Fälschungssicher
Aug 141983
 

Orwell läßt grüßen

oder die absolute Verdrahtung

(WeDa) Am 4. Februar passierten die Bestimmungen zum neuen Personalausweisgesetz den Bundesrat. Mitte 1982 war das Gesetz von der Bundesregierung eingebracht worden; rechtzeitig für 1984? Es dürfte ebenso wie das Volkszählungsgesetz „viel Staub aufwirbeln“.

Kaum ist die Volkszählung vorerst vom Tisch, steht für die Bundesregierung neuer Ärger ins Haus. Die nächste Bürgerreaktion gegen die Verdatung ist schon vorprogrammiert: ein maschinenlesbarer Personalausweis, der insbesondere an den Grenzen eine wesentliche Fahndungshilfe sein wird.
Die BRD hat sich, was den Ausweis selbst und sein Material anbelangt den Empfehlungen der International Civil Aviation Organisation von 1980 angeschlossen. Nach diesen Empfehlungen führen immer mehr Industrienationen inzwischen maschinell lesbare Pässe ein.
Ihre Herstellung ist mit einem sehr großen technischen Aufwand verbunden. Da sie nach Manipulationsversuchen visuell erkennbare Spuren zeigen sollen, gelten sie als fälschungssicher. Allein in den USA gibt es bereits fast 30 Millionen dieser Pässe.
Um ein derartiges Ausweissystem auch für die BRD „attraktiv“ zu machen, bedarf es nach Ansicht von Sicherheitsexperten noch wesentlicher Voraussetzungen bzw. Ergänzungen:
1) An den Grenzen müßten Ausweislesegeräte installiert werden, die die bisherige Art der Kontrolle ersetzen,
2) richtige Ausweise müßten von falschen unterschieden werden können.
Man muß sich also damit vertraut machen, daß der neue Ausweis die Sicherheitsbehörden geradezu auffordert, den Bürger bis in die Intimsphäre ….
An der Grenze wird die Wartezeit kürzer werden. Es brauchen keine Fahndungsbücher mehr durchsucht zu werden. Der Ausweis verschwindet im Lesegerät, und in Bruchteilen von Sekunden ist alles von uns im Landeskriminalamt-Computer gespeichert: Name, Vorname, Länderkennzeichen, Geburtsdatum usw. Gleichzeitig kann Ein-/Ausreisetag und Ort mitgeliefert werden. Man muß sich dann nicht mehr wundern, wenn der Beamte an der Deutsch/Holländischen Grenze mal fragt, wie das Wetter letzte Woche in Italien war, oder ob sich die Oma in der DDR über deinen letzten Besuch gefreut hat. Solche oder ähnliche Fragen können natürlich auch im Ausland gestellt werden. Durch das Länderkennzeichen ist es nur eine Frage der Zeit, bis ein Bundesbürger im Computer der Interpol gespeichert ist.
Autobahn Hannover-Bremen. Nach einer Baustelle erklärt ein freundlicher Polizist, nachdem man angehalten wurde: sie sind zu schnell gefahren, bitte Ihren Ausweis. Er steckt diesen in sein tragbares Funkterminal und schreibt anschließend einen Strafzettel über 80 DM Bußgeld. Auf die Frage, wieso so viel, teilt er dir mit: Der Computer in Flensburg habe festgestellt. daß du vor zwei Stunden schon mal wegen der gleichen Übertretung in der Nähe von Kassel 40 DM bezahlt hast. In so einer kurzen Zeit zweimal die gleiche Übertretung ginge ja wohl nicht.
Die Einführung des neuen Ausweises soll jährlich 70 Millionen Mark an Mehrkosten verursachen. Bei so einer hohen Summe ist es nicht verwunderlich, daß die Ausweise „absolut fälschungssicher“ sind. Wer an den Karten kratzt, um innere Angaben zu verändern, macht die Karte unbrauchbar und sich strafbar. Es bleibt nur zu hoffen, daß so ein Ausweis nicht mal zufällig in einen Microwellenherd fällt.

Sorry, the comment form is closed at this time.

go Top