdachte Fahrradständer, die sich gleich neben einer Vielzahl von Fahrradboxen direkt am Bahnsteig befinden. Die Zweiräder müssen nicht kreuz und quer und schon gar nicht im Regen stehen.
Doch auch für Wilhelmshaven muss in dieser Angelegenheit der Zug nicht abgefahren sein. Beispielsweise könnte man einen architektonisch ins Bild passenden Fahrradstand auf dem Mittelteil der Bahnhofstraße errichten. Man könnte auch die Passage außerhalb der Geschäftszeiten zum Fahrradschieben freigeben, sowie einen direkten Durchgang vom Fahrradparkhaus zum Bahnsteig schaffen, und damit das Versäumnis, auch an die Fahrradfahrer zu denken, ausgleichen. Ein PKW-Parkhaus, von der Nord- und Südseite befahrbar, mit direktem Zugang zur Nordseepassage wurde ja schließlich auch realisiert.
Foto: Frank Tunnat
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