Gegenwind 1984
Jan 151984
 

Gängelei

und „Uniformierung“ vermutet die CDU hinter einer Bauvorschrift für das Baugebiet Maadebogen-Nord. Der Rat will verhindern, daß wie anderswo in Wilhelmshaven nach Wild-West-Manier gebaut wird. (Abschreckendstes Beispiel für Wilhelmshavener Wild-West ist die Bismarckstraße zwischen Banter Weg und Werftstr.). Gabriele Iwersen (SPD) in der Debatte: „Herr Rehbein (CDU), wenn Sie einen grünen Filzhut tragen und neben Ihnen jemand einen schwarzen, dann ist das doch keine Uniformierung.“

Jan 151984
 

Menschenunwürdig

leben in der Krise auch in Wilhelmshaven immer mehr Menschen. Rund 700 Haushalte müssen derzeit ohne Strom und Gas auskommen. Die Zahl derer, die aus verschiedenen Gründen ihre Gas- und Stromrechnungen nicht mehr bezahlen können, hat sich in wenigen Jahren verzehnfacht. Anders als ein Vermieter hat die GEW das Recht, zahlungsunfähigen oder unwilligen Kunden auch im Winter den Hahn zuzudrehen. An die 2000 Wilhelmshavener also leben mitten unter uns ohne Heizung und Licht.

Jan 151984
 

Vorteilhaft

war für den krankgeschriebenen Wilhelmshavener Oberstadtdirektor Dr. Gerhard Eickmeier lange Zeit der Vorsitz des Aufsichtsrates in der Flugplatzgesellschaft Wilhelmshaven-Friesland mbH, den er im Wechsel mit dem Friesländischen Oberkreisdirektor Dr. Bode Kraft Amtes bekleidet. Bode beklagte am 19. August und 14. Dezember 1983, daß Eickmeier als Aufsichtsratsvorsitzender und Sicherheitsbeauftragter keine Start- und Landegebühren entrichten mußte. Über die Höhe der Summe, die der fieißige Flieger Eickmeier dank der Freundlichkeit des ehemaligen Flugplatzleiters M. sparte, bzw. den Steuerzahler kostete, mochte Bode dem Gegenwind keine Angaben machen.

Jan 151984
 

apollo

Ein 55-jähriger will nach Australien auswandern. Nach dem Grund gefragt antwortete er: „Als ich 20 war, wurden Nazis noch zum Tode verurteilt. Als ich 30 war, kriegten sie noch lebenslänglich, als ich 40 war, wurden sie freigesprochen, als ich 50 war, kamen sie in höchste Staatsämter, und bevor es wieder Pflicht wird, hau ich lieber ab.

Jan 151984
 

Kleinstadtgewitter

hallten durch die hehren Hallen unseres ehrwürdigen Rathauses, als die Stadtverwaltung in der Parkstraße vor den Toren der WZ einen kranken Tannenbaum aufstellte – zur Mahnung an das bundesweite Waldsterben. Das obligate Zeitungsfoto war schon von einem voreiligen WZ-Bildreporter geschossen, da eilte WZ-Verlagsleiter Manfred Adrian zu den Regierenden im Högerbau und forderte die Beseitigung des armen kranken Tannenbaums. Da wogten Empörung und Zustimmung gegeneinander. Das Rathaus hallte vom ernsten Ringen der Politiker um den rechten Weg.
Abendsitzung der Stadtregierung, des Verwaltungsausschusses: Der christdemokratische Ratsherr Hermann Hülzer sah durch das nicht nur heidnische, sondern auch noch nadellose Baumsymbol den christlichen Weihnachtshandel gefährdet. Doch – müde der zähen Debatten – ließ man den Baum einfach stehen, ein zustimmender WZ-Bericht kam – wenn auch etwas verspätet auf den Weg, und als der Gegenwind im Januar bei Adrian nachfragte, konnte der sich schon nicht mehr erinnern. „…gnadenbringende Weihnachtszeit.“

