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Okt 081990
 

Von der Speerspitze
zum Schwanzende?

Selten haben sich die selbsternannten Umweltschützer aus Wilhelmshavens CDUSPDVERWALTUNGWZ so gründlich enttarnt, wie bei der Mobil-Wiedereröffnung. Behaupteten sie früher noch, Wilhelmshaven sei die Speerspitze im Umweltschutz, so fragte jetzt niemand mehr nach Schadstoffen. Wie ist der gefundene Kompromiß zu beurteilen?Die im September 1979 in Betrieb genommene Mobil-Oil-Raffinerie ist gesetzlich inzwischen eine Altanlage (noch nicht mit Altlast verwechseln). Bei der Beurteilung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) ist wichtig, ob die Anlage größer als 300 MW ist. Für Mobil sieht die Rechnung folgendermaßen aus:

„Kraftwerk“ (=Ostschornstein):               165 MW
„Prozeßfeuerung“ (=Westschornstein):    170 MW
ab 4/93 : +Gasfeuerung:                     +200 MW

Es ist also zunächst zu klären, ob beide Schornsteine eine Anlage bilden. Das Gesetz sagt: „Die … Voraussetzungen liegen auch vor, … wenn die Anlagen … auf demselben Betriebsgelände stehen ….“ (4 BImSchV, §1). Trotz dieser klaren Rechtslage wurden die unmittelbar nebeneinander stehenden Schornsteine von der Albrecht-Regierung als zwei Anlagen angesehen. Für die Grenzwerte hat das folgende Konsequenzen:

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Aber Bulk Oil oder Beta Oil oder wie die Briefkastenfirma immer heißen wird, möchte den Einbau einer Rauchgasentschwefelungsanlage unbedingt vermeiden und hat ein Gegenangebot gemacht. Auf der Grundlage zahlreicher falscher Annahmen berechneten sie, daß sie·bis 1996 Insgesamt 19.400 t SOx ausstoßen dürfen. Diese Zahl ist aus mindestens 4 Gründen frei erfunden:

  1. Die Schornsteine bilden eine Anlage.
  2. Die Rechnung stützt sich auf eine Ausnahmegenehmigung, die von der Albrecht-Regierung während der Stillegung gegeben wurde und damit rechtlich unhaltbar Ist.
  3. In dieser Ausnahmegenehmigung finden sich Auflagen, die nicht beachtet werden.
  4. Die Rechnung beruht auf einer Anlagenauslastung, die heute niemand für 6 Jahre garantieren kann.

Ausgehend von der frei erfundenen 6-Jahres-Emission bot der Erwerber einen Stufenplan an, der die „Verminderung“ der Emission beinhaltete. Noch nach 1996 (!) sollten 850 mg/m3 emittiert werden, mehr als das Doppelte des heute zugelassenen Wertes.

Der Erwerber machte dabei geltend, daß Ausnahmeregelungen gesetzlich möglich sind und daß alle deutschen Raffinerien Ausnahmeregelungen hätten. Ausnahmen können aber nur unter 3 Bedingungen gegeben werden: „… soweit … erstens einzelne Anforderungen … nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand erfüllbar sind, zweitens … die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen angewandt wurden und drittens die Schornsteinhöhe … (geeignet) … angelegt ist …“ (13. BImSchV, §33). Nach gültiger Rechtsprechung hat der Antragsteller nachzuweisen, daß alle 3 Bedingungen erfüllt sind. Dies ist jedoch bisher für keine Bedingung auch nur versucht worden.

Die Behauptung, andere deutsche Raffinerien hätten Ausnahmegenehmigungen, ist nicht geeignet, eine Rechtsbeugung auch der niedersächsischen Landesregierung zu rechtfertigen. Auch ist sie in der vorgebrachten pauschalen Form unwahr. Zwar trifft es leider zu , daß keine der 15 deutschen Raffinerien Geist und Buchstaben der gültigen Umweltgesetze vollständig erfüllt. Es kann aber nicht Ziel einer Landesregierung sein, die jeweils schlimmsten Übertretungen aus allen Bundesländern auf Wilhelmshaven anzuwenden und bis ins 21. Jahrhundert festzuschreiben.

Gemessen an der Rechtslage kann der gefundene Kompromiß wenig Begeisterung erzeugen. Zwar konnten die vom Käufer gewünschten Emissionen etwa noch halbiert werden, aber selbst der nach 1996 geltende Wert von 535 mg Schwefeloxyd pro m3 überschreitet noch den heute schon vorgeschriebenen Grenzwert. Andere Fragen, wie die nach der gesetzlich vorgeschriebenen Entstickung, der Bonität des Käufers, Übernahme  der Pflichten aus dem Ansiedlungsvertrag, scheinen ebenfalls nicht befriedigend beantwortet.

Die Umweltverbände, die sich relativ spät zu Wort gemeldet haben, werden sich nun fragen, ob sie die Betriebsgenehmigung juristisch zu Fall bringen können. Die Kräfte in Wilhelmshaven, die die Ansiedlung um jeden Preis wollten, werden sich fragen lassen müssen, ob sie der Region wirklich einen Gefallen getan haben. Soviel Imagepflege kann niemand bezahlen, den Eindruck wieder zu löschen, Wilhelmshaven sei das Armenhaus der Nation; und gültige Umweltauflagen bräuchten wie in einem Entwicklungsland nicht beachtet zu werden.gw096_grün2


 

Heidemarie Franke
Zur Verbesserung unserer Büroorganisation (so was gibt es auch bei Grünen) haben wir ab 1.9.90 „Micki‘ Franke als Teilzeitkraft eingestellt. Wir legen Wert auf die Feststellung, daß der Arbeitsplatz selbstverständlich sozialversichert ist. Micki ist 40 Jahre alt, verheiratet, hat 3 Kinder und ist unheimlich nett. Wer sich überzeugen will, findet die Daten über das Grüne Büro unter „Termine“.

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V.i.S.d.P.: B. Richter,  2940 WHV

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