Die Druckausgabe: Gegenwind 092
Zweckentfremdet
Fragwürdige Arbeitsbedingungen und schlechte Entlohnung beim Deutschen Roten Kreuz
(ub) ABM (Arbeitsbeschaffungsmaßnahme) heißt das Zauberwort für private Firmen und gemeinnützige Organisationen. Ein vom Arbeitsamt vermittelter und finanzierter Langzeitarbeitsloser ist billig und anscheinend beliebig einsetzbar.
will sich die „Erste City-Parkhausgesellschaft Wilhelmshaven-Mitte mbH“ aus den für die Stadtsanierung fließenden Steuergroschen: Sie läßt das von ihr betriebene Parkhaus im Zentrum (PIZ) im Zuge der Maßnahmen in der Innenstadt einfach mit umbauen.
Schon jetzt muß die Stadt täglich 1.500 Mark zum Ausgleich des Defizites an die Gesellschaft zahlen.
Nachdem die Stadt den Eingangsbereich für 380.000 DM attraktiver gestaltet hatte, die erhoffte Wirkung (mehr Autos ins Parkhaus) aber wegen der inzwischen dazugekommenen ebenerdigen Parkplätze an der Bahnhofstraße ausblieb, soll jetzt richtig zugeschlagen werden. 3,8 Millionen DM sind vorgesehen, um z.B. die Auffahrten zu verbessern. Die Stadt Wilhelmshaven muß davon knapp 1,3 Millionen berappen.
450 Stellplätze hat das Parkhaus. Umgerechnet bedeutet das, daß jeder einzelne Stellplatz mit 4.500 Mark saniert wird.
Warum nach der Sanierung dann plötzlich die Autofahrer das Parkhaus nutzen sollen, weiß wohl nur die Parkhausgesellschaft. SPD-Ratsherr Hans Hartmann dazu „Parkhäuser werden nur dann genutzt, wenn kein anderer ebenerdiger Parkraum vorhanden ist.“ Und davon gibt es im Bereich der City mehr als genug.
davon, kam die hochgelobte German Yachts-Werft. Hieß es vor einigen Wochen noch, daß der Konkurs unabwendbar sei, wenn sich nicht ein neuer Geldgeber findet, gab es in der letzten Woche ein Aufatmen: Die niedersächsische Landesregierung übernimmt eine Landesbürgschaft in Höhe von 900.000 Mark.
Dabei mangelte es der Werft nie an Arbeit. Nur war die Finanzdecke so dünn, daß die Werft zahlungsunfähig wurde. So war es denn auch nicht verwunderlich, daß man einige Mitarbeiter schon mal beim Innenausbau einer Kneipe beobachten konnte – da wird schneller bezahlt.
Überfordert
Untragbare Arbeitsbedingungen im kirchlichen Seniorenzentrum
(red) Die Aktion „Neu anfangen“ der Wilhelmshavener Kirchen hat Unsummen verschlungen. Weniger großzügig gehen die Kirchen mit dem Geld um, wenn es um Lohnkosten in ihren Einrichtungen geht, wie der folgende Bericht zeigt.
Nur Positives gibt es, so jedenfalls die Sprecherin der Kirchengemeinden, über die Aktion „neu anfangen“ zu berichten.
15.000 Bücher wurden verschenkt, 2.000 Leute erklärten sich bereit, an „Gesprächskreisen“ teilzunehmen. Man habe durch die Telefonaktion viele einsame, zumeist ältere, Menschen erreicht, die sich freuten, daß jemand mit ihnen sprach. Innerhalb der Telefongruppen, die 30.000 Anrufe tätigten (da freut sich die Post), bauten sich neue Kontakte auf.
Die Frage, ob das was erreicht wurde, nicht eh Aufgabe der seelsorgerischen Gemeindearbeit sei, sollte zumindest gestellt werden. Ebenso wie die Frage, ob das, was durch diese geldintensive Aktion an neuen Kontakten geknüpft wurde, nicht auch mit „normalen“ Mitteln hätte erreicht werden können.
Die Aktion dieser modernen Missionare verschlang die Summe von 150.000 DM. Zu fragen bleibt auch, ob die Kirchen nach solchen Aktionen noch guten Gewissens ihre Spendenaufrufe wie „Brot für die Welt“ oder „Misereor“ vertreten können. (hk)
Ausgesponnen!?
