Deichbau
Jan 271992
 

Selbstbedienungsladen Wattenmeer

Naturschützer und Deichbauer streiten um die Sandentnahme für den Deichbau

(buw/uw) Einen vermeintlich weiteren Feind haben die Deichbauer in ihrem immerwährenden Kampf gegen den Blanken Hans an der hiesigen Küste ausgemacht: Den Naturschutz. Um dessen Einfluß auf die geplanten Deicherhöhungen zwischen Mariensiel und Dangast zu verhindern, bedienen sich die Deichbauer für die Öffentlichkeit undurchsichtiger Genehmigungstricks.

Die Kontroverse entbrannte an den unterschiedlichen Positionen von Vertretern des Naturschutzes und der Deichbauer, wo das Material für die Deicherhöhung herkommen soll. Die Deichbauer planen, den Sand aus dem Wattenmeer (ca. 2 .Kilometer vor dem Südstrand) zu entnehmen. Durch die Entnahme für den ersten Bauabschnitt (300.000 m2) wird ein 10 Hektar großer und 40 Meter tiefer Krater mitten im Wattenmeer entstehen. Durch eine quer durch den Nationalpark führende Rohrleitung von 5 Kilometer Länge soll der Sand zur Baustelle gepumpt werden. Woher die für den 2. Bauabschnitt benötigten 700.000 m3 Sand gewonnen werden sollen, ist noch ungewiß – ein weiterer Krater im Wattenmeer ist vorprogrammiert.
Für die Kleigewinnung sollen insgesamt 30 Hektar Salzwiese geopfert werden. Insgesamt wird durch die geplante Maßnahme mehr als 10% der Salzwiesenfläche des westlichen Jadebusens auf Jahrzehnte ihren Charakter verlieren. Die Deichbauer handeln seit Schimmelreiters Zeiten getreu ihrem Wahlspruch „Wer nicht will deichen, der muß weichen“ selbstherrlich und nicht immer zum Wohle von Mensch und Natur. Man erinnere sich nur an die unsinnige Baumfällaktion am Rande des Bordumer Busches.
Die Naturschützer sind nicht gegen die Erhöhung des Deiches, einzig die Art und Weise der Realisierung stößt auf ihre Kritik. Die dem Deich vorgelagerten Salzwiesen und Wattgebiete stellen, so die Naturschützer, einen international bedeutsamen und als Nationalpark geschützten Naturraum und keinen billigen Selbstbedienungsladen zur Entnahme von Sand und Klei dar.
Um nun zu verhindern, daß der Naturschutz bereits in der Planungsphase beteiligt wird, unterteilen die Deichbauer die Baumaßnahme in kleine Häppchen – Salamitaktik. Damit soll erreicht werden, dass die Einzelschritte als „vernachlässigbare Eingriffe“ erscheinen. Dadurch entfällt dann die Durchführung eines ordentlichen Planfeststellungsverfahrens und die damit verbundene Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). Eine solche UVP würde mit ziemlicher Sicherheit das „Aus“ für die geplante Sand- und Kleientnahme aus dem Nationalpark Wattenmeer bedeuten.
Obwohl noch keine unmittelbare Gefahr droht, so die Einschätzung der oberen Deichbehörde bei der Bezirksregierung Weser-Ems, erlaubt der Zustand des Deiches nach Ansicht des Deichbandes keinerlei Verzögerungen der Baumaßnahme. Und das, obwohl den Deichbauern seit mindestens acht Jahren die Mängel des Deiches, z.B. vor Cäciliengroden, bekannt sind. Die Sorgen der Cäciliengrodener Bürger haben die Herren trotzdem ruhig schlafen lassen.
Zu hoffen bleibt, daß die Nationalparkverwaltung einmal das Rückgrat besitzt, die Genehmigungen zu versagen, damit die Deichbauer ihre schludrig gemachten Hausaufgaben noch einmal überdenken können.

Sorry, the comment form is closed at this time.

go Top