Atom-U-Boot
Dez. 011995
 

Atomare Bedrohung

Nuklear betriebenes U-Boot zu Gast in Wilhelmshaven

(ft) Nuklear angetriebene Schiffe (die auch Atomwaffen an‘ Bord haben können) stellen auf See und in den Häfen ein Risiko dar. Jederzeit kann es zu atomaren Katastrophen bis hin zur Kernschmelze kommen. Auch durch äußere Einflüsse (Havarien) kann der Kernreaktor beschädigt werden. Liegt ein solches Schiff im Hafen, wird bei einem Unfall nicht nur das Meer verseucht, sondern es besteht auch eine akute Gefährdung der Menschen in der zum Hafen gehörenden Stadt. Aufgabe der Regierenden einer Hafenstadt sollte es sein, das Einlaufen solcher Schiffe zu unterbinden, zumindest jedoch muß die Bevölkerung von der potentiellen Gefahr wissen.

Am 6. November 1995 besuchte das amerikanische U-Boot „USS Jacksonville“ für fünf Tage Wilhelmshaven. Es machte im Hafen der Bundesmarine fest. Die „Jacksonville“ wird mit Atomreaktoren angetrieben. Das U-Boot kann mit atomaren Mittelstreckenraketen und atomar bestückten Marschflugkörpern ausgerüstet werden. Wann und wieviel Atombomben an Bord sind, ist nicht bekannt.

Super Gau

Jedes Schiff lebt mit der Gefahr, in eine Havarie oder Kollision verwickelt zu werden. Bei einem U-Boot, in dessen Rumpf auf engstem Raum ein komplettes Atomkraftwerk mit extrem hochangereicherten Uranbrennstoff eingebaut ist, kann schon ein kleiner Unfall zur Katastrophe führen. Seit 1954 hat es weltweit mehr als 700 Unfälle auf atombetriebenen Schiffen und U-Booten gegeben. Auch in Häfen!
Mindestens zwei amerikanische und drei sowjetische U-Boote sind in den zurückliegenden Jahrzehnten gesunken und verseuchen mit ihrer nuklearen Fracht das Meer.
Eine nukleare Verseuchung Wilhelmshavens und Umgebung a la Tschernobyl wäre die Folge eines Unfalls in unserem Hafen gewesen. Die Bevölkerung wurde über diese Gefahr nicht aufgeklärt. In der „Wilhelmshavener Zeitung“ wurde der Besuch der „Jacksonville“ zwar angekündigt, aber von „Atom“ war kein Wort zu lesen.U_Boot

Greenpeace-Protest

Greenpeace wußte vom Besuch der „tickenden Zeit-Atom-Bombe“ und informierte die Wilhelmshavener Bevölkerung. In der Nacht vor dem Besuch wurden „Warnhinweise“ in der Stadt plakatiert.

Protestnote

Greenpeace begleitete mit ihrem Aktions- und Ausstellungsschiff „Beluga“ die Jacksonville in den Hafen. Von einer direkten Aktion gegen das U-Boot wurde abgesehen, um keine Gefahrensituation herbeizuführen. Stattdessen wurde gegen die Anwesenheit nuklear angetriebener U-Boote in deutschen Häfen demonstriert. Dem Kommandanten der „Jacksonville“ wurde eine Protestnote für das „Verbot von Atomreaktoren auf See“ übergeben: „Ihrer militärischen Funktion im Sinne der nuklearen Abschreckung beraubt, sind die nuklear angetriebenen Kriegsschiffe außerdem kostspielig und ihr Betrieb erzeugt langlebigen, hochradioaktiven Abfall. Wie die Unfallstatistiken beweisen, ist die Gefahr, daß die Schiffreaktoren auf dem Meeresgrund landen, groß“, heißt es in der Protestnote, die sich gegen alle heute operierenden knapp 300 Schiffe (mit ca. 450 Reaktoren) richtet.

Ratsbeschluß

Seit 1983 existiert ein Ratsbeschluß der Stadt Wilhelmshaven, der nuklear angetriebene Schiffe und Massenvernichtungswaffen an Bord im Wilhelmshavener Hafen verbietet. Maßgeblich beteiligt an dem Beschluß war die SPD, unter anderem Oberbürgermeister Menzel, der die Jacksonville voller Begeisterung besichtigte und herzlich willkommen hieß. Zum krönenden Abschluß rüstete er das Atom-U-Boot auch noch mit einer weiteren Waffe auf: einem Wilhelmshaven-Video.
„Ich würde gern mal wiederkommen, vielleicht klappt es ja“, so John Yarbro, Commander der „USS Jacksonville“, gegenüber der „WZ“. Herzlich Willkommen, Herr Yarbro, aber bitte ohne Atomreaktor.

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