Bundestagswahl 2005 – 2
Sep 152005
 

Die Linke wählen?

Die PDS heißt jetzt „Linkspartei“ und hat WASG-Mitglieder in ihre Landeslisten aufgenommen

(ub) Der erneute Einzug der Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) in den deutschen Bundestag wird vermutlich diesmal die bundesdeutsche Parteienlandschaft nachhaltig verändern. Das Bündnis aus PDS und der aus der sozialen Bewegung in Westdeutschland entstandenen WASG könnte drittstärkste Kraft im bundesrepublikanischen Parlament werden. Linke Spinner? Abenteuerliche Weltverbesserer mit Ostalgikern (Gysi) und narzisstisch Gekränkten (Lafontaine) in der Hauptrolle? Was will die neue Linkspartei?

 In der bundesdeutschen Medienlandschaft stehen Sachthemen, geht es um die Berichterstattung über „die Linke“, wie die gemeinsame Liste sich nennt, weiß Gott nicht im Vordergrund. Am 12. August 2005 erfährt der WZ-Leser in dem Artikel „Auf der Couch zur Kandidatur inspiriert“ (wir berichten hierüber an anderer Stelle) vor allem eins: Die spinnen, die Linken!
Am Tag nach dem Parteitag der Linkspartei/PDS steht im Fokus der WZ-Berichterstattung der „Mittelstand“. Der ist nämlich von einer Unternehmensberatung befragt worden und gibt laut einer WZ-Meldung auf Seite 1 zu 73,7 Prozent zu bedenken, dass Deutschlands Bild im Ausland gefährdet ist, wenn die Linkspartei an einer Bundesregierung beteiligt wird. Auf Seite 2 gleicher WZ dann die „große“ Berichterstattung über den Bundesparteitag der Linkspartei. Hier erfährt man dann ganz wesentlich, dass es offenbar einen Streit gegeben hat um die Frage, ob Lafontaine ein „Luxus-Linker“ sei, dass Oskar Lafontaine mit der „Bild am Sonntag“ im juristischen Clinch liegt, und (das kommt immer gut) Oskar Lafontaine mit einem Privatflieger zwischen seinem Feriendomizil Mallorca und Politveranstaltungen jettet.
Wer sich unter www.sozialisten.de über „Partei“ und „Dokumente“ zum „Parteiprogramm“ der Linkspartei durchhangelt, landet bei dem am 28. August beschlossenen Programm. Wer will, kann auf fast 50 Seiten nachlesen, was die Delegierten der Partei ins Programm diktiert haben. Wer also links wählen will, findet hier Argumente für oder gegen das Kreuz am 18.9. bei der Linken Liste. Wir stellen nachfolgend einige programmatische Eckpfeiler der Linkspartei vor.

Krieg und Frieden

Die Linkspartei sieht sich als „konsequente Antikriegspartei“. Internationale Kriegseinsätze werden grundsätzlich abgelehnt. Insbesondere auch der so genannte „Krieg gegen den Terror“ wird explizit abgelehnt und als „Versuch der USA-Administration, die eigene Weltherrschaft auszubauen“ interpretiert. Deutsche Soldaten sollen aus den Krisengebieten abgezogen werden. Die Linkspartei fordert die Auflösung der NATO und strebt an, im europäischen Kontext ein „gesamteuropäisches internationales Sicherheitssystem“ aufzubauen. Die Bundeswehr und der Verteidigungshaushalt sollen reduziert werden. Die Linkspartei will „die Wehrpflicht und andere Zwangsdienste abschaffen“. Unter Verweis auf „Deutschlands Verantwortung für zwei Weltkriege“ soll die Bundesrepublik „auch einseitig mit gutem Beispiel vorangehen“, aufgebaut werden sollte deshalb ein „weltweit einsetzbarer internationaler Hilfs- und Katastrophendienst“.

Mehr Demokratie wagen

Zentrales innenpolitisches Thema der Linkspartei ist die Entwicklung von „demokratischen Gegenkräften gegenüber den Interessen von Konzernen und Großbanken“. Der Einfluss der Arbeitnehmer und ihrer Gewerkschaften in den Betrieben soll sich massiv verstärken. In allen Großunternehmen soll die paritätische Mitbestimmung eingeführt werden.
„In den Regionen, Ländern und im Bund sollen Wirtschafts- und Sozialräte … gebildet werden“. Volksentscheide „mit niedrigen Einstiegsquoren“ sollen die Bürgerbeteiligung auf Bundesebene verstärken. Die Linkspartei will das Mitbestimmungsrecht von jungen Menschen fördern, indem sie u. a. fordert, das aktive und passive Wahlrecht bereits mit 16 Jahren einzuführen. Statt mehr Videoüberwachung, Abhöranlagen und Einschränkungen des Briefgeheimnisses sind für die Linkspartei „gut ausgebildete und human motivierte Polizeikräfte … zur Verbrechensbekämpfung besser geeignet.“