Jan 151984
 

Klein Rothenburg

will uns Plaza-Betreiber NVA mit der neuen Fassade vor der blau-weißen Plaza-Schachtel bescheren. Im Bauordnungsamt war man bisher davon ausgegangen, daß Plaza 2,8 Mio. Mark nicht nur zur Verschönerung unserer Stadt verbaut, beziehungsweise weil man eh das Zelt nicht mehr aufstellen darf. Vielmehr meinte man zu wissen, daß Plaza umbaut, um die nächsten Anwohner vor zu hoher Lärmbelästigung zu schützen.
Immerhin hatte sich im Sommer der Rüstringer Bauverein bei der Stadt beschwert, weil die Quergitter der Auffahrt tausendemal am Tag laut klacken und das Gebläse der Kühlanlage bei den neuen Häusern des Vereins 24 Stunden pro Tag höllisch lärmt. Ein Gutachter stellte im Sommer fest, daß der Plaza-Lärm die gesetzlich vorgeschriebenen Höchstwerte weit überschreitet und fachkundige Ratsmitglieder unkten schon von Schließung des Großmarktes.
Der Leiter des Bauordnungsamtes Karl-Georg Sonnemann zum Gegenwind: „Plaza wußte, daß sie etwas für den Lärmschutz tun müssen, wenn die Wohnbebauung heranrückt.“ Und meinte, das würde nun auch geschehen. NVA-Sprecher Frerichs antwortete dazu auf Anfrage ausweichend. Man werde vielleicht so „eine Art Palisadenzaun“ zwischen Plaza und den neuen Häusern aufbauen. Und Außerdem:“ Was war zuerst da, die Henne oder das Ei?“ Bleibt nur zu fragen, ob in dieser Stadt die Bestimmungen des Bundesimmissionsgesetzes gelten?

Jan 151984
 

sozialarbeiter

Adrett

wünscht sich Wilhelmshavens Sozialdezernent Horst Engstler (CDU) seine Sozialarbeiter. Wenn sie schon mit allerhand zu tun haben, über das ein feiner Konservativer die Nase zu rümpfen pflegt, dann sollen sie wenigstens ein leuchtendes Vorbild sein. Deshalb wünscht sich der stets korrekt und ansprechend gekleidete Sozialdezernent für seine Mitarbeiter an der Basis eine „Kleider-Vorschrift“. Unverständlich, daß der Personalrat in einem Schreiben vom 28.11.83 von „Disziplinierung“ spricht.
Wäre es nicht eine treffliche Idee, alle Stadtbediensteten in den leuchtenden Farben unserer Jadestadt einzukleiden? Leuchtende Gelb – rote Farbtupfer würden die Straßen fröhlicher machen, wenn Mittags Hunderte städtischer Amtsdiener mit einem heiter versonnenen „Mahlzeit“ auf den Lippen an Mutterns Suppenterrine eilen!
Die Dezernenten könnte man mit einer breiten Schärpe angemessen würdigen. Dem Oberstadtdirektor stände eine gelb-rot karierte Schleppe – getragen von den jungen Damen des Drum-Band-Zuges – gut zu Gesicht.
Und der Oberbürgermeister sollte dazu mit leuchtendem gelbroten Helmbusch und goldenem Zepter vom stolzen Bürgergeist der deutschen Ölmetropole künden. Und wenn schon nicht die Dienstwagen der Stadt, so könnte man doch wenigstens die Dienstfahrräder der Sozialarbeiter vom Stadtkünstler ansprechend gestalten lassen.

