Gegenwind 1993
Sep 131993
 

Wir wollen keinen Kaiser

Man kann sich seine Geschichte nicht aussuchen, wohl aber die Tradition, in die man sich stellen will

(hk) Für einen gehörigen Wirbel sorgt der Plan Wilhelmshavener Geschäftsleute und der Ratsmehrheit, den Kaiser Wilhelm I. wieder auf seinen Sockel an der Ebertstraße zu stellen. Von der Neuen Zürcher über die Frankfurter Rundschau bis zur tageszeitung, ganz zu schweigen von den unzähligen Kommentaren in Rundfunk und Fernsehen, reicht der Reigen der kritischen und empörten Berichterstattung über Wilhelmshavens Pläne.

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Sep 131993
 

Nichts gegen Ausländer, aber...

Kein Asylbewerberheim in die Nähe der Bahnzeile!

(hk) Der Standort des Asylbewerberheimes am Alten Banter Weg ist denkbar schlecht gewählt. Wer will es den Asylbewerbern zumuten, in unmittelbarer Nachbarschaft zu diesen Leuten aus der Bahnzeile zu wohnen? – aus dieser Zeile strömt der kleinbürgerliche Mief von Rostock und Hoyerswerda und der Brandgeruch von Mölln und Solingen.

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Sep 131993
 

Zittern und Bangen

Arbeitsförderungsgesetz nimmt keine Rücksicht auf Strukturen

(noa) Eine eingängige Abkürzung – API – hat sich eingebürgert, doch die Initiatorinnen wünschen sich, daß der Vereinsname „Arbeitsplatzinitiative für Frauen e.V.“ mehr im Bewußtsein präsent sein möge, denn er nennt gleichzeitig das Anliegen und Programm.

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Sep 131993
 

Friedensgottesdienst für alles Lebendige

Zu einem Friedensgottesdienst für Tier- und Menschenrechte, mit anschließendem Gesprächsabend nebst vegetarischem Essen, ist für Sonntag, 3. Oktober, 18.00 Uhr, in die Friedenskirche, Preußenstraße 45, eingeladen. Gemeinsame Veranstalter sind die evangelische Friedensgemeinde, die Tierrechtsbewegung (TRB) und der Tierschutzverein Wilhelmshaven und Umgebung.
Der Gottesdienst am Vorabend des Welt-Tierschutztages soll ein Zeichen gegen die massenhafte barbarische Mißhandlung der Tiere in unserer „Zivilisationsgesellschaft“ setzen sowie die Unteilbarkeit der Ethik zwischen allem Lebendigen und die Bewahrung der Schöpfung einfordern. Die Predigt hält die Kreispfarrerin Annette Nuber. TRB und Tierschutzverein sind auch mit Informationsständen vertreten. Zum Gottesdienst und anschließendem Gesprächsabend mit Abendessen im Gemeindehaus sind alle evangelischen und katholischen Christen aus Wilhelmshaven und Umgebung ebenso wie kirchenfreie Menschen eingeladen, denen ein humaner, verantwortbarer Umgang mit Mensch, Tier und Natur ein unabdingbares Gewissensanliegen ist. Es sollen Wege aus der Brutalitätsmisere unserer Zeit gesucht und gewiesen werden. Unkostenbeiträge werden nicht erhoben. Erhoffte freiwillige Spenden sind für ein Regenwaldprojekt in der „dritten Welt“ bestimmt.

Sep 131993
 

Flüchtlingsgespräche

Was Bertolt Brecht 1940/41 im finnischen Exil geschrieben hat, liest sich heute mit erschreckender Aktualität: Das Bahnhofsrestaurant von Helsinki, in das Brecht oft einkehrte, ist der Ort, an dem die beiden deutschen Flüchtlinge, der Physiker Ziffel und der Metallarbeiter Kalle, sich treffen.
Zum Warten verurteilt, kommen Sie miteinander ins Gespräch. Sie reden über Pässe, über die Ebenbürtigkeit von Bier und Zigarre, über die Ordnungsliebe, über das Überhandnehmen bedeutender Leute, über den Unmenschen, über Demokratie, über das eigentümliche Wort „Volk“ und, und … Kurz: In 18 Kapiteln reden und streiten sie über Deutschland.
Die nicht für das Theater geschriebenen Dialoge werden von dem Moskauer Regisseur Roman Kozak in phantasievoll-spielerischer Weise auf der Bühne umgesetzt. Die teilweise bis in die Groteske getriebenen Aktionen verbinden sich mit der live gespielten Musik zu einer theatralischen Einheit, die einen unterhaltsamen und unverkrampften Zugang zu Brecht erlaubt.
Premiere am 16. 10. 93 um 20 Uhr im Stadttheater Wilhelmshaven.