Konkurs der KSW: Nun soll die DDR helfen
(hk) Seit Jahren ist der Name KSW mit Begriffen wie „Arbeitsplatzabbau“, „Massenentlassungen“ und „Pleite droht“ auf’s Engste verbunden. Bestanden vor einem viertel Jahr noch geringe Hoffnungen, so sind diese nach dem Konkursantrag vom 30.3. auf den Nullpunkt abgesunken.
im Wahlkampf sorgte in der letzten Woche die Nachricht, daß offensichtlich an fast alle Aussiedler eine Wahlbenachrichtigung ausgegeben wurde, obwohl viele von ihnen noch nicht einmal einen Flüchtlingsausweis besaßen, geschweige denn die deutsche Staatsangehörigkeit.
sowohl für arbeitslose Lehrer als auch für im Dienst stehende überlastete Kollegen bietet das Verzeichnis der Stellen, die im Schuldienst des Regierungsbezirkes Weser-Ems zum August zu besetzen sind: Es gibt nicht eine Stelle für Wilhelmshaven – der Lehrermangel wird weiterhin möglichst gleichmäßig verteilt werden müssen.
Auch im Kreis Friesland, wo Elternvertretungen aktiver als in Wilhelmshaven den Anspruch ihrer Kinder auf sinnvolle pädagogische Betreuung und vollständige Unterrichtsversorgung in der Öffentlichkeit vertreten, wird lediglich eine Stelle, nämlich auf Wangerooge, vergeben.
DGB-Kreis Wilhelmshaven auf neuer Demo-Route
(hk) Die Wilhelmshavener GewerkschafterInnen müssen sich in diesem Jahr von einem schon beinahe ritualisierten Ablauf des 1.Mai trennen. Nach vielen Jahren „Gewerkschaftshaus-Kurpark-Erbsensuppe“ hat der DGB nicht nur eine neue Demo-Route sondern auch ein, in vielen Bereichen an die 100jährige Geschichte des 1.Mai orientiertes, Informations- und Kulturprogramm vorgesehen. Weiterlesen »
Atomindustrie will Spaltmaterial über Wilhelmshaven verschiffen. Vermutlich nach Schweden.
(hk) Nachdem sie sich in Lübeck und Emden nicht mehr blicken lassen konnte ohne dabei Volksaufläufe zu provozieren, versucht die Atomindustrie ihren Fuß in die Wilhelmshavener Tür zu setzen. Eine erste Fuhre mit frischem Kernspaltmaterial aus der Brennelementefabrik in Lingen bzw. der in Hanau, kann jederzeit – vorzugsweise bei Nacht und Nebel- durch unsere Stadt geschleust werden.
Same procedure as last Wahlkampf
Adam: „I’ll do my very best!“
(noa) Eine Partei, die aus der Opposition heraus erfolgreichen Landtagswahlkampf führen will, braucht Leute mit Ideen, kreative, möglichst vorausschauende Köpfe. Zum Beispiel einen Wilfrid Adam.
Stephan Krawczyk
Krawczyk wurde 1955 in Weida/DDR geboren, mit seiner Gruppe „Liedehrlich“ bekam er 2 Minister“preise für „hervorragende künstlerische Gesamtleistung“. Nachdem er mehr und mehr aneckt, wird er 1988 in die BRD abgeschoben.
Hier gab er seit dieser Zeit mehr als 100 Konzerte – wenn er auf der Bühne steht, vergißt man rasch das Klischee vom DDR-Protestsänger. Er behandelt in seinen Liedern Probleme, mit denen jeder von uns zu tun hat.
Seine Instrumentalisierung ist ungewohnt und gekonnt. Sein Talent für Ironie und Satire ziehen in Bann. Seine Texte sind poetisch, sensibel und kraftvoll, witzig und ernst zugleich.
Während des Konzerts reizt KRAWCZYK aus, was er kann. Was er nicht kann, zeigt er nicht. Die Bühne füllt er noch immer allein: In den Händen – Gitarre oder Bandoneon; im Kopf – der Scharfsinn der zynischen Sehnsucht; im Bauch – Hunger.
Samstag, 5.Mai 1990 um 20.00 Uhr
Eine Veranstaltung der Grünen
Bis zum 11.Mai werden Lithographien von Alf Welski gezeigt. Themen: „Basler Fasnacht“ und „Die Stadt Krakau“
Alt Welskis überwirkliche Realität nimmt Stellung, er ergreift Partei, engagiert sich für die Schwachen und Benachteiligten unserer ver- und entsorgten Welt. Er zeigt den existentiellen unübersehbaren Zusammenhang zwischen Mensch und Natur, ihrer Zerstörung und der Zerstörung der menschlichen Lebensgrundlage unmißverständlich auf. Diese Zusammenschau des Unvereinbaren: der Bedürfnisse des Lebendigen und der lebensfeindlichen Technologien wirkt gerade deshalb so unentrinnbar bedrohlich, weil sie aufzeigt, daß der heute praktizierte Versuch, beides miteinander zu versöhnen oder zu arrangieren, indem nur die eine oder die andere Seite der Lebenswelt in den Blick genommen wird, keine Aussicht auf Erfolg hat.
Galerie »M« 2940 Wilhelmshaven. Ulmenstraße 1a