Alterssicherung
Feb 051997
 

Unliebsame Überraschungen

Änderungen bei der Rentenberechnung treffen hauptsächlich Frauen

(noa) Interessant und gleichzeitig besorgniserregend war, was auf einer von DGB-Frauen für DGB-Frauen organisierten Veranstaltung zum Thema „Alterssicherung von Frauen“ am 20. Januar von dem Referenten vorgetragen wurde

Der Leiter der Wilhelmshavener Dienststelle der Landesversicherungsanstalt, Herr Christoffers, erläuterte die Folgen des Rentenreformgesetzes und des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes. Sein Fazit aus der neuen Rentenberechnung: Alle sollten sich ein „zweites Standbein“ zusätzlich zur gesetzlichen Rentenversicherung zulegen, besonders aber Frauen, denn die massivsten Einschnitte ergeben sich für die Alterssicherung von Frauen. „Die härtesten Schläge erleiden diejenigen, die schon sowieso die niedrigste Rente zu erwarten haben – und das sind bekanntermaßen mehrheitlich Frauen.“
Ein Beispiel: Eine Wilhelmshavenerin bekam im Herbst 96 von der LVA eine Rentenauskunft, derzufolge sie 350 DM Altersruhegeld bekommt, wenn sie jetzt mit 60 in Rente geht. Nach der damaligen Rechtslage stimmte das auch. Nach dem neuen Gesetz bekommt sie nun ganze 239 DM Rente. Der Tip des Fachmanns an alle Frauen, die in nächster Zeit in den Ruhestand gehen wollen und sich deshalb im Verlauf des letzten Jahres schon ihre zu erwartende Rente ausrechnen ließen, lautet deshalb, unbedingt eine neue Rentenauskunft einzuholen, bevor sie aufhören zu arbeiten, denn ansonsten erleben sie ähnliche unliebsame Überraschungen wie diese Frau.
Die Anhebung der Altersgrenze von 60 auf 65 Jahre in Monatsschritten für alle Jahrgänge ab 1940 bzw. der prozentuale Abschlag bei Rentenbeginn mit 60 kostet z. B. eine Frau, die im Januar 1945 oder später geboren ist, 18% ihrer Rente, wenn sie schon mit 60 in den Ruhestand geht – will sie ihre volle Rente, dann muß sie bis 65 arbeiten. Für diese Frauen ist es noch ein paar Jahre hin, und vielleicht gewinnen sie ja mittlerweile im Lotto und können mit einer Einzahlung in die Rentenkasse dieses Loch stopfen. 10.000 DM kostet die Erhöhung der Altersbezüge um 45 DM.
Außer der Verlängerung der Lebensarbeitszeit ist es aber noch ein zweiter Faktor, der ausgerechnet die Minirenten von Frauen, die nur wenige Jahre berufstätig waren und dann der Kinder wegen zu Hause geblieben sind, heftig schmälert. Wurden nach der früheren Gesetzeslage die ersten vier Berufsjahre (in denen man ja im allgemeinen wenig verdient) mit 0,9 Entgeltpunkten in die Rentenberechnung einbezogen, werden diese mageren Jahre jetzt nur noch mager rentenwirksam. Um dies deutlich zu machen, konstruierte Herr Christoffers das Beispiel zweier Frauen mit fast identischem Lebenslauf. Beide waren in den Jahren 1946 bis 1950 berufstätig, beide haben gleich viel verdient, beide haben drei Kinder bekommen und aufgezogen. Die eine bekommt jetzt eine Rente von 289,26 DM, die Rente der anderen beträgt 184,19 DM. Der Unterschied von über 100 DM ergibt sich aus wenigen Tagen Altersunterschied: Die erste ist im November 1931 geboren und im Dezember 1996 Rentnerin geworden, die andere bezieht ihre Rente erst ab Januar 1997.
Auch die weitere Verkürzung der auf die Rente anrechnungsfähigen Schul- und Ausbildungsjahre betrifft zwar alle künftigen Rentner und Renterinnen, trifft aber die BezieherInnen kleiner Renten, also überwiegend Frauen, sehr viel empfindlicher.
Herrn Christoffers schlug vor, alle Frauen sollten ab jetzt jährlich jeweils am 25.9., dem Tag der Verabschiedung des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes, auf die Straße gehen. Eine gute Idee. Mal sehen, ob die Teilnehmerinnen der Veranstaltung diese Anregung aufgreifen.

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