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Sep 231991
 

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Warum ich grün wählte

Marianne Fröhling, Spitzenkandidatin im Wahlbereich V, kam erst im April 91 zu den GRÜNEN, nachdem sie vorher viele Jahre in der SPD aktiv war, unter anderem im Unterbezirks-Vorstand. Über die Umstände ihres Wechsels führten wir das folgende Gespräch:

B.R.: Marianne, Du bist unter ziemlich spektakulären Umständen zu den Grünen gekommen. Was hat Dich zu diesem Schritt bewogen?
M.Fröhling: Wenn ich zurückdenke, kommt mir der Wechsel zu den Grünen eigentlich schon sehr lange vor. Wahrscheinlich war ich dem Programm der Grünen schon näher, als ich es selbst bemerkt habe. Zu den teilweise häßlichen Einzelheiten meines Ausscheidens aus der SPD möchte ich mich nicht mehr äußern, zumal dies im Gegenwind Nr. 99 schon ziemlich genau beschrieben war. Ich hatte einfach erwartet, daß unter Genossen gewisse Spielregeln eingehalten werden. Wenn unterschiedliche Positionen in einer Partei mit juristischem Beistand angefochten werden, denke ich, ist die Schmerzgrenze erreicht und das war bei mir so.

B.R.: Besteht denn noch Kontakt zu den Genossen und Genossinnen und was sagen die zu Deinem Übertritt zu den Grünen?
M.Fröhling: Natürlich habe ich noch Kontakt zu den Genossen und Genossinnen. Bis auf einige wenige, die meinen Schritt wohl als persönlichen Affront betrachten. Dazu gehört auch der Oberbürgermeister unserer Stadt. Zur zweiten Frage: Es kennen mich viele Menschen in Wilhelmshaven, schon allein aufgrund meiner beruflichen und politischen Arbeit. Nachdem ich sie über die Hintergründe meines Wechsels aufgeklärt habe, zeigen fast alle sehr viel Verständnis für meinen Schritt.

B.R.: Fühlst Du Dich nun besser verstanden von den Grünen?
M.Fröhling: Ob Du es glaubst oder nicht. Ich fühle mich ausgesprochen wohl im Kreise der Grünen. Die beiden Ratsherren Werner Biehl und Gerd Kläne sowie der gesamte Kreisvorstand haben mir sehr geholfen, so daß ich meinen Schritt bisher nicht bereut habe. Vor allem der partnerschaftliche Umgang miteinander ist sehr wohltuend.

B.R.: Du kandidierst für die Grünen im Wahlbereich V (Neuengroden, Altengroden, Rüstersiel und Voslapp). Man müßte doch eigentlich annehmen, daß Du genug von der politischen Arbeit hast.
M.Fröhling: Das haben mich verständlicherweise schon viele gefragt und auch gemeint, dass ich nur zu den Grünen gegangen bin, weil ich in den Rat der Stadt möchte und dieses in der SPD nicht geschafft habe. Solche Aussagen sind ganz natürlich, und ich persönlich würde sicher nichts anderes dahinter vermuten.
Ein Fünkchen Wahrheit steckt sogar dahinter und das muß ich so erklären: Ich arbeite in einem Verband, der es tagtäglich mit Hilfesuchenden zu tun hat. Sei es in sozialen, sei es in Rentenfragen. Dort erfahre ich aber auch tagtäglich von den persönlichen Problemen des alltäglichen Lebens in Wilhelmshaven. Um – gerade was Sozialpolitik in Wilhelmshaven angeht – wirklich helfen zu können, war und ist es mein Wunsch, nicht nur beratend, sondern mit meinem Stimmrecht etwas bewirken zu können. Dieser Wunsch hatte mich dazu bewogen, mich um ein SPD-Ratsmandat zu bemühen. Dieses mißfiel aber einem SPD-Ratsherrn in Rüstersiel und seinem Parteianhang so sehr, daß es zu den eingangs erwähnten Machenschaften kam.
Die Grünen haben mir angeboten, auf einem Spitzenplatz für ihre Partei zu kandidieren und ich habe dieses Angebot angenommen.

