Deutsch Amerikanische Freundschaft
Aug 191991
 

Lobbyarbeit

Milger brüskiert Jugendhilfeausschuß

(hk) Vorgeführt wurde der Jugendhilfeausschuß (JHA) vom Sozialdezernenten Milger: Trotz der einstimmigen Ablehnung des JHA setzt Milger die Anerkennung der Deutsch-amerikanischen Gesellschaft Wilhelmshaven/ Friesland e.V.“ als Jugendverband durch.

Der Jugendhilfeausschuß ist ein Ausschuß des Rates der Stadt Wilhelmshaven, also des Gremiums, welches die Politik der Stadtverwaltung bestimmt. Im JHA sind neben 4 Ratsvertretern 6 Fachleute aus den Jugendverbänden stimmberechtigt.
Neben vielen anderen Aufgaben hat der JHA auch über Anträge von Verbänden auf Anerkennung als „öffentlicher Träger von Jugendarbeit“ zu entscheiden. Diese Anerkennung ist Voraussetzung, damit die Verbände die Möglichkeit haben, öffentliche Gelder für ihre Jugendarbeit zu bekommen. Damit die öffentlichen Gelder auch wirklich der Jugendarbeit zugute kommen, müssen die Verbände eine ganze Reihe von Voraussetzungen erfüllen oder kurz gesagt: In den Verbänden muß eine kontinuierliche Jugendarbeit stattfinden – es reicht nicht aus, daß auch Jugendliche in dem Verband sind.
Zur Sitzung am 12.6. lag dem JHA der Antrag der Deutsch-amerikanischen Gesellschaft Wilhelmshaven/ Friesland zur Anerkennung vor.
Nach eingehender Diskussion stellte der JHA fest, daß in dieser Gesellschaft keine Jugendarbeit im Sinne der für die Anerkennung als Träger öffentlicher Jugendarbeit vom Kultusministerium erlassenen Bestimmungen stattfindet. Einstimmig lehnte daraufhin der JHA den Antrag der Gesellschaft ab. Der einzige Verfechter für den Antrag war der im Ausschuß nicht stimmberechtigte Sozialdezernent Milger.
Was ist das für eine Gesellschaft, die da plötzlich als Jugendverband anerkannt werden wollte? Da haben sich honorige Bürger (Professoren der FHS, Bankiers, Ärzte, Verwaltungsbeamte usw.) zu einem Verein zusammengeschlossen, um die Verbindungen zu Wilhelmshavens amerikanischer Partnerstadt Norfolk aufrecht zu erhalten. Sicherlich eine anerkennenswerte Tätigkeit.
Bis zu 10.000 DM aus dem Bundesfond für Jugendarbeit gibt es für anerkannte Jugendverbände, die eine solche völkerverbindende Jugendarbeit machen. Und weil die Kinder der Honoratioren ja auch mit nach Norfolk fahren, macht man ja Jugendarbeit und hat Anspruch auf die entsprechenden Gelder. Dumm nur, daß es da Richtlinien gibt, die eben mehr als nur eine aktive Reisetätigkeit fordern, um in den Genuß der 10.000 Mark zu kommen.
Doch die einstimmige Ablehnung des Antrags durch den JHA hielt nicht lange den Lobbyisten der Deutsch-amerikanischen Gesellschaft stand. Milger setzt das Thema auf die Tagesordnung des Verwaltungsausschusses (VA) und schon wenige Tage später beschließt dieser Ausschuß, daß es sich bei der Gesellschaft durchaus um einen anzuerkennenden Jugendverband handelt.
Die SPD-Genossen im Ausschuß enthalten sich der Stimme, die Vertreterin der Frauenliste (die auch im JHA sitzt) kann sich überhaupt nicht an eine solche Abstimmung erinnern, hat sich aber laut Protokoll der Stimme enthalten – so beschließt im Endeffekt Milgers CDU-Parteifreund im VA, daß die Gesellschaft doch die Voraussetzungen als öffentlicher Träger der Jugendarbeit erfüllt.
Als in der August-Sitzung des JHA diese Kungelei bekannt wird, bleiben empörte Reaktionen nicht aus. Ein Mitglied des JHA zum GEGENWIND: „Immer dann, wenn dem Herrn Milger oder anderen Leuten aus der Verwaltungsspitze unsere Beschlüsse nicht passen, werden sie von denen wieder gekippt. Was soll die Arbeit der Ausschüsse überhaupt, wenn nur das durchkommt, was den Herren gefällt. Und dieser Beschluß war einstimmig! Damit wird unsere ganze Arbeit zur Farce gemacht.“

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