Dauerkandidat Maaß
Apr 302002
 

Immer wieder Maaß -

oder: Zum siebten Mal

(red) Wenn es um den Job eines MdB ging, fetzten sich bei den letzten Bundestagswahlen Männlein und Weiblein der SPD ziemlich heftig. Wie es dabei zur Sache ging, haben wir im „Gegenwind“ in unseren letzten Ausgaben etwas aufgehellt.

Bei der CDU dagegen geht es bei der Kandidatenfindung für den Bundestag immer zu wie in der Geschichte vom Wettlauf zwischen Hase und Igel. Meint ein neuer Bewerber ums Amt, das angepeilte Ziel schon erreicht zu haben, steht dort schon Igel Erich Maaß und verkündet: „Ick sünn all da.“ Und dieses Spielchen klappte bei ihm immer wieder.
Eigentlich hätte sich der CDU-Bundestagsabgeordnete Erich Maaß schon längst auf seinen parlamentarischen Ruhestand vorbereiten sollen. Denn am 25. September 1998 – also 2 Tage vor der letzten Bundestagswahl – war in der Wilhelmshavener Zeitung zu lesen: „Für den CDU-Abgeordneten Erich Maaß geht jetzt der letzte Wahlkampf zu Ende.“ Und weiter: „Maaß … hat bereits vor Monaten mitgeteilt, dass er bei der nächsten Wahl nicht mehr antreten werde.“

Nun will er doch noch einmal ran. Da traue noch einer einem Politikerwort.

Aber Maaß wäre kein Politiker, hätte er nicht auch gleich eine Erklärung für sein Trachten parat. “Schuld daran“ sei sein Landeschef, Manfred Carstens. Der habe „ihn ausdrücklich gebeten, noch einmal zu kandidieren“. Bei der vor einigen Wochen durchgeführten Kandidatenkür versuchte Maaß den Delegierten dann auch noch glaubhaft zu machen, dass er auch deshalb doch noch einmal antreten wolle, „um den Wahlkreis 27“ (der alte Wahlkreis 21 wurde umbeziffert und um die Orte Varel, Bockhorn und Zetel erweitert) dieses Mal „direkt zu holen“.
Die Leserinnen und Leser der WZ hätten eigentlich schon vor der Delegiertenversammlung zumindest ahnen können, dass Erich Maaß nochmals antritt. Immer wenn sich der CDU-Abgeordnete mehr als einmal im Monat im Blatt zu Wort meldete, stand nicht nur bald eine Bundestagswahl ins Haus, sondern er meldete auch seine Kandidatur an. In der Zeit zwischen den Wahlen war von unserem CDU-Volksvertreter herzlich wenig zu hören und zu sehen.
Selbst eifrige Fernsehgucker, die bei „Phoenix“ alle Bundestagsdebatten am Bildschirm mitverfolgen können, haben in all den Jahren meist vergeblich Ausschau nach dem ergrauten Lockenköpfchen in den Reihen der CDU-Abgeordneten im Plenum gehalten. Am Rednerpult hat man ihn nie gesehen. Entdecken konnten sie ihn nur bei wichtigen bzw. namentlichen Abstimmungen.
Was ist eigentlich dran an diesem Mann, der für unsere Region seit 1980 im Bundestag sitzt? Er hat noch nie das Direktmandat im Wahlkreis 21 erringen können, sondern ist immer nur über die Landesliste zu einem Parlamentssitz gekommen. Doch oder grade weil er nie – wie die SPD-Politiker Dr. Ehrenberg und Iwersen als direkt Gewählte – einen Wahlkreis betreuen musste, hätte man von ihm erwarten können, dass er sich besonders intensiv um unsere Region kümmern würde. Doch davon hat das Wahlvolk kaum etwas bemerkt.
Weshalb nur hat die Niedersachsen-CDU den 1944 in Wien geborenen Diplomkaufmann immer wieder auf einen sicheren Platz auf die Landesliste gesetzt? Seine Wahlergebnisse waren eher mäßig. So verlor er von 1994 bis 1998 über 6.000 Erststimmen (1994: 49.988 = 41,06 % – 1998: 43.755 = 35,27 %), während seine Gegenkandidatin Iwersen in diesem Zeitraum kräftig an Erststimmen zulegte (1994: 58.187 = 47,79 % – 1998: 66.125 = 53,8 %).
Zugegeben; die CDU hat sich schon immer schwergetan, in der Küstenregion ein Bein an Deck zu bekommen. Felix von Eckhardt war 1965 der letzte direkt gewählte CDU-Bundestagsabgeordnete im Wahlkreis Wilhelmshaven/Friesland. Vor ihm hat nur Vizeadmiral a.D. Helmuth Heye (CDU) als direkt Gewählter zwei Legislaturperioden lang (1953 bis 1961) für unseren Wahlkreis im Bundestag gesessen. Sonst waren es seit Ende des Zweiten Weltkrieges immer nur Sozialdemokraten, die das Direktmandat errangen. Weshalb aber dann immer wieder Maaß?

