ABM
Jan 141999
 

Alles Bloß Mist

Zweifelhafte Maßnahmen zur Arbeitsförderung

(noa) Änderungen des Arbeitsförderungsgesetzes im eben vergangenen Jahr brachten einschneidende Kürzungen für Betriebe, die sich aus Mitteln der Bundesanstalt für Arbeit tragen. Bei den Arbeitsämtern wusste man lange nicht, über wie viel Geld man verfügen konnte. Im Sommer standen dann auf einmal Mittel zur Verfügung, die nun schnell ausgegeben werden mussten, und es gab einen plötzlichen warmen Regen an Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen.

Für viele Arbeitslose war das ein Segen, da sie nun ABM-Stellen antreten konnten. Doch nicht alle Maßnahmen, die das Wilhelmshavener Arbeitsamt auf die Schnelle ermöglichte, waren sinnvoll. Wir nennen drei Beispiele.
Hans-Peter Müller* ist seit mehreren Jahren arbeitslos. In den ganzen Jahren bot ihm das Arbeitsamt immer wieder Kurse zur Erhaltung seiner beruflichen Qualifikation an. Immer und immer wieder „lernte“ er Grundbegriffe der EDV – weit unter dem Niveau seiner vormaligen Tätigkeit. Sinnvoll fand er das nicht, doch zur Vermeidung von Sperrfristen nahm er teil. Im Sommer 98 trug ihm sein Arbeitsvermittler endlich eine Weiterbildung an, die diesen Namen verdiente. Er sollte etwas Neues lernen, und die Beschäftigungsaussichten danach wurden ihm als sehr günstig beschrieben.
Die Prüfung zum Abschluss des Kurses war schwer, und Hans-Peter Müller und seine Kurskollegen waren froh, sie zu bestehen. Bis zum letzten Tag des mehrmonatigen Kurses hatte noch niemand einen Job in Aussicht, in dem er/sie die neuerworbenen Kenntnisse hätte anwenden können. Dabei wird es auch wohl bleiben, denn die Prüfung, die für die KursteilnehmerInnen vom Arbeitsamt bezahlt wurde, ist nur eine von mehreren. Um wenigstens den Hauch einer Chance auf Beschäftigung zu haben, muss man mehrere solche Prüfungen ablegen – zu einer Prüfungsgebühr von je 800 DM.

Heinz Meyer* hat seit Jahren immer mal wieder kurzfristige Jobs im Metall verarbeitenden Gewerbe gehabt. Im Spätsommer 98 ermöglichte ihm das Arbeitsamt eine Weiterbildungsmaßnahme. Er sollte einen Schweißerbrief erwerben. In der Ausbildungsstätte wartete er zunächst einmal darauf, dass jemand beginnen würde, ihn auszubilden. Es herrschte dort ein reges Treiben: Die Leute brachten sich Material mit und fertigten allerhand Metallarbeiten für ihren persönlichen Bedarf. Als Ausbilder gab sich niemand zu erkennen, und Heinz Meyer entschloss sich nach einigen Tagen, seinen Vermittler noch einmal zu fragen, ob er alles richtig verstanden habe, ob er dort wirklich etwas lernen sollte.
Die Intervention des Arbeitsvermittlers in der Ausbildungsstätte hatte Erfolg. Heinz wurde danach ein paar Tage lang ausgebildet. Länger allerdings nicht. Jetzt hängt er dort wieder rum und schaut den anderen zu.

Andreas Gerdes* ist Koch. Nach kurzer Arbeitslosigkeit schickte ihn sein Arbeitsvermittler zu einem Institut, in dem er eine Weiterbildung zum Diätkoch absolvieren und sich außerdem auf die Ausbildereignungsprüfung vorbereiten konnte. Die ersten vier Wochen kochte er in der Übungsküche, und innerhalb dieser Zeit vertrat er sogar eine Woche lang den Küchenmeister, der Urlaub hatte. Die Weiterbildung sollte „demnächst“ beginnen. Nach einem Monat bekam Gerdes eher zufällig mit, dass die Weiterbildung inzwischen angefangen hatte, allerdings ohne ihn. Der Dozent, bei dem er sich beschwerte, beschied ihn, dass er die Voraussetzungen nicht erfülle, da seine Gesellenjahre zu weit zurücklägen.
Da Gerdes sein Unterhaltsgeld laut Arbeitsamts-Bescheid für die Teilnahme an einer Weiterbildung bezieht und außerdem findet, dass er für eine vollwertige Berufstätigkeit in seinem erlernten Beruf vollen Lohn beanspruchen kann, fragte er beim Arbeitsamt nach. Dort konnte man ihm aber auch nicht sagen, wie das zugegangen ist, und mittlerweile ist der Zug auch abgefahren – die Weiterbildungszeit ist inzwischen zu weit fortgeschritten, um noch einsteigen zu können. Nun kocht er eben (im doppelten Sinne des Wortes) weiter, bis er (mit oder ohne Hilfe des Arbeitsamtes) eine richtige Arbeit findet.

*Alle Namen sind von der Redaktion geändert worden.

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