Sep 131993
 

Zwei Schritte vor, einen zurück

Zahnärzte werden schärfer kontrolliert als die ICI

(buw/uw) Lange Wege nehmen internationale und nationale Beschlüsse zum Schutz der Nordsee, bis sie zur Umsetzung an die Jade gelangen.

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Sep 131993
 

Aktive Hilfe statt Flugblätter

Flüchtlingskinder hatten ausnahmsweise Grund zum Feiern

(ts) Die Initiative zu dieser Aktion ging von der Wirtin der Gaststätte Mezzo aus. Nachdem im letzten Jahr unter der Regie der BürgerInneninitiative gegen AusländerInnenfeindlichkeit (BIGAF) bereits mehrere Fahrten zum Jaderberger Zoo stattgefunden hatten, hatte die Wirtin des Mezzo die Idee, einmal ein Kinderfest zu veranstalten, an dem auch die Eltern dieser Kinder teilnehmen konnten.

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Sep 131993
 

Wilhelm I.: Pazifist und Demokrat

Zum Wilhelmshavener Denkmalsstreit
Wer an der Wiedererrichtung des Denkmals von Wilhelm I. herumnörgelt, kennt unser großes deutsches Erbe nicht und erzeugt die Gefahr, gewisse Auswüchse der Vergangenheit zu wiederholen.
Dieser Kaiser war der größte Friedensstifter und Förderer der Demokratie, den ich in meinem Geschichtsbuch finden konnte. Jeder seiner erfolgreichen Verteidigungsfeldzüge ins Ausland zog wie von selbst einen Friedensvertrag nach sich, welcher seine erzieherische Wirkung auf den Nachbarn nicht verfehlte. Und die ritterliche Abwehr staatsfeindlicher Umtriebe im Inlande ließ erst jene Ruhe gedeihen, welche die wahre Demokratie sicherstellt. So befriedete Wilhelm nacheinander die Deutschen, Dänen, Osterreicher und Franzosen, las ich. Weiterlesen »

Sep 131993
 

Gegen den Somaliaeinsatz

Somaliader Bundeswehr demonstrierte am 17. August eine Gruppe von WilhelmshavenerInnen. Während im Marinestützpunkt der letzte Tag der offenen Tür in diesem Jahr stattfand, standen einige Demonstranten an der Kreuzung vor der Zufahrtsstraße zum Stützpunkt und verteilten Flugblätter gegen das Engagement der Bundeswehr in Somalia. Die Tatsache, daß ein Transparent mit der Aufschrift “ Bundeswehrsoldaten in alle Welt – Nein Danke. BRD raus aus Somalia“ mitgeführt wurde, sorgte dafür, daß die Aktion von der Polizei als unangemeldete Demonstration bewertet wurde und die Personalien der Beteiligten aufgenommen wurden.
Im Gegensatz zu den vorbeifahrenden Feldjägern, die den Demonstranten ein unfreundliches „Haut ab hier“ zuriefen, verlief das Gespräch mit dem kurz darauf erscheinenden Stützpunktkommandeur höflich.
Die wenigen Besucher, die ein Flugblatt entgegengenommen und nicht rechtzeitig weggepackt hatten, wurden an der Wache aufgefordert, dieses wieder abzugeben. Einige junge Leute in einem Bulli weigerten
sich, dieser Aufforderung nachzukommen und verzichteten lieber auf eine Besichtigung des Stützpunktes. (ts)

