Aufbau Ost
Feb 071996
 

Von einem, der auszog...

Wie unser ehemaliger Stadtbaurat Prottengeier Magdeburg „verschönte“.

(ef) Epochales hat der ehemalige Stadtbaurat Heinz Karl Prottengeier in seiner Wilhelmshavener Amtszeit nicht für die Jadestadt errichtet. Und so richtig bekannt wurde er eigentlich erst in seiner Dezernenten-Endzeit, als er – gemeinsam mit seiner etwas naßforschen. Ehefrau – den Ausbau der Berliner Straße als Umgehungsstraße erfolgreich verhinderte. Als damals die Stadtkasse noch prall gefüllt war und man locker diese Baumaßnahme hätte durchführen können, wurden entsprechende Planungen immer wieder hinausgezögert. Damals kam das Gerücht auf, „Protti“ wolle den Ausbau nur verhindern, weil dann die sicher vielbefahrene Straße just an seinem Häuschen am Ricarda-Huch-Weg vorbeiführen würde. Und als später dieser Straßenausbau immer dringlicher gefordert wurde, sich aus Anliegern der verkehrlich arg strapazierten Freiligrathstraße eine Bürgerinitiative „Berliner Straße“ gründete, stellte sich seine Ehefrau an die Spitze einer Aktion gegen den Ausbau. Und sie hatte einen guten Verbündeten: den unterdes eingetretenen Mangel an „städtischem Kies“ für Steine und Beton.

So blieb diese so wichtige Verbindung zwischen Friedenstraße und Sebastian-Bach-Straße unausgebaut.
Nach der Wende zog es ihn, da seine Wiederwahl als Baudezernent kaum zu befürchten war, in die Neuen Länder, und seine SPD-Genossen vermittelten ihm den Job als Baudezernent der Stadt Magdeburg. Dort – so äußerte er sich stolz im Gespräch mit der Wochenzeitung F.F.: „Ich krempelte die Ärmel hoch. Alles, was die Stadt attraktiver macht, war wichtig“ . Besonders attraktiv und wichtig schien ihm als erstes die Magdeburger Hegelstraße zu sein. Die hatte Honni zwar 1987 unter Denkmalsschutz gestellt, aber Geld nicht bereitgestellt.

Da kam Heinz-Karl!

Reiner Zufall sicherlich auch, daß H.K. Prottengeier in dieser Straße Quartier bezog und gleich zwei weitere Wohnungen im Haus ankaufte.
Da die Gelder aus dem goldenen Westen so überreichlich flossen, fuhr er in echt auf Pomp und Pracht ab. So berichtete die Wochenzeitung, daß u.a. 3.000 Quadratmeter altes Kopfsteinpflaster aus der Bitumendecke ausgebuddelt, poliert und Stück für Stück wieder neu eingesetzt wurden. Für den Radweg wurde kleines Mosaikpflaster ausgewählt und in liebevoller Handarbeit in die Erde gebracht. Für die Bordkanten orderte er roten Marmor, wesentlich teurer als der ohnehin schon teure grau-weiße italienische Marmor. Und da die Straße zur Allee aufgemotzt werden sollte, bestellte er 83 Lederhülsenbäume, die pro Stück läppische 3.520 DM kosteten. Blieb dann nur noch eine entsprechende Beleuchtung dieser neuerstandenen Prachtstraße. Da hatte doch unser ehemalige Baurat mal herrliche Kandelaber in Berlin-Charlottenburg zu Gesicht bekommen. So ließ er 53 dieser Beleuchtungskörper einfach kopieren und zum Stückpreis von 16.000 DM dort einpflanzen. Insgesamtkosten der Avenue: 10 Millionen Mark. Nebenbei gesagt; die von ihm initiierte Renovierung des Theaters wird nach Expertenschätzung über 120 Millionen Mark an Steuergeldern kosten.
Doch Undank ist der Welt Lohn. Das, was Prottengeier für eine einmalige Leistung hielt, nannte der Bund der Steuerzahler schlicht „Kommunaler Größenwahn, verbunden mit gigantischer Steuergeldverschwendung“. So wurde er, weil er allzu großzügig mit Steuergeldern umging, vorzeitig aus seinem Amt abgewählt. Seine Erkenntnis: „Ich war zu gut für diese Stadt, das wußten alle.“ Und noch etwas verriet er stolz dem Reporter Dr. Thomas Schneider von F.F.: „Ich hatte einen Stab, der sich nur mit dem Abzapfen von öffentlichen Geldern befaßte. Darin waren wir bundesweit Meister.“
Und solch einen genialen Steuergeld-Abzapfer hat Wilhelmshaven damals einfach so ziehen lassen. Hatte man sein Talent dafür nicht rechtzeitig erkannt? Hätte er die Finanzmisere unser Stadt durch Einsatz seiner Fähigkeiten verhindern können? Saß er im Bauamt gar am falschen Platz? Hätte man ihn damals nicht zum Kämmerer küren müssen? Fragen bleiben offen.
Doch eines ist gewiß: Wäre er jetzt wieder hier tätig, GEW-Chef Grom hätte Geld gespart. Den Fraktionsvorsitzenden der SPD, Udo Bergner, hätte er nicht zu bitten brauchen, sich einmal auf GEW-Kosten in Berlin nach exquisiten Lampen für den Bahnhofskoloß und Valoisstraße umzuschauen. Kandelaber-Modelle a la Charlottenburg hätte „Protti“ sicher in seinem Umzugsgepäck gehabt.
PS: Die Kosten für die 750 Meter lange Magdeburger Hegelstraße sind unterdessen wesentlich höher, als der Ausbau der Wilhelmshavener Berliner Straße als Stadtautobahnstrecke gekostet hätte.

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