AEG Olympia
Apr 211992
 

....ein Rückblick

Keine Produktionsverlagerung ohne Ersatzarbeitsplätze

(hk) In einem Mitte April 1992 veröffentlichten Papier schaut der Betriebsrat der AEG Olympia auf 45 Monate des Widerstandes gegen die Schließung des Roffhausener Werkes zurück.

In dem gut 30 Seiten umfassenden Papier ist nur Platz für die „wichtigsten Ereignisse“, wie der Betriebsrat in seiner Einleitung schreibt. An die 100 für den Kampf gegen die Schließung des Werkes bedeutende Daten, Aktionen, Entscheidungen, Demonstrationen usw. sind in dem Papier aufgelistet – ein umfassender Spiegel sowohl des Widerstandes als auch der zerplatzten Hoffnungen.
Das Papier zeigt, daß ein Konzern nicht immer in der Lage ist, seine Pläne gegen den Widerstand der Belegschaft und der Solidarität einer ganzen Region durchzuziehen; es zeigt aber auch, daß die Konzerne gelernt haben, durch geschicktes Taktieren und über Umwege letztendlich doch zum geplanten Ziel zu gelangen.
In dem Papier wird auch deutlich, wie ohnmächtig nicht nur die Arbeiter und Angestellten bei Olympia, sondern eine ganze Region auf die Entscheidungen der Konzernspitze starrt.
Die Hilflosigkeit der Politik gipfelt im November 1991 darin, daß alle Parteien der Region Wilhelmshaven/Friesland eine Initiative starten, um als 6. Bundesland der ehemaligen DDR anerkannt zu werden.
Die Chancen, daß das unter dem Titel „AEG Olympia – Ein Rückblick“ veröffentlichte Papier wirklich nur einen Rückblick auf den Standort Roffhausen darstellt, sind leider nicht gering

Wie sieht es heute um Olympia aus?

Einige Zitate aus „AEG Olympia – Ein Rückblick“, die die Entwicklung des letzten Monats skizzieren: Nach dem geplatzten Deal der AEG, den Vertrieb an den wegen Veruntreuung von Firmengeldern zu 18 Monaten Gefängnis (auf Bewährung) verurteilten Essener Unternehmensberater Jürgen Sievers zu verkaufen, womit ca. 10 % der Arbeitnehmer eine Weiterbeschäftigung gefunden hätten,

  • „plädieren Vertreter der Stadt Wilhelmshaven an das Verantwortungsbewußtsein des Konzerns. So wird das Konzept ‚Junger Unternehmer‘ favorisiert, das den Produktionsstandort langfristig sichern könnte. Weiterhin gibt es eine große Erwartungshaltung an das von Bundeswirtschaftsminister Möllemann angeregte Gespräch zwischen Edzard Reuter, Gerhard Schröder, Jürgen Möllemann und Betriebsrat.“
  • „Auch Landrat Bernd Theilen wies nach der Entlarvung von Jürgen Sievers darauf hin, daß Daimler endlich die Verantwortung für die AEG Olympia in Wilhelmshaven übernehmen soll.
  • „In der Mitarbeiterzeitung ‚AEG heute’ soll zum wiederholten Male die Öffentlichkeit in die Irre geleitet werden. Zum wiederholten Male wird die falsche Zahl genannt, daß 1.400 Mitarbeiter eine Anschlußbeschäftigung haben würden. Nachweisbar für den Betriebsrat sind nur 62 Arbeitsplätze in Form eines Betriebsüberganges an die DEBIS.“
  • „Das für den heutigen Tag (6.4.92) geplante Spitzengespräch zwischen Reuter, Möllemann, Schröder und dem Betriebsrat kann auf Absage von Reuter und Schröder nicht stattfinden.“
  • „Die IG Metall Wilhelmshaven gibt der Presse bekannt, daß von 1981 bis 1992 die Zahl der Beschäftigten in der Metallindustrie von 9652 auf 6327 gesunken ist.“
  • „Nach einer an diesem Tag (9.4.) stattgefundenen Betriebsversammlung gibt der Betriebsrat seine Befürchtung der Öffentlichkeit bekannt, daß im Betriebsurlaub eine mögliche Demontage von Maschinen denkbar sei.“
  • „An die Belegschaft werden Buttons verteilt mit dem Aufdruck ‚Keine Produktionsverlagerung ohne Ersatzarbeitsplätze‘.“
  • „Entgegen einer bestehenden Betriebsvereinbarung beabsichtigt die Geschäftsführung nicht, für das Jahr 1992 die vereinbarten 40 Arbeitsplätze zu besetzen.“
  • „Weitere Aktionen werden folgen.“

Die AEG ist dabei, den Vertrieb auszugliedern und die einzelnen Teile des Unternehmens zu verkaufen und befindet sich momentan in Verhandlungen mit Interessenten.

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