Foto: Tunnat

Aug 041993
 

Tatort Couch

heißt eine Veranstaltung zum Thema „Sexueller Mißbrauch in Beratung und Therapie“, die die Buchhandlung Jockusch am 20. August 93 um 20 Uhr in der Gökerstr. 37 in Zusammenarbeit u.a. mit der Beratungsstelle für Jugendliche und junge Erwachsene und der Frauenbeauftragten der Stadt Wilhelmshaven Frau Dr. Jutta Niedersen-Marchal durchführt. „Es geht nicht um Liebe und nicht um Sexualität: Mißbrauch in der Psychotherapie ist Ausbeutung. Es geht um Abhängigkeit, um Ausleben von Macht mit den gleichen lebensbedrohlichen Folgen für die Opfer wie bei Inzest oder Vergewaltigung.“ (Aus der Vorankündigung)
„Tatort Couch“ – so heißt auch ein viel beachtetes Buch der Sozialwissenschaftlerin Claudia Heyne, die auf der Veranstaltung aus ihrem Buch lesen und im Gespräch mit den Anwesenden über Ursachen, Fakten und Folgen des sexuellen Mißbrauchs in der Therapie informieren wird. (ub)

Aug 021993
 

Menschenhandel

Leiharbeiter, Subunternehmer, Sub-Subunternehmer, Schwarzarbeit – Im Baugewerbe ist der Teufel los

Gegenwind Titel 116Inhalt

♦ Eine Veranstaltung der Bürgerinitiative gegen Ausländerfeindlichkeit (BIGAF) entwickelte sich schon im Vorfeld dramatisch.

♦ Der Betreiber eines privaten Asylbewerberheimes wollte mittels eines Gerichtsbeschlusses verhindern. daß die in seinem Heim gemachten Fotos der Öffentlichkeit gezeigt werden.

♦ Warum die Jadefahrrinne ausgebaggert werden muß – nicht, so die Bürgerinitiative Umweltschutz Wilhelmshaven, damit hier wieder Supertanker anlegen.

♦ Wohnungslose sind ein Produkt unserer „Wohlstandsgesellschaft“. Wilhelmshavener Geschäftsleute möchten nicht, dass der Kaufrausch ihrer Kunden durch den Anblick von „Pennern“ gebremst wird. Die City soll zur „Problemfreien Zone“ werden.

♦ Der §218 ist durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zu einem Gesetz gegen die Armen geworden. Ein Situationsbericht

♦ Beratung, Kommunikation, Arbeit – ein lobenswertes Projekt zwischen Eigeninitiative und Geldknappheit

♦ Wir berichten über die Privatisierung von Teilen des Marinearsenals „durch die Hintertür

♦ Sammeln die Haushalte zuviel Kunststoffverpackungen oder produziert die Industrie zuviel davon? Es geht um den Gelben Sack und das „Duale System Deutschland“.


Titelbild: Burkhard Königshoff


 

Die Druckausgabe zum Runterladen: Gegenwind 116

Aug 021993
 

Über die Ursachen

der Versandung der Jade (siehe auch Artikel „Jadeversandung“) ist in den letzten Tagen viel spekuliert worden. Ein Aspekt ist dabei allerdings zu kurz gekommen: Versandung als Folge der Privatisierung! Bis 1983 war die Baggerei eine öffentliche Aufgabe – wahrgenommen vom Wasser- und Schiffahrtsamt (WSA). Mit der niedersächsischen Wirtschaftsministerin Birgit Breuel kam dann die Privatisierung der Unterhaltsbaggerei. Während für die WSA-Leute das „Funktionieren“ der Jadefahrrinne im Vordergrund stand und auch „strategische Baggerungen“ über die vorgegebenen Solltiefen hinaus, durch die z.B. ein Versanden der Fahrrinne vorausschauend verhindert wurde, durchgeführt wurden, haben die privaten Baggerunternehmen nur ein Interesse: Möglichst oft möglichst viel Sand aus der Fahrrinne zu baggern – denn bezahlt wird nach gebaggerten Kubikmetern.
Während also der Öffentliche Dienst ein Interesse daran hatte, möglichst wenig Sand in die Fahrrinne gelangen zu lassen, damit das Revier in Ordnung ist, haben die Privatunternehmen nur Interesse daran, ihren Auftrag zu erfüllen.
Ein weiterer Aspekt der Privatisierung: Der Staat ist durch die Monopolisierung der Naßbaggerei auf wenige Firmen, erpressbar geworden: Die Firmen können die Preise verlangen, die sie für erzielbar halten – läßt der Staat sich nicht darauf ein, versandet eben die Fahrrinne und die Problemlösungen werden noch teurer als die überhöhten Preise der Privatindustrie. (hk)

