CVJM
Mrz 261997
 

Zwischen Bangen und Hoffen

Immer noch ist unklar, wie es beim CVJM weitergehen wird

(noa) Seit Monaten schon befinden sich die über 50 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des CVJM zwischen Hoffen und Bangen. Die „Hallo Niedersachsen“-Sendungen im Dezember und Januar, über die wir in unserer letzten Ausgabe berichteten, spiegelten beide Tendenzen wider.

Als nach der Verabschiedung des Arbeitsförderungsreformgesetzes das Landesarbeitsamt Niedersachsen/Bremen den erst wenige Monate alten Dreijahresvertrag mit dem CVJM in Wilhelmshaven kündigte, rückte die Vorstellung, es könnte mal zu Ende gehen mit den Berufsförderungslehrgängen, erstmals etwas näher ins Bewußtsein der Beschäftigten. Zwar waren die Lehrgänge bis voreinigen Jahren jeweils nur für ein Jahr gesichert, aber immer im Frühling begannen die Anmeldungen für den Folgelehrgang einzutreffen. Das ist auch jetzt der Fall: Anfang März lagen etwa so viele Anmeldungen vor wie in den vergangenen Jahren zur gleichen Zeit auch. Und doch ist immer noch unklar, ob es im August weitergeht, und wenn ja, ob im bisherigen Umfang oder stark reduziert.
Eine Frage, mit der unser Bericht im Gegenwind Nr. 139 endete, ist mittlerweile beantwortet, die nämlich, warum die CDU-Landtagsabgeordnete Inse-Marie Ortgies in Sachen CVJM mit dem Bundesministerium für Arbeit Rücksprache gehalten und wie sie dort erfahren hat, daß der Bestand der Lehrgänge auch über den augenblicklich laufenden Lehrgang hinaus gesichert sei. Offensichtlich war es nicht die Absicht des Gesetzgebers, im Bereich der Berufsvorbereitung einen größeren Kahlschlag zu veranstalten; die halbe Milliarde DM, die diese gesellschaftliche Aufgabe künftig weniger kosten soll, entspricht einer Kürzung um 5%, und angesichts dessen könnte überall alles fast so weitergehen wie bisher, mit etwas enger geschnalltem Gürtel halt. So scheinen es bundesweit fast alle Landesarbeitsämter zu sehen. Nur das Bayerische und das Niedersächsische LAA haben auf die AFG-Änderung mit Vertragskündigung reagiert.
Das Bangen beginnt nun, da die einzelnen Arbeitsämter ihre Mittel auf der Grundlage einer zu gering veranschlagten Arbeitslosenzahl zugewiesen bekommen haben. Und diese Mittel werden sie selbstverständlich gemäß geltendem Recht so verteilen, daß sie zunächst die Pflichtleistungen erfüllen – Arbeitslosengeld und -hilfe, Unterhaltsgeld für Umschüler – und dann sehen, was noch für die sogenannten „Kann-Leistungen“ übrig ist. Und nach dem augenblicklichen Stand der Dinge ist die Gewährung von Berufsförderungsmaßnahmen eine solche Kann-Leistung.cvjm-neu
Dies könnte sich in den nächsten Tagen ändern, denn in Bonn wird am AFG noch gebastelt, und im April könnte dieser Teil der Reform wieder gestrichen werden – da fängt das Hoffen an. Nur: Auch wenn die Berufsförderung wieder ein Rechtsanspruch für lernbehinderte und benachteiligte Jugendliche wird, die Mittel dafür aber nicht bereitgestellt werden, so werden die Arbeitsämter in diesem Bereich nicht allzu großzügig sein.
Außer Hoffen und Bangen gibt es auch noch die Vorsicht. Als Arbeitgeber kann der Vorstand des CVJM sich nicht auf eine Vielleicht-Änderung der Gesetzesänderung verlassen. Er geht davon aus, daß der im August beginnende kommende Lehrgang nicht voll belegt sein wird, und rechnet mit etwa halber Belegung. Die Ankündigung, der Hälfte der Belegschaft zum 30.6. vorsorglich zu kündigen und die betreffenden Kolleginnen und Kollegen zu bitten, bis zum Lehrgangsende am 12. August tätig zu bleiben, ist jüngst zurückgenommen worden. Jetzt steht der 30. September als Kündigungstermin im Raum. Die ursprünglich geplanten Kündigungen sollten mit dem Zusatz versehen sein, daß sie bei Änderung der Situation im Sinne von voller Belegung des Lehrgangs wieder zurückgenommen werden. Dieses Hin und Her entfällt jetzt, denn bis Kündigungen zum 3.Quartalsende ausgesprochen werden müssen, wird man wissen, ob und wie es weitergeht.
Für die Beschäftigten, die schon angefangen haben zu grübeln, ob sie zu den Glücklichen gehören, die bleiben können, oder ob sie sich besser schon bald auf eine wahrscheinlich aussichtslose Stellensuche machen müssen, geht damit das Bangen noch etwas länger weiter.
Der CVJM-Vorsitzende Günter Aufermann ist zuversichtlich, daß nach einer Durststrecke von einem Jahr im August 1998 wieder ein vollbelegter Lehrgang zu erwarten ist. Die Rücklagen des Vereins reichen jedoch nicht aus, die ganze Belegschaft „durchzuziehen“, wenn es bei den düsteren Prognosen für das kommende Schuljahr bleibt.
Ein Jahr „Urlaub“ oder denkbare andere Übergangslösungen wie halbe Arbeit für alle oder Kurzarbeit, um 1998 wieder (voll) einzusteigen, wäre nicht die schlimmste Aussicht, wenn der Neubeginn dann sicher wäre. Darauf will beim CVJM sich niemand so richtig verlassen, und so richten sich die Bemühungen auf mehrere Alternativen. Viele soziale Einrichtungen bekommen ihre „Kunden“ schon lange nicht mehr einfach so, sondern müssen werben. Eine erneute Fernsehsendung* über den CVJM Wilhelmshaven wird vielleicht so machen Jugendlichen veranlassen, bei seinem Heimatarbeitsamt gezielt nach einem Förderungslehrgang hier zu fragen. Auch die Suche nach anderen Aufgaben und/oder Geldquellen neben der Arbeitsverwaltung fällt unter die Rubrik „Hoffen“. Wir werden weiter berichten.

*Am Donnerstag, 27. März. wird „Hallo Niedersachsen“ (N3. 19.30 Uhr) noch einmal einen Film über den CVJM-Lehrgang ausstrahlen.

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