Arbeitsloseninitiative
Jun 302005
 

Dreierlei

WASG, Tauschring und Arbeitsgruppen bei der ALI

(noa) Die ALI-Monatsversammlung am 14. Juni war anders als die vorangegangenen: Nicht ein einzelner Referent bestritt die vollen zwei Stunden, sondern drei ganz unterschiedliche Themen lagen an. Und: Es gab keine Empörung, Unruhe oder Zorn, sondern jede Menge Information.

Die WASG

Werner Dalichow stellte der Versammlung die Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit vor. „Das verletzt nicht die parteipolitische Neutralität der ALI, wir hatten ja auch schon andere Parteipolitiker hier“, versicherte Günther Kraemmer vorweg. „Wir sind keine Politprofis, sondern die meisten von uns sind aus dem normalen Volk“, leitete Dalichow seinen Beitrag ein. Nicht nur im tags zuvor gegründeten Kreisverband der neuen Partei, sondern auch im Bundesvorstand sind unter anderen Leuten auch Arbeitslosengeld II-Empfänger. Nicht nur das ist anders als in anderen Parteien. Anders und besonders ist auch die Tatsache, dass die WASG bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen aus dem Stand 2,2 % der abgegeben Stimmen bekommen hat – natürlich längst nicht genug für einen Einzug ins Landesparlament, aber doch beachtlich für eine Partei, die es gerade mal ein paar Monate gibt und deren Existenz von den Medien weitgehend verschwiegen wurde.
Die Abschaffung von Hartz IV ist eine Grundforderung der WASG, „aber das reicht nicht“, so Dalichow. Es sei nötig, Fragen zu stellen, und zwar im Parlament zu stellen, dafür zu sorgen, dass diese Fragen öffentlich gestellt und diskutiert werden. Z.B.: 1997 hat die deutsche Wirtschaft 57 Milliarden Euro ins Ausland transferiert, 2002 waren es schon 251 Milliarden, die deutsche Unternehmen außerhalb Deutschlands investiert haben – wie kann es da angehen, dass die Unternehmer klagen, hierzulande ginge es ihnen so schlecht?
Oder: „Vor drei Wochen hätte ein Sozialdemokrat, der höhere Löhne gefordert hätte, ein Ausschlussverfahren riskiert – jetzt, da sich ein Bündnis links von der SPD abzeichnet, das tatsächlich Chancen auf den Einzug in den Bundestag hat, fordert Clement höhere Löhne.“
Ein fertiges Programm hat die WASG noch nicht, konnte man doch bis zum 22. Mai noch davon ausgehen, reichlich Zeit für die Ausarbeitung des Programms zu haben. Als eine Sammelbewegung hat WASG unterschiedliche Strömungen, und im „Programm“ sind die unterschiedlichen Positionen dargestellt.
Die Ankündigung eines Linksbündnisses zwischen PDS und WASG mit Gregor Gysi und Oskar Lafontaine als Spitzenkandidaten hat nicht nur die SPD, sondern auch die Medien aufgescheucht. Da heißt die PDS auf einmal wieder „SED-Nachfolgeorganisation“, und es wird angedeutet, dass Lafontaine (und mit ihm die WASG) sich der PDS gewissermaßen in die Arme wirft (oder von ihr geschluckt wird, je nachdem). Dazu Werner Dalichow: „Wir sind keine PDSler, sonst hätten wir keine neue Partei gegründet, sondern wären der PDS beigetreten.“ Aber, um die historische Chance auf einen Einzug in den Bundestag zu nutzen, wäre es wenig sinnvoll, strikt getrennt zu bleiben. „Wir dürfen nicht in Schönheit sterben mit je 4,9 %“, so Dalichow.