Lohn und Brot

„Der Profit darf längerfristig nicht das entscheidende Maß für Zuteilung, Organisation und Bewertung der Arbeit bleiben. Es gibt keinen gesellschaftlichen, sondern nur den kapitalistisch bedingten Mangel an nützlicher und anerkannter Arbeit.“ Arbeit ist genug da, so die Linkspartei, sie muss nur anders verteilt werden. Die „Einführung der 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich“ ist programmatisches Ziel. Langfristig ist ein Abbau der Wochenarbeitszeit auf 30 Stunden Perspektive. Auch hier ist wieder die Einflussnahme der lohnabhängig Beschäftigten auf die Unternehmenspolitik zur Schaffung neuer Arbeitsplätze von wesentlicher Bedeutung. „Arbeitsplätze werden … nur entstehen, wenn ein verändertes Kräfteverhältnis zwischen Gewerkschaften und Unternehmern der Ausgleich von Arbeitszeitverkürzung durch verschärfte Arbeitshetze ausschließt und Einstellungsgarantien vereinbart werden.“ Für den Abbau der Massenarbeitslosigkeit ist „die Organisation gesellschaftlich nützlicher Arbeit unabdingbar“, die beispielsweise durch die „Bereitstellung von staatlichen und kommunalen Dienstleistungen im Gesundheitswesen“ garantiert werden soll.

Soziale Sicherheit

Die Linkspartei setzt sich nachdrücklich für den Erhalt und Ausbau des Sozialstaates auf solidarischer Grundlage ein und wendet sich generell gegen Privatisierung im Gesundheitswesen und in der Altersvorsorge. „Zur Finanzierung des sozialen Sicherungssystems hält die PDS eine Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenzen und die Ausweitung der Versicherungspflicht auf alle für erforderlich, die bisher nicht einbezogen sind.“ Auch Beamte, Freiberufler und Selbstständige sollen in die Renten- und Arbeitslosenversicherung einzahlen. Unternehmen, die Arbeitsplätze abbauen und damit ihre Gewinne steigern, sollen künftig kräftiger zur Kasse gebeten werden: Die Linkspartei will „den Arbeitgeberbeitrag zu den Sozialversicherungen von der Lohnsumme auf die Bruttowertschöpfung umstellen.“ Sozialabgaben für schlecht bezahlte Personengruppen sollen vorübergehend aus Steuermitteln bezahlt werden. Die Linkspartei unterstützt die Forderung nach Mindestlöhnen. Eine „bedarfsorientierte soziale Grundsicherung“ soll eingeführt werden. Ein erster Schritt dahin soll die „Anhebung des ALG II um 40 Euro in Ost und West“ sein.

Wer soll das bezahlen?

Die Linkspartei strebt „eine radikal vereinfachte und übersichtliche soziale Steuerpolitik“ an. Höhere Einkommen und Vermögen sollen stärker belastet werden. Die Vermögenssteuer soll „neu ausgestaltet“ werden. Die Erbschaftsteuer bei großen Privatvermögen soll erhöht werden. Insgesamt sollen hohe Kapitalvermögen stärker mit Steuern belegt werden. Das linearprogressive Besteuerungssystem soll beibehalten werden im Spektrum von 15 % (bei einem Steuerfreibetrag von 12.000 Euro) und 50 %. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer lehnt die Linkspartei ab.

Links wählen!?

Der politische Trend in Deutschland geht nach links. Die „Linkspartei“ ist ein Ergebnis dieser Entwicklung. Hunderttausende hätten sich ein breites linkes Wahlbündnis zur Bundestagswahl gewünscht. Die MLPD war dazu bereit, die Führungen von WASG und PDS lehnten das ab. Ein linkes Wahlbündnis ohne Revolutionäre ist aber wie eine Fußballmannschaft ohne Stürmer! Dazu passt, dass die „Linkspartei“ den Sozialismus aus ihrem Programm gestrichen hat. Was ist daran links? Damit ist die MLPD die einzige Partei, die mit einer sozialistischen Perspektive antritt. Die Linkspartei macht in ihrem Programm Vorschläge zur Nachbesserung von Hartz IV und organisiert damit den Rückzug von der Massenforderung „Weg mit Hartz IV“, obwohl viele ihrer Mitglieder auf den Montagsdemos gerade dafür eintreten. Wo immer es Ansatzpunkte für einen gemeinsamen Kampf gibt, ist die MLPD dazu bereit, mit Engagement, zuverlässig und auf gleicher Augenhöhe!

Also: Keine Halbheiten, links wählen heißt MLPD wählen.“

Hannes von Pentz, Spitzenkandidat der MLPD in Niedersachsen

 

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