BKA
Aug 021993
 

Noch mal davongekommen

ABM-Kürzung – wie kommen die freien Träger nun klar?

(noa) Seit Beginn des Jahres haben massive Kürzungen im Bereich der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen etliche Vereine in Schwierigkeiten gebracht. Der GEGENWIND wollte wissen, was für Folgen der ABM-Stopp für die freien Träger hat, und befragte als erstes einen, der – vorerst – noch einmal glimpflich davon gekommen ist.

Beratung, Kommunikation und Arbeit e.V. – auch nach fast zehnjährigem Bestehen dieses Vereins denken viele bei dem Kürzel BKA immer noch an das Bundeskriminalamt. Damit hat BKA nun wirklich nichts gemein.
1984 gegründet, ist BKA inzwischen zu einem beachtlichen Faktor auf dem „zweiten Arbeitsmarkt“ geworden. Am Anfang standen Sprachkurse, berufsbildende Kurse und Existenzgründungskurse für vietnamesische Kontingentflüchtlinge. Wenig später lief die erste Jugendmaßnahme „Arbeit und Lernen“; etwa gleichzeitig wurde der Heinzelmanndienst ins Leben gerufen. Inzwischen unterhält BKA außerdem eine Restaurierungswerkstatt für alte Autos, einen Ökobus und den Recyclinghof, und im Stadtnorden entsteht der Störtebekerpark.

„Hättet ihr uns vor ein paar Wochen angesprochen, hätten wir Alarm gerufen. Über ein Notprogramm haben wir am 1.6. aber doch wieder eine Jugendmaßnahme anfangen können“, sagte uns Ulla Wunderlich, die pädagogische Leiterin von BKA.
In diesen Jugendmaßnahmen werden Jugendliche und junge Erwachsene ohne Ausbildung, die auf dem „ersten Arbeitsmarkt“ noch nicht Fuß fassen konnten, jeweils ein Jahr lang praktisch unterwiesen, sozialpädagogisch betreut und theoretisch unterrichtet, um bessere Chancen auf eine Ausbildungsstelle zu erlangen. Während dieses Jahres bekommen sie Geld vom Arbeitsamt – aus ABM-Mitteln.
Durch den ABM-Stopp war Anfang 1993 diese „Arbeit und Lernen“-Maßnahme stark in Frage gestellt. Ein von der Bundesanstalt für Arbeit und dem Bund gemeinsam aufgelegtes Notprogramm über 2 Mrd. DM rettete zunächst einmal dieses Projekt. Das Geld aus diesem Topf wird nach einer Prioritätenliste (Dauerarbeitsplätze, Jugendliche, Frauen) verteilt, so daß BKA da noch einmal Zugriff hatte. Schlecht sieht es dagegen bei Trägern aus, die keine dieser Zielgruppen aus der Prioritätenliste betreuen – in der Tagespresse gab es in den letzten Monaten immer wieder Berichte von Vereinen, die ihre wichtige soziale Arbeit (wie z.B. Hausaufgabenhilfe) reduzieren oder sogar einstellen mußten.

Die löbliche Zusammenarbeit von Bund und BfA in Form des Notprogramms nützt nicht nur den jugendlichen und erwachsenen Arbeitslosen, die auf diese Weise zumindest ein Jahr lang ein festes Einkommen und möglicherweise anschließend eine Chance auf einen „regulären“ Job haben, sondern ebenso sehr auch den Behörden: In den Werkstätten, Maschinen und Fahrzeugen von Trägem wie BKA stecken auch Mittel aus einem Landesprogramm, in dem wiederum Gelder aus dem EG-Sozialfonds stecken. Und für diese Mittel gilt: Die davon angeschafften Maschinen müssen von der entsprechenden Zielgruppe fünf Jahre lang genutzt werden. Ansonsten müssen sie an die Geldgeber zurückgegeben werden. „Wir müßten dann halt – wie alle anderen vergleichbaren Träger auch – z.B. je einen halben LKW der EG in Brüssel und die andere Hälfte der Oberfinanzdirektion auf den Hof stellen“ ,stellt BKA-Betriebsleiter Enno Ellerbrock in Aussicht.
Ebenso wie „Arbeit und Lernen“ bestehen für die anderen Projekte von BKA Mischfinanzierungen. Die oben erwähnten Landes- und EG-Mittel stecken auch in anderen Tätigkeitsbereichen des Vereins. Der Recyclinghof ist bis Ende 1994 finanziell gesichert, beim Störtebekerpark hat der ABM-Stopp lediglich eine Verzögerung bewirkt, der Ökobus trägt sich mittlerweile selbst.

Schwer getroffen hat die Kürzung der ABM-Mittel jedoch den Heinzelmanndienst, der bedürftigen Personen Hilfe bei der Einrichtung ihrer Wohnung leistet. Sechs Mitarbeiterinnen, deren ABM-Förderung Ende Mai auslief, konnten nicht ersetzt werden, und für die beiden Kolleginnen des Gardinendienstes läuft die AB-Zeit in diesem Monat aus. Um die Leistungen des Heinzelmanndienstes, auf die immer mehr Menschen in unserer Stadt angewiesen sind, weiter anbieten zu können, greift BKA jetzt auf „BSHG 19-Kräfte“ (SozialhilfeempfängerInnen, die vom Sozialamt aufgrund Bundessozialhilfegesetz § 19 zur Arbeit verpflichtet werden) zurück. Der Nachteil dieser Regelung besteht hauptsächlich in der kürzeren Beschäftigungsdauer: Sie bekommen ihre Förderung nur für fünf Monate. Ein Jahr Beschäftigungsdauer mit der Aussicht auf eine Verlängerung um ein weiteres Jahr war in diesem Bereich mit Sicherheit eine bessere Voraussetzung für die MitarbeiterInnen, sich gut einzuarbeiten und motiviert zu sein.
794 Einzelpersonen sind seit Bestehen von BKA „durchgelaufen“ und sind damit jeweils für ein Jahr – in Einzelfällen für zwei Jahre – aus der Arbeitslosenstatistik gefallen. Angaben darüber, wie viele von ihnen danach tatsächlich auf dem „regulären“ Arbeitsmarkt einen Arbeitsplatz gefunden haben, gibt es nicht. Die sechs nicht befristet beschäftigten MitarbeiterInnen haben mit der laufenden Arbeit so viel zu tun, daß entsprechende Recherchen nicht geleistet werden können, und eine Nachbetreuung (die sicher oft notwendig wäre) ist mangels Finanzen nicht durchführbar.

Der Zuschuß, den die Stadt Wilhelmshaven dem Verein gewährt, ist nach Ansicht von BKA jedoch auf jeden Fall gut angelegt: „Rechnet man nur einmal die Einsparungen der Kommune an Sozialhilfemitteln, den Lohnsteueranteil, der der Stadt zufließt, und die Summen, die in die Wilhelmshavener Wirtschaft fließen (1992 über eine halbe Mio. DM) und dort Arbeitsplätze sichern helfen, dann zeigt sich, daß die Stadt kaum etwas Rentierlicheres tun kann, als uns den Zuschuß zu geben. „

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