Anti-Terrorpaket
Mrz 272002
 

Der neue Otto-Katalog ist da!

Rolf Gössner präsentiert die aktuellen Sonderangebote im Schily-Paket

Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 zog Bundesinnenminister Otto Schily seine „Antiterrorpakete“ aus der Schublade. Verdächtig schnell – der Wunschzettel europäischer Regierungen lag offensichtlich schon parat, bis nun die ersehnte Rechtfertigung zur Umsetzung vorlag. Unter dem Eindruck der einstürzenden Hochhäuser wurde die Angst vor dem Terrorismus benutzt, um Gesetzesverschärfungen durch den Bundestag zu prügeln.

Schilys „Terrorismusbekämpfungsgesetz“ vom Dezember stellt selbst die seit Ende der 60er Jahre geltenden Notstandsgesetze in den Schatten. Die damals heftigen Diskussionen und Widerstände fallen in der heutigen Konsensrepublik allerdings unter den Tisch.

Wesentliche Eckpunkte des 35 Seiten dicken Papiers (BGBL. V. 11.1.2002, nachzulesen unter http://www.cilip.de/terror/bgbl-anti-terror.pdf) sind:

  • Aufhebung der rechtsstaatlich verankerten Unschuldsvermutung, vor allem im Bereich der Rasterfahndung bzw. für AusländerInnen in der BRD
  • Aufhebung des Datenschutzes (Bankgeheimnis, Kundendaten im Bereich Luftfahrt und Telekommunikation)
  • Aufnahme biometrischer Merkmale in die Personalausweise (Fingerabdruck, Hand- oder Gesichtsgeometrie)
  • zwischen Polizei- und Geheimdienstarbeit werden Grenzen aufgehoben, die aus Erfahrungen der NS-Zeit im Grundgesetz festgeschrieben sind; erweiterte Befugnisse für Geheimdienste, BKA und BGS
  • Förderung des Rassismus, u. a. Generalverdacht für alle AusländerInnen in der BRD, Erweiterung des Abschiebekataloges, Sofortvollzug der Abschiebung, Erschwerung von Einreise und Familiennachzug, Intensivierung der Kontrolle von MigrantInnen – z. B. auf Grund ihrer Religion oder ethnischen Zugehörigkeit

Das Schily-Paket enthält nur Repressionen, jedoch keinerlei Präventionsmaßnahmen gegen die Ursachen internationaler Befreiungsbewegungen. Großzügig will die Bundesregierung ab dem 1.1.2002 jährlich 3 Mrd. Mark für die „Terrorismusbekämpfung“ zur Verfügung stellen; die Hälfte davon geht an die Bundeswehr, die über stiefmütterliche Behandlung durch die rot-grüne Koalition gemeckert hatte. Für die Bekämpfung der Armut und sozialen Ungleichheit in den „terrorismusfördernden“ Staaten, sprich Entwicklungshilfe, bleibt ein Almosen von 200 Mio Mark.
JedeR wird durch das neue Gesetz potenziell verdächtig. Im Zuge der Rasterfahndung in Nordrhein-Westfalen wurden an den Hochschulen alle zwischen 1960 und 1983 geborenen männliche Studenten als mögliche „Schläfer“ überprüft. Wesentlich mehr harmlose Personen als bisher geraten ins Visier des Verfassungsschutzes, was die Zerstörung ganzer beruflicher Existenzen nach sich ziehen kann.
Die Süddeutsche Zeitung (21.12.01) kommentierte: „So viele Gesetze sind noch nie auf einen Schlag geändert und verschärft worden; so offen wie in diesen Gesetzen ist noch nie gesagt worden, dass der Bürger nicht mehr Subjekt, sondern Objekt der Gesetze ist.“ Prof. Dr. Joachim Hirsch, Politologe und Staatstheoretiker an der Universität Frankfurt am Main, zieht Bilanz: „Auf alle demokratischen Freiheiten können wir verzichten, übrig bleibt das Recht auf Konsum.“ 
Dr. Rolf Gössner (Bremen) gilt als einer der profiliertesten Bürgerrechtler der BRD. Als Rechtsanwalt, parlamentarischer Berater und Publizist beschäftigt er sich seit über 20 Jahren mit dem Verhältnis von Innerer Sicherheit und Bürgerrechten, Überwachungsstaat und Geheimdiensten. Ebenso lange steht er selbst unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. Am 19.4. wird er in Wilhelmshaven über die Tragweite der „Anti-Terror-Gesetze“ berichten, die den Weg zum totalen Überwachungsstaat ebnen, in dem das Recht auf Privatsphäre wegfällt und der Bürger nur noch als potenzieller Täter gesehen wird. (iz/antifa)


Rolf Gössner: Sicherheitswahn und „Antiterrorpakete“
Vortrag und Diskussion am Freitag, 19. April 2002
um 19.30 Uhr im Gewerkschaftshaus, Wilhelmshaven, Kieler Str. 63
Veranstalter: Antifaschistisches Bündnis Wilhelmshaven

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