Der Nordsee-Robin-Hood

Vielleicht, weil er damals 1980 – vornehmlich als Lobbyist der AEG-Telefunken – ins Parlament einzog, wie der “Spiegel“ in seiner Ausgabe Nr. 8/84 zu berichten wusste? Ist er vielleicht grade wegen “seiner Beziehungen“ für den Vorsitzenden der CDU in Niedersachsen, Christian Wulff, und für den Landesvorsitzenden Manfred Carstens (Emstek) der unumstritten beste CDU-Repräsentant für unsere Region? Oder ist er einfach nur der große Taktierer und clevere Kungler?
In seinem Kreisverband, dem er lange Jahre vorgestanden hat, herrschte er bis zu seiner Amtsaufgabe wie weiland Helmut Kohl. Und bei seinem selbstherrlichem Tun standen ihm besonders seine friesischen Freunde treu zur Seite. Auf die konnte er sich stets verlassen. „Erich Maaß ist nicht nur ein normaler Abgeordneter. Er erfüllt in Bonn Aufgaben, die auch für unsere Region wichtig sind“, so wertete damals vor seiner Kandidatur 1998 ein friesischer CDU-Parteifunktionär lobend seine Arbeit. Der Parteisoldat in der CDU sah das ganz anders. „Fehlt nur noch, dass sie ‘unseren‘ Spitzenkandidaten als selbstlosen, aufopferungsbereiten und idealistischen Kämpfer für die Unterprivilegierten verkaufen wollen: so eine Art Nordsee-Robin Hood“, schreibt dieser in einem Leserbrief.
Alle Parteifreunde, die im Kreisverband während seiner Herrschaft schon mal den Mund aufmachten oder Maaß gar kritisierten, wurden von ihm öffentlich abgewatscht und meist dann auf Dauer auch kaltgestellt. Davon kann – um nur einen zu nennen – Rolf Rütters, „der König von Voslapp“, ein besonders Lied singen. Dachten Parteifreunde auch mal laut über einen Generationswechsel nach, stießen sie bei “Locken-Erich“ nur auf taube Ohren. Brachte ihn vielleicht auch diese spezielle Art zu “regieren“ immer wieder in den Bundestag?

Fragen über Fragen!

Und eine letzte Frage – und die soll hier gleich beantwortet werden. Weshalb hat die Gruppe in der Wilhelmshavener CDU, die allzu gern Maaß vorzeitig aufs Altenteil geschickt hätte, nicht versucht, einen geeigneten Gegenkandidaten aufzustellen? Antwort: Sie hat! Aber immer erfolglos.
Als Dr. jur. Hans-Joachim Gottschalk, der reichlich politische Erfahrungen für ein Bundestagsmandat hätte vorweisen können (u.a. Staatssekretär im Magdeburger Bauministerium) einmal versuchte, gegen Maaß anzutreten, stempelten ihn die Funktionäre in Friesland und Wittmund schon gleich beim Start „als einen Störenfried ab, der schon allein mit seiner Kandidatur dem Erscheinungsbild der CDU schade“. Maaß selbst qualifizierte seinen Mitbewerber „als einen Mann der verpassten Chancen und Möglichkeiten“ ab. Fazit: Maaß blieb einziger Kandidat und zog wiederum in den Bundestag ein.
Jetzt – vor der Bundestagswahl im September 2002 – traute sich doch mal wieder einer. Der 53-jährige Hans-Werner Kammer aus Zetel stellte sich den Delegierten als „Maaß-Nachfolger“ vor. Doch auch dieses Mal klappte es wieder für Maaß mit den Nachbarn aus Friesland. Mit ihrer Hilfe und damit 33 Stimmen für ihn, war „er wieder drin“.
Ob er es aber – wie von ihm angepeilt – bei seinem siebenten Anlauf am 22. September 2002 schafft, den Wahlkreis 27 direkt zu holen, darf angezweifelt werden. Selbst wenn er jetzt „mit einer Neuen“, der Sozialdemokratin Karin Evers-Meyer, um das Direktmandat kämpfen muss. Gelingt es ihm dann wiederum nicht, so bringt ihn doch der sichere Listenplatz trotzdem wieder ins Parlament.

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