Möwe auf Kurswechsel?
Nordsee-Benefizkonzert sollte unter neuen Vorzeichen stattfinden – Letzter Sponsor abgesprungen
(iz) Im letzten GEGENWIND berichteten wir unter dem Titel „Möwenschiß “ über die dubiosen Begleitumstände, unter denen ein angebliches Benefizkonzert des „Jonathan Seagull e.V.“ vorbereitet und angekündigt wurde. Die Veranstalter waren über unseren Artikel wenig erfreut. Dabei hatten wir nicht die Idee als solche – Kultur für die Natur – kritisiert, sondern die Fragwürdigkeit der tatsächlichen Zielsetzung und des Erfolgs. Unter äußerlich stark veränderten Rahmenbedingungen wurde das Konzert für Ende Mai fest angekündigt.
Ein Kritikpunkt war, daß „Jonathan“ keinerlei Zusammenarbeit mit renommierten Natur- und Umweltschutzverbänden angestrebt hatte. Zwischenzeitlich wandten sich die Veranstalter an Greenpeace in Hamburg. Am 22.2. erhielt der Verband folgendes Angebot der beteiligten CCM Marketing GmbH aus Harnburg: Greenpeace erhält garantiert 5,- DM pro verkauftem Ticket (bei 20.000 erwarteten Zuschauern pro Tag). Der Überschuß aus allen Einnahmen (Sponsoring, Ticketverkäufe, Standgebühren etc.) geht zu 10% an eine lokale Einrichtung und zu 90% an Greenpeace. Alle Einnahmen fließen auf einem Notarkonto zusammen.
Als Veranstalter tritt nun eigentlich gar nicht mehr „Jonathan“ auf, sondern die R.A.K. Veranstaltungs- und Konzept GmbH – Werbeslogan: „Der Ideenmotor Frieslands“ – unter Federführung von Bernd Ramien. Beauftragter Notar ist Peter Debring, Wilhelmshaven.
Aufgrund verschiedener kritischer Recherchen, darunter auch der GEGENWIND-Artikel, hatte Greenpeace keinerlei Interesse an einer Zusammenarbeit. Erst recht nicht, als Ramien (am 6.3.) vorschlug, die Karten bundesweit über Aral-Tankstellen zu verkaufen. Ein Mineralölkonzern rettet die Nordsee – nicht durch Investitionen für die Schiffssicherheit, sondern durch eine einfache Dienstleistung für engagierte Dritte?!·
Nun lief der Kartenvorverkauf über die Konzertagentur Karsten Jahnke (Harnburg) an. Die eingespielten Gelder sollten in voller Höhe verschiedenen Umweltschutzorganisationen zukommen. Auch Greenpeace wurde wieder als potentieller Empfänger genannt. Die Organisation wird nun ggf. rechtliche Schritte dagegen unternehmen, daß die R.A.K. weiter mit ihrem Namen wirbt.
Das Aufgebot an Stars und Bands, die definitiv zugesagt haben sollen, war von ca. 40 auf 15 und die Dauer des Konzerts von drei auf zwei Tage geschrumpft.
Die erforderlichen behördlichen Genehmigungen lagen vor; auch die Bankbürgschaft von einer Viertelmillion Mark galt als gesichert.
Vermißt wird immer noch ein Konzept zur umwelt- und sozial (= Anwohner-) verträglichen Durchführung einer derartigen Großveranstaltung im beschaulichen Erholungsort Hooksiel und im möglichen Konfliktbereich mit Schutzgebieten des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer.
Nicht berücksichtigt wurde nach wie vor die Terminüberschneidung mit der Nordseeschutzkonferenz der Natur- und Umweltschutzverbände. Am 4.4.95 erschien die Polizei bei dem Redakteur, der im Bremer Blatt einen für die Veranstalter nicht sehr erbaulichen Artikel über „Jonathan Seagull“ geschrieben hatte: nach einem Einbruch ins Jonathan-Büro lag eine Anzeige gegen ihn vor. Die Anschuldigung ist völlig haltlos.
Nach allem hin und her ist nun Anfang April der letzte Sponsor abgesprungen – das Konzert wurde abgeblasen bzw. auf nächstes Jahr vertagt … Guten Flug, Möwe.
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