Aug 021993
 

Die Anlieger

asyl-ist-menschenrechtder Bahnzeile meldeten sich zu Wort: Wir wollen kein Asylantenheim in unserer Nähe. Wir sind nicht gegen Ausländer, bei uns in der Zeile wohnen sogar Polen und Türken! Aber auch noch Asylbewerber – das wäre zuviel des Guten. Die Behelfsheime an der Bahnzeile wurden gebaut, um Flüchtlingen, die nach dem 2. Weltkrieg keine Bleibe hatten, ein Dach überm Kopf zu geben. Heute, nachdem die meisten der Behelfsheime zu Bungalows umgebaut wurden, möchte wohl niemand mehr von der eigenen Geschichte  belästigt werden. Da zieht man doch lieber gegen die Fremden zu Felde. (hk)

Aug 021993
 

gw116_kuhlmann

Während sich Wilhelmshavens Politiker im „Gegenseitig-auf-die-Schulter-klopfen“ üben und die großen Erfolge der Wilhelmshavener Wirtschaftspolitik (JadeKost, Bahnhofszentrum, Reha-Klinik, Hafenumschlag) feiern, geht ihnen so langsam der Boden unter den Füßen verloren: 16,2 % Arbeitslose im Juni, Betriebsschließungen, Konkurse oder drastischer Arbeitsplatzabbau bei Krupp, Wessels, Lotze, Kuhlmann, Panopa, Plaza, Müller & Raschig usw. – Trotz der Großbaustellen Reha-Klinik, Terramare, JadeKost, Helgolandhaus, nahm die Arbeitslosigkeit im Baugewerbe um 33,5 % zu. Zu hoffen ist, daß unsere Politiker aktiv werden, bevor sie völlig den Boden unter den Füßen verlieren. Mit Adam-Sprüchen wie „Es ist wichtig, daß Kuhlmann erhalten bleibt, denn Kuhlmann ist ein Stück Wilhelmshaven“ lassen sich die Probleme nicht lösen. Der Adam-Ausspruch auf der Kuhlmann-Betriebsversammlung Anfang Juli „Wir wollen endlich, daß Wilhelmshaven und die Region aus den negativen wirtschaftlichen Schlagzeilen herauskommen“ ist inzwischen Programm geworden: Es werden nur noch positive Entwicklungen öffentlich dargestellt. (hk) Foto: Hannes Klöpper

Aug 021993
 

Einen Offenen Brief

an alle Busunternehmen im Weser-Ems-Gebiet hat das Antifa-Plenum Oldenburg versandt. Es geht um die Beförderung von NeofaschistInnen zum „Rudolf-Heß-Gedenkmarsch“ am 14. August. In dem Brief heißt es unter anderem:
„Für sie (die Neofaschisten) ist diese Veranstaltung ein wichtiges Datum zur Mobilisierung ihrer AnhängerInnen und zur Verbreitung ihres menschenverachtenden Gedankengutes. Für die Folgen stehen über 40 Ermordete in den letzten 3 1/2 Jahren, Städtenamen wie Hoyerswerda, Rostock, Mölln und Solingen, sowie unzählige Menschen, die täglich in Angst leben. ( … )
Im letzten Jahr hat leider die Firma Bruns-Reisen, Zetel, die NeofaschistInnen zu dem „Gedenkmarsch“ befördert. Einige Körperschaften, u.a. der AStA der Carl-von-Ossietzky-Universität in Oldenburg, haben daraufhin beschlossen, Bruns-Reisen keine Aufträge mehr zu erteilen. ( … )
Aus allen genannten Gründen möchten wir Sie auffordern, NeofaschistInnen nicht dadurch Hilfestellung zu geben, daß Sie sie befördern.“ (hk)

 

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