Aus der Schule geplaudert
Okt 132010
 

Aus der Schule

Na sowas! Schrieb ich doch im GW 253 an dieser Stelle: „Die BAFöG-Erhöhung fiel dem Sparpaket zum Opfer, bevor ich darüber wettern musste, dass 13 Euro nicht einmal einen Inflationsausgleich darstellen.“ Und nun gibt es die BAFöG-Erhöhung zum 1.10. um durchschnittlich 13 Euro doch. Also gut: 13 Euro sind lächerlich. Sie stellen nicht einmal einen Inflationsausgleich dar!

Uns droht in Niedersachsen mal wieder eine Schulreform. Nachdem während der Ära Busemann eine Reform die andere jagte, hatten wir in der Zeit von Frau Heister-Neumann mal kurz Ruhe. Aber jetzt soll es wieder losgehen: „Minister Althusmann kündigt Schulreform an“, titelte die WZ am 30. August. Auf dem CDU-Landesparteitag hatte es das Thema Schulreform gegeben, und Althusmann „versprach, bis zum Ende dieses Jahres seine Reformpläne auf den Tisch zu legen“, doch „zunächst sollen die Ergebnisse einer Arbeitsgruppe abgewartet werden.“ Während diese Arbeitsgruppe noch tagt, melden sich alle anderen zu Wort. „FDP plädiert für Wahlfreiheit bei Abitur“ (WZ, 15.09.). Die Liberalen haben eine neue Schulform erfunden, die „Niedersachsen-Schule“. Alle bestehenden Schulen sollen nach ihren Vorstellungen erhalten bleiben, doch Neugründungen sollen ausschließlich Gymnasien oder Niedersachsen-Schulen sein. Und was soll das sein? „Haupt-, Real- und Gesamtschule unter einem Dach“ mit „Einteilung der Schüler in drei Bildungsniveaus“ und der Möglichkeit des Abiturs nach 12 oder nach 13 Jahren. Aha. Also weiter das dreigliedrige Modell, aber eben unter einem Dach.
Gegen eine Zwangsabschulung schon nach der 5. Klasse, wie CDU und FDP sie planen, wehren sich die GRÜNEN, deren Landtagsabgeordnete zu Gast bei der IGS Wilhelmshaven waren und sich anhand der Zahlen überzeugen konnten, dass die Schullaufbahnempfehlungen der Grundschulen als Prognose nix taugen: 39 % der AbsolventInnen der 10. Klasse hatten einen höheren Abschluss erreicht, als nach ihrer Schullaufbahnempfehlung zu erwarten gewesen wäre – ein deutliches Signal sowohl gegen die frühe Selektion nach der 4. Klasse, die wir Busemann verdanken, wie auch gegen starre Einhaltung der Empfehlungen.
Und für eine Reform der Gymnasien sind die GRÜNEN auch: Kein Sitzenbleiben, keine Abschulung, mehr individuelle Förderung – und dass sie sich überhaupt darauf einlassen, über die Gymnasien nachzudenken, statt konsequent weiter die Gesamtschule zu fordern, begründet ihre schulpolitische Sprecherin Ina Korter damit, dass es dafür zurzeit keine Mehrheit gibt. Naja.
Also, der Kultusminister will erst sagen, wie seine Schulreform aussieht, wenn die Arbeitsgruppe fertig ist, aber einiges hat er doch schon gesagt. Dass der Schul-TÜV ausgedient hat zum Beispiel, und dass die Zukunft des Schulwesens im Ganztagsbetrieb liegt. Hat er auf einer Schulleiter-Tagung gesagt. (WZ, 30.09.)
Die „Verbände wollen Schulfrieden“ (WZ, 01.10.), das hat sich auf einer Besprechung herausgestellt, zu der der Landeselternrat eingeladen hatte. Worauf man sich da geeinigt hat, wird aber – wetten? – nicht vereinbar sein mit dem, was der Kultusminister „noch in diesem Jahr“ sagen wird. Der Elternwille soll nicht angetastet werden, die Hürden für die Gründung von Gesamtschulen sollen gesenkt werden, nee, das ist nichts für die CDU. Und ganz deutlich sagt der Landeselternrat, dass das zurzeit geltende niedersächsische Schulgesetz „nicht den Ansprüchen auf ein zukunftsfähiges Bildungsangebot“ entspricht. Das wird nicht friedlich abgehen. Das kündigt auch McAllister an, der die Schulreform vorantreibt (WZ, 06.10) und seine Kompromisslosigkeit in Sachen Gymnasien bekennt, was SPD-Schostok dazu veranlasste, dem Ministerpräsidenten ins Gesicht zu sagen: „Sie wollen gar keinen Schulfrieden.“ Nun warten wir einfach bis Anfang November, dann werden CDU/FDP uns verraten, wie sie die Schulstruktur im Land verändern wollen.
