Alle Jahre wieder
Wilhelmshavener Bekleidungswerke: Entlassungsdrohungen sollen Arbeitsdisziplin verbessern
(noa) Vor einem Jahr berichteten wir über anstehenden Arbeitsplatzabbau bei den Wilhelmshavener Bekleidungswerken (WBW). 20 Stellen sollten eingespart werden, indem ein Teil der Fertigung in einen Betrieb bei Izmir verlagert werden sollte.
Zwar haben die WBW damals die entsprechenden Aufträge tatsächlich vergeben, doch höhere Verkaufsziffern führten dazu, daß in Wilhelmshaven weiterhin im gleichen Umfang produziert werden konnte und Neueinstellungen vorgenommen werden mußten.
Seit einigen Wochen geht nun wieder die Angst um den Arbeitsplatz um. Je nach Quelle der Gerüchte variieren die Zahlen der diesmal vorgesehenen Entlassungen zwischen 100 und 200. Am 24. August trommelte der Betriebsleiter, Herr Oppe, die Belegschaft zusammen und kündigte an, daß 57 Leute gehen müßten. Man werde sich von Mitarbeitern trennen, die häufig krank seien oder schlecht arbeiteten. Am 31. August würden die betreffenden Kollegen Bescheid bekommen.
Als Begründung wurde wieder eine teilweise Verlagerung der Produktion (250 von gegenwärtig 750 Teilen täglich) nach Izmir genannt.
Nach den beängstigenden Gerüchten der voraufgegangenen Wochen diente diese Mitteilung keineswegs der Beruhigung der Beschäftigten. Mitarbeiter rechnen sich aus, daß z.B. von fünf Kollegen, die die gleiche Arbeit machen, einer oder zwei gehen müssen, und zählen nach, wer in letzter Zeit wie oft gefehlt oder einen Fehler gemacht hat. Es ist anzunehmen, dass Herr Oppe genau diese Wirkung erzielen und die Beschäftigten in Angst und Schrecken versetzen wollte.
Offensichtlich hat er sich auf der von ihm veranstalteten Versammlung doch etwas vergaloppiert. Gegenüber der „WZ“ hat der geschäftsführende Gesellschafter der WBW, Markus Peine, die Zahl nach unten korrigiert. Unter dem Titel „BAWI verlagert Arbeitsplätze ins Ausland“ berichtet die „WZ“ am 29. August unter Berufung auf Peine, daß innerhalb des nächsten Jahres 40 bis 50 Arbeitsplätze abgebaut werden sollen.
Nach Einschätzung des Betriebsrates ist es im Augenblick jedoch noch nicht möglich, schon genau abzusehen, wie viele Stellen abgebaut werden. Ende August war die Modemesse in Köln, und die Auswertung ist noch nicht erfolgt. Für die laufende Saison jedenfalls ist der Betrieb noch voll ausgelastet, und einiges deutet darauf hin, daß zumindest ein Teil der auszulagernden 250 Teile durch höhere Verkaufsziffern wettgemacht werden kann.
So ist der Betriebsrat augenblicklich ziemlich ärgerlich auf Oppe. Immerhin entscheidet der Betriebsleiter nicht ganz allein, wer gehen muß. „Hier ist noch nie eine Kündigung ausgesprochen worden, wenn der Betriebsrat nicht zugestimmt hat. Und wir werden nicht zustimmen, wenn ein älterer Kollege, der mal eine Zeitlang Pech gehabt hat und krank war, entlassen werden soll“, so der Betriebsratsvorsitzende Horst Homann.
Vor allem aber bedauert der Betriebsrat, daß die Ankündigungen Oppes ein anderes Thema ganz überlagert haben. Um wenigstens einen Teil der geplanten Entlassungen zu umgehen, setzte sich der Betriebsrat dafür ein, daß Mitarbeiter, die gerne ihre Arbeitszeit reduzieren wollen und das bisher nicht durften, nun die Möglichkeit dazu bekommen. Mehrere Mitarbeiterinnen haben sich schon bereit erklärt, sich an dieser „Aktion der Solidarität“, wie der Betriebsrat es nennt, zu beteiligen. Die Befragungen sind noch nicht abgeschlossen, so daß noch nicht klar ist, wie viele Stellen auf diesem Weg freiwerden.
Einige Mitarbeiter haben nach der Versammlung vom 24.8. ihrerseits auf ihren Arbeitsplatz verzichtet und verhandeln nun um Auflösungsverträge. Die Geschäftsleitung kann froh sein, daß nicht allzu viele Kollegen so auf Oppes Ankündigungen reagieren. „Wenn tatsächlich jetzt 57 Leute weggehen würden, könnten wir den Betrieb dichtmachen“, erklärte Horst Homann. Die Bekleidungsbranche ist ein Termingeschäft. Kein Betrieb kann es sich leisten, Bestellungen des Handels unvollständig oder verspätet zu erledigen.
Wie viele Entlassungen nun aber tatsächlich zu erwarten sind, das war nicht zu erfahren. Mit Sicherheit wird es diejenigen treffen, die erst seit kurzer Zeit bei den WBW arbeiten und noch keinen Kündigungsschutz genießen. „Es könnten 35 werden“, so Horst Homann.
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