B.R.: Dein Ehemann und Deine Tochter waren auch in der SPD und sind ausgetreten. Was sagen die beiden zu Deinem Wechsel?
M.Fröhling: Unsere Tochter war eine zeitlang Juso-Vorsitzende, mein Mann eher passives Mitglied in der SPD. Nach den Vorkommnissen um meine Person sahen beide keine vernünftige Grundlage mehr dort zu bleiben. Beide haben mich auf eventuell auftretende Schwierigkeiten hingewiesen, aber meinen Schritt befürwortet.

B.R.: Glaubst Du, daß Du mit den Grünen mehr bewegen kannst?
M.Fröhling: Ob die Grünen mehr bewegen können ist wohl eine Frage der Mehrheiten im Rat der Stadt. Die Grünen haben viele gute Ideen, welche auch realisierbar wären.
B.R.: An was denkst Du speziell?
M.Fröhling: Das Motto des Wahlprogramms für die Grünen ist: „Jede Krise bedeutet Chance, Chance für Veränderung und Neubeginn. Da muß man ansetzen und umdenken. Ein konkretes Beispiel ist das Modell „Integriertes Wohnen für jung und alt im ehemaligen Hochschuldorf Rüstersiel“. Wenn es tatsächlich die versprochenen Rabatte für Liegenschaften der Bundesmarine zur Nutzung für soziale Zwecke gibt, außerdem entsprechende Zuschüsse vom Bund und Land für die Bauten, sollte die Stadt Wilhelmshaven jede nur erdenkliche Chance nutzen, um an solche Gelder zu kommen.

B.R.: Wie denkst Du über die Stadtsanierung?
M.Fröhling: Innenstadtsanierung ist für die Innenstadt schon sehr wichtig. Vor allem, wenn die Gelder von der Landesregierung für solche Vorhaben weiter fließen sollen. Nur sollte die Großmannssucht hier den normalen Anforderungen und Bedürfnissen weichen.
B.R.: Kannst Du das konkreter sagen?
M.Fröhling: Also wenn ich an die leidliche Diskussion um die Glasgalerien in der Grenzstraße denke, fällt mir nichts mehr ein. Welle ja, Welle nein!
Die Grünen haben sich für eine Glasgalerie an den Häusern und eine Baumallee in der Mitte ausgesprochen. Dies wäre preiswerter und ausdrucksvoller gewesen. SPD und CDU haben mit ihrer Mehrheit den teuersten, häßlichsten und nutzlosesten Vorschlag durchgesetzt. Eine Glasgalerie in der Mitte der Grenzstraße, die von Spaßvögeln dann auch sofort „Bahnsteig Grenzstraße“ getauft wurde.

B.R.: Die CDU beschwört gern das Gespenst eines Rot-Grünen Bündnisses in Wilhelmshaven. Tatsächlich gibt es meist ein Rot-Schwarzes Zusammenspiel. Die berüchtigte „Wilhelmshaven-Fraktion“.
M.Fröhling: Durch die konservative Haltung der Wilhelmshavener SPD funktioniert die „Wilhelmshaven-Fraktion“ oft sehr reibungslos. Die noch größere Gefahr sehr ich aber darin, daß die SPD eine absolute Mehrheit gewinnen könnte. Es kann niemals gut sein, wenn eine einzige Partei das Sagen hat. Die Vergangenheit hat bewiesen, dass Alleinherrschaft immer schädlich ist. Es müssen Politikerinnen und Politiker, aber auch die Bevölkerung (hier denke ich an Bürgerinitiativen) zur Stelle sein, die diesen Herrschaften zu gegebener Zeit auf die Finger klopfen und sie auf den Boden der Tatsachen zurückführen.


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