Währenddessen in Wilhelmshaven: „Beispiel zeigt, was sein muss“ (WZ, 15.09.) – die Hafen- und die Nogatschule führen sogenannte Integrationsklassen, in denen Kinder mit und ohne Behinderungen gemeinsam unterrichtet werden. „Inzwischen geht die pädagogische und schulpolitische Diskussion weiter. ‚Inklusion’ heißt die neue Zielvorstellung. (…) die ‚inklusive Schule’ (will) keine Unterscheidungen mehr machen.. Sie soll eine Schule für alle sein, mit uneingeschränktem Zugang und unbedingter Zugehörigkeit.“ Kinder mit Behinderungen gehören zu ihren AltersgenossInnen in Regelschulen und sollen nicht in Sonderschulen zusammengefasst werden.
Über eine Wilhelmshavener Sonderschule (pardon, das heißt ja jetzt „Förderzentrum“) berichteten wir in der letzten Ausgabe. Die Wasserturmschule ist renoviert worden, und kaum waren die Kinder nach einem Jahr Auslagerung zurück in ihrem Schulgebäude, erfuhren sie, dass dieses 2014 zu einem Grundschulzentrum werden soll. „Am 17. September will die Wasserturmschule die Renovierung feiern. Einigen Eltern, Lehrkräften und SchülerInnen ist nun überhaupt nicht mehr nach Feiern zumute. Sie wollen den Anlass zu einer Protestveranstaltung umfunktionieren“, hieß es an dieser Stelle in der Ausgabe 253. Entgegen dem Geunke einiger Lehrkräfte („Das schafft ihr ja doch nicht“) haben die SchülerInnen tatsächlich die Feier zum Protest genutzt. Durchgängiges Thema im selbst geschriebenen Theaterstück war die „rosarote Brille“, die auch OB Menzel mit seiner Rede den SchülerInnen aufzusetzen versuchte. „Es ist ja noch gar nicht beschlossen, dass das Grundschulzentrum hier eingerichtet werden soll“, sagte er u.a. Da war es ganz passend, dass ihm – als Teil des Theaterstückes – die 277 in kürzester Zeit gesammelten Unterschriften für den Verbleib des Förderzentrums in diesem Gebäude überreicht wurden.
Da die Aula am 17.09. noch nicht genutzt werden konnte, fand die Feierlichkeit in der Sporthalle statt, und diese war mit Transparenten verziert, auf der die Forderung der SchülerInnen, in diesem Gebäude zu bleiben, dargeboten wurde. Auch der Rap mit dem Titel „Monster“ hatte diese Forderung zum Inhalt.
Der Schulleiter verwies in seiner Ansprache auf die Zusammenarbeit der Wasserturmschule mit dem Bauverein Rüstringen in der Betreuung von auf Siebethsburg wohnenden älteren Mitmenschen – das geht von diesem Standort aus ganz gut, wäre aber z.B. von der ehemaligen Hauptschule Heppens aus kaum mehr möglich.
Dass auch Förderschüler und Förderschülerinnen eine schöne Schule verdient haben, war Tendenz des Flugblattes, das die Kinder nicht verteilen durften und das deswegen eben eine Mutter verteilte.
Sonderschulen sollten nicht sein, da haben Hafen- und Nogatschule Recht. Kinder mit Behinderungen gehören in Regelschulen. Doch solange es Sonderschulen gibt, müssen die bestmöglich ausgestattet sein.

Anette Nowak

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