Der Tauschring

„Hartz IV und Arbeitslosengeld II sind nun Realität, und wir müssen zusehen, wie wir mit dem wenigen Geld auskommen, das wir jetzt nur noch haben“, so kündigte Günther Kraemmer den zweiten Teil der Versammlung an. Und da könnte es schon sehr hilfreich sein, ohne Geld an Sachen und Dienstleistungen zu kommen, die man sich sonst nicht mehr leisten kann. Der Tauschring hat sich vor einiger Zeit schon mal in der Arbeitsloseninitiative vorgestellt, kam aber gerne noch einmal.
„Ohne Moos nix los“, sagt der Volksmund. Ganz im Gegenteil: „Ohne Moos geht’s los“, sagt der Tauschring. Edelmut Voßkamp und Wolfgang Albrecht erläuterten, wie es funktioniert.
Es geht nach dem Prinzip der Nachbarschaftshilfe, doch es reicht darüber hinaus. Also: Nicht nur: Du putzt meine Fenster, und ich stricke dir Socken, sondern vielleicht: Ich grabe deinen Garten um, du passt auf Margas Kinder auf, und Marga backt eine tolle Torte für mich.
Um in einem solchen erweiterten Rahmen Tätigkeiten zu tauschen, braucht man eine Währung, aber das braucht kein Geld zu sein. Beim Tauschring Wilhelmshaven heißt diese Währung „Schlicktau“, und es gilt: Ein Schlicktau entspricht 10 Minuten.
Während man die gegenseitige Unterstützung zweier Personen noch mit mündlicher Absprache regeln kann, bedarf ein Tauschsystem mit mehr Leuten einer Art Buchführung. Die funktioniert im Tauschring mit einem Heft, in dem der Empfänger einer Leistung demjenigen, der sie erbracht hat, „den Empfang quittiert“. Also: Du hast bei mir zwei Stunden geputzt, deshalb trage ich in dein Heft 12 Schlicktau ein.
Edelmut hat mit ihrem Mann einen Urlaub auf Wangerooge gemacht und dafür keinen Cent bezahlt, denn die Besitzerin der Ferienwohnung ist im Tauschring. Nur die Überfahrt hat Geld gekostet, „weil der Käpt’n noch nicht im Tauschring ist“.
„Jeder kann etwas tun!“, entgegnete Wolfgang einer Fragerin aus der Versammlung, die sich darum sorgte, dass z.B. eine alte Dame, die Hilfe beim Anbringen einer Lampe in Anspruch nimmt, vielleicht keine Gegenleistung erbringen könnte. Und: „Die Leute entwickeln sich da auch.“ So manch eine oder einer, die/der lange mit allem allein war, entdeckt im Tauschring so nach und nach eigene Fähigkeiten und Neigungen, die sie/er einbringen kann.
Der Tauschring Wilhelmshaven reicht bis nach Jever, Schortens und Wittmund. Aber auch ein Tausch über größere Entfernungen ist möglich, da die über 300 Tauschringe in Deutschland alle in Kontakt zueinander stehen und sich austauschen.
So ganz ohne Geld geht es allerdings auch im Tauschring nicht zu. Die Mitgliedschaft kostet 10 Euro, die allerdings erst nach 6 Monaten fällig werden, und das Heft für die Erfassung der erarbeiteten Schlicktaus kostet einen Euro, „weil die Druckerei noch nicht im Tauschring ist“. Der persönliche Kontakt der Tauschring-Mitglieder wird gefördert durch das Treffen am 1. Mittwoch des Monats um 20 Uhr im Stadtteilhaus F’Groden (Posener Straße 97). Das nächste Treffen wird am 6. Juli sein.

Arbeitsgruppen der ALI

Vielen Mitgliedern der ALI reicht es nicht, einmal im Monat zwei Stunden lang einem Vortrag zu lauschen. Sie wollen mehr tun. Andererseits hat der Vorstand recht viel zu tun. Allein schon die Montagsdemonstrationen zu organisieren und vorzubereiten macht schon einiges an Arbeit. Anders als in anderen Städten haben die Arbeitslosen und anderen Agenda 2010-Gegner in Wilhelmshaven die Demos nämlich nicht zum Jahreswechsel eingestellt, und nach wie vor treffen sich jeden Montag 40 bis 50 Menschen auf der Rambla.
Dem Vorschlag des Vorstandes folgend trugen sich diejenigen, die gern mehr tun wollen als nur die Monatsversammlungen zu besuchen, in die Listen ein, um (zunächst einmal) folgende Arbeitsgruppen personell zu bestücken:

  • Demo-Vorbereitung (Ansprechpartner: Günther Kraemmer)
  • Transparente, Flugblätter usw. (Ansprechpartnerin: Doro Jürgensen)
  • Infostände: (Ansprechpartner: Dirk-Agge Bothe)
  • Pressearbeit: (Ansprechpartner: Johann Wilms)
  • Mitgliedergewinnung (Ansprechpartner: Hans-Günter Osterkamp)

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