Deutschland geschenkt
Aug 161990
 

Schulgeld für Deutschland

Endlich: Die Deutschland gehört Wilhelmshaven

(hk) Was war das für eine Freude , als Kanzleramtsminister Seiters am 10. August die Botschaft verkündete, daß der Stadt Wilhelmshaven das ausgemusterte Kriegsschiff „Deutschland“ unentgeltlich zur Verfügung gestellt wird. Doch die Ernüchterung über das Geschenk spiegelte sich bereits in der Dankesrede des Stadtkämmerers.

Während Seiters noch versuchte, den Wert des Geschenkes zu verdeutlichen (Schrottwert 1 Million Mark) und auch die Kosten der „Demilitarisierung“ (800.000 DM) mit ins Geschenk einbrachte, hatte Norbert Boese, zuständig für die Finanzen der Stadt, wohl schon die Stirn in Falten gelegt. Es bedarf keines besonderen Genies, um festzustellen, daß, wenn nicht ein Wunder geschieht, dieses schöne Geschenk in Zukunft den Haushalt der Stadt kräftig belasten wird.

Zeichnung: Erwin Fiege

Zeichnung: Erwin Fiege

Ein kurzer Blick zurück verdeutlicht den Wert des Geschenkes. Warum wurde gerade die „Deutschland“, dieses zur Präsentation der Marinegeschichte wohl untauglichste Schiff, zum Marinemuseum hochgejubelt? Es muß wohl der Name gewesen sein. Fiel doch die Außerdienststellung in die Hochzeit des großdeutschen Jubels. Und da man ein Schiff mit einem solchen Namen nicht einfach zum Schrott gibt, entwickelten unsere Politiker, da seien insbesondere Maaß und Ehrenberg erwähnt, mehr Energie, als sie jemals für den Erhalt eines Arbeitsplatzes bei KSW oder Olympia an den Tag legten.
Warum wurde die „Deutschland“ zum Schrott genommen? Seiters sprach von einem Schrottwert von 1 Million. Das Schiff für den weiteren Einsatz gebrauchsfähig zu halten, hätte die stolze Summe von 55 Millionen (!) verschlungen. Diese Summe beinhaltet neben Modernisierungskosten auch einen gehörigen Batzen für die Beseitigung des krebserzeugenden Asbestes, mit dem das Schiff von oben bis unten als Brandschutz versehen ist. Auch wenn der Bund das Schiff verschrottet hätte, wäre dabei nicht die Seiters-Million herausgekommen – der Bund hätte für die Asbestbeseitigung noch zuzahlen müssen.
Die Stadt Wilhelmshaven hat die „Deutschland“ natürlich nicht asbestfrei geschenkt bekommen – damit zerplatzt auch die von Boese geäußerte Hoffnung, daß der Hotelunternehmer Hillebrand (der die Burg Kniphausen aus steuerlichen Gründen seiner Tochter schenkte) Teile der „Deutschland“ kommerziell als Gastronomie- oder Hotelbetrieb wird nutzen können.
Doch die Stadt Wilhelmshaven ist nun Besitzerin der „Deutschland“. Also muß sie es auch in Schuß halten – das bedeutet, wenn die Maler und Entroster am Heck angekommen sind, müssen sie schon wieder am Bug mit pinseln anfangen. Sollte dann auch noch eine Besatzung da sein, die das Museum betreut – die Personal- und Materialkosten würden jährlich die Millionengrenze weit überschreiten. Da würde nicht mehr viel für die anderen Renommierobjekte  der Stadt, die Haupt- , Gesamt- und anderen Schulen, übrigbleiben. Dort sind die Zustände schon ohne die „Deutschland“ museumsreif.
Um den Liegeplatz eines Museumsschiffes infrastrukturell herzurichten, ist, wie aus Museumskreisen laut WZ zu vernehmen war, nochmals eine Million vonnöten. Die Liste des mit dem Geschenk des Bundes auf die Stadt zukommenden Kosten ist mit Sicherheit noch unvollständig – aber uns graut’s schon bei den von uns aufgelisteten Millionen.
Kann die Stadt das ihr gemachte Geschenk nicht an den „Verein zur Förderung des Deutschen Marinemuseums“ weiterverschenken? Dann können die sich mit den Folgekosten rumplagen. Aber auch dort finden wir wieder die Stadtverwaltung: Arno Schreiber, Jens Graul – und die beiden sind die einzige Geldquelle (wenn nicht ein Wunder geschieht), die der Verein anzapfen kann. Doch auch das Militär hat Ideen – Admiral a.D. Fromm: „Jetzt sei es nötig, daß die Wilhelmshavener Bürger sich mehr engagieren.“ Damit meint er wohl, daß die in vielen Kneipen und auch in einigen Geschäft en aufgestellten Schiffchen der „Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger“ gegen kleine „Kriegsschiffchen zur Rettung des Militarismus“ ausgewechselt werden.

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