Der gut gekleidete Herr im Sozialdezernat verdient unseren Beifall.
Mit gelb-roten Grüßen
Pusterich


Jan 151984
 

Leserbriefe:

Zum Artikel „Familienkrach“ im „Gegenwind“ Nr. 49
In dem Artikel werden über den Auslöser für den Austritt der 3 Ratsherren der Bürgerschaft aus dem Kreisverband der Grünen von Differenzen innerhalb der Fraktion der Bürgerschaft berichtet und Spekulationen darüber angestellt. Wenn das Wort Differenzen für unterschiedliche Meinungen steht, so ist dies nichts ungewöhnliches. In jeder politischen Partei oder Gruppierung gibt es ein Ringen um den richtigen Weg und sachliche Auseinandersetzungen gehören nun einmal hierzu.
Wenn der Verfasser dieses Artikels Äußerungen zitiert, die aus dem Zusammenhang herausgelöst worden sind, so entsteht ein schiefes Bild. Unter diesem Gesichtspunkt sind auch die in dem Artikel wiedergegebenen Zitate zu sehen. Weder die Fraktionskollegen noch der Fraktionsvorsitzende Werner Delor wollten in der Art verstanden sein, daß der Eindruck entsteht, der eine wolle den anderen abqualifizieren.
Die Fraktion der Bürgerschaft arbeitet im Rat nach wie vor effektiv zusammen. Dies haben in einem Gespräch mit mir sowohl die Fraktionskollegen als ganz besonders auch der Fraktionsvorsitzende Werner Delor versichert.

Lothar Preuß
Ratsherr der Bürgerschaft

 

Jan 151984
 

kotz


 

Geholfen

werden soll nach dem Wunsch des Rates der verschmutzten Nordsee. Auf Antrag der SPD-Ratsfrau Gabriele Iwersen beschloß der Rat den Beitritt der Stadt Wilhelmshavens zur „Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste e.V., die sich vor allem die Rettung des Wattenmeeres zum Ziel gesetzt hat. Im Umweltausschuß hatte sich zuvor CDU-Ratsherr Focke Hofmann gegen eine dreitausend Mark teure, ordentliche Mitgliedschaft ausgesprochen.


Wahlen

Die Industriegewerkschaft Metall führt momentan in den Betrieben und Verwaltungsstellen ihre internen Organisationswahlen durch.


demo


Begrünen

dürfen die Wilhelmshavener jetzt die Bürgersteige und der Straße zugewandte Hauswände. Wenn ein Bürgersteig breiter als 1,50m ist, dann dürfen an den Hauswänden Gehwegplatten entfernt und Grünzeug gepflanzt werden. (Beschluß des Bauausschusses vom 3.12.83)


Unhaltbar

wird in zunehmendem Maße der Einstellungsstopp in der Stadtverwaltung. Da gerade im Reinigungsdienst die Fluktuation der Mitarbeiter besonders groß ist, fehlen hier mehr und mehr die Arbeitskräfte. Informierte Kreise vermuten, dass hiermit der Boden für weitere Privatisierungen vorbereitet werden soll.


Paßt bloß auf

„Wir sind eine Nation mit globalen Verantwortungen. Wir sind nicht irgendwo in der Welt, um irgend jemandes Interessen zu verteidigen. Wir schützen unsere eigenen.“
Reagan zu Libanon und Grenada am 27.10.1983 in Washington


Regenwurm

ist der bisherige Arbeitstitel für eine neue Schülerzeitung. Sie soll vom Stadtschülerrat herausgegeben werden. Erstmals sollen damit alle Wilhelmshavener Schulen erreicht werden ( ohne Grundschulen ). Für Mitarbeit und Artikel wäre die Redaktion dankbar. Die Anschrift: Stadtschülerrat W’haven, Redaktion ‚Regenwurm’, Kirchreihe 18
Der ‚Gegenwind‘ wünscht dem ‚Regenwurm‘ viel Erfolg und wenig Frust!


 

Wir brauchen

Basiskorrespondenten.

Basiskorrespondenten? Ja klar doch! Leute, die Bescheid wissen über das, was so in den Betrieben, bei Behörden, in den Schulen u.s.w. vor sich geht, Leute, die wissen.., wo’s Knatsch mit dem Vermieter, der Polizei oder der Stadtverwaltung gibt, Kurzum wo’s nach Anmaßung, Amtsmißbrauch, Schikane oder anderem stinkt. Wer also die linke Lust am Informieren, Schreiben, Tippen, Zeitungmachen insgesamt, Verteilen u.s.w. hat, der/die ist für uns gerade richtig. Ruft einen der Leute an, die im Impressum S.8 stehen!


 

Jan 151984
 

Teegeflüster

Der wundersame Rückzug Familas von der Jade

(woku) Den Wilhelmshavenern bleibt ein weiterer Verbraucher-Großmarkt erspart. Die Famila-Gruppe aus Oldenburg stoppte laut WZ „überraschend“ ihr „beginnendes Engagement an der Jade“. Gründe erfährt der zahlende Zeitungsleser wohlweislich nicht. Könnten sie ihm zu tiefe Einsichten in das vermitteln, was man „soziale Marktwirtschaft“ nennt?

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Jan 151984
 

50. Nummer

Zum 50. Male erscheint diese Zeitung regelmäßig – das bedeutet rund fünf Jahre lang etwa zehn Nummern pro Jahr mit unterschlagenen und alternativen Informationen. Ein Grund zum Jubeln? Wir meinen: Nein. Eher zum Zähne zusammenbeißen

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Jan 151984
 

Andere über uns

Über vieles und Viele haben wir in der Vergangenheit geschrieben. Manche ärgerten sich über uns, andere nicht. Um Näheres zu erfahren, haben wir nachgefragt:

Hans-Hermann Braun, IG-Metall:

„Grundsätzlich ist es wichtig, dass etwas gegen die Monopolpresse in WHV gesetzt wurde. Insbesondere der ‚Gegenwind‘ liefert wichtige Hintergrundinformationen. Die nicht extrem politische Richtung des ‚Gegenwind‘ empfinde ich als angenehm. Ich wünsche Euch auch weiterhin auf diesem Wege viel Erfolg… “

Dr. H.-J. Meyer-Abich, Stadtdirektor:

Anmerkung: Meyer-Abich verweigerte uns eine Stellungsnahme, wir erlauben uns aus einem ‚Gegenwind’-Gespräch vom 3.1.84 zu zitieren: „Der ‚Gegenwind‘ ist ein komisches Blättchen, daß meine Leute durch den Dreck zieht. Ich rede nicht mit dem ‚Gegenwind‘. Ich liefere Euch nicht das Material gegen unsere Leute…!“ Weiterlesen »

Jan 151984
 

Der Landtag ruft!

Streit in der CDU – Janßen übergeht Partei

(ufk) Selten wohl fand eine Gegenwind-Nachfrage eine so prompte Reaktion wie unsere Frage an den Oberbürgermeister Hans Janßen (CDU), wen er sich denn nach seinem Verzicht auf eine weitere Landtagskandidatur als Nachfolger wünsche. Unmittelbar nach dem Gegenwind-Gespräch gab Janßen der WZ den Wink, seine Siebt der Dinge unters Volk zu bringen.

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Jan 151984
 

Mangel

an Landtagskandidaten leidet die SPD nicht, gleich fünf Mitbewerber wollen dem blassen Ulrich Iserlohe das Landtagsmandat streitig machen. Die besten Chancen hat derzeit nach Gegenwind-Informationen SPD Vize Arno Wagner, der im Sommer mutig dem SPD Oberstadtdirekter Dr. Gerhard Eickmeier die Stirn bot und aus allen Lagern der Partei Zuspruch erfuhr. Mit im Rennen ist auch der fleißige SPD-Pressesprecher Hartmut Herzog, der als Lehrer jedoch dem Arbeiter Udo Hegenbart den Vortritt lassen würde.
Wie Hegenbart und der Olympia-Angestellte Wagner würde auch Georg Rohde, Vorsitzender des städtischen Gesamtpersonalrats, gezielt die Interessen der „Kleinen Leute“ vertreten. Mit von der Partie will 1986 auch wieder Eickmeierintimus Wilfried Adam sein. Er müßte jedoch als „Rechter“ gegen den „Rechten“ Iserlohe antreten. Außerdem will Adam auch gleich noch den Oberbürgermeisterposten. Dafür braucht er allerdings auch vorher das Landtagsmandat, denn als. Städtischer Bediensteter dürfte er nicht für den Stadtrat kandidieren.

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