Befreiung 1945
Jun. 022005
 

Aufrüstung, Krieg und Befreiung

Antifaschistisches Bündnis stellt Film über Wilhelmshaven und Jever im Faschismus vor

(hk) Der Krieg, der mit dem Überfall auf Polen begann, endete für Jever und Wilhelmshaven am 6. Mai 1945 mit der Befreiung durch Einheiten der 1. Polnischen Panzerdivision. 60 Jahre danach stellt das Antifaschistische Bündnis Wilhelmshaven seinen Film „Aufrüstung, Krieg und Befreiung in Wilhelmshaven und Jever 1933 – 1945“ vor.

Aufrüstung, Krieg und BefreiungDer Film von Heiko M. Pannbacker und dem Historiker Hartmut Peters dokumentiert die Geschichte Wilhelmshavens und Jevers von 1933 bis 1949 – und die Geschichte der 1. Polnischen Panzerdivision, die beide Städte vom Nationalsozialismus befreite. Kern des Films ist die Dokumentation „Droga do Wilhelmshafen“ („Auf dem Weg nach Wilhelmshaven“) aus einem Warschauer Archiv.
Die 1. Polnische Panzerdivision wurde in Schottland aus Soldaten zusammengestellt, die sich nach dem Überfall der Wehrmacht auf Polen 1939 über Osteuropa nach Frankreich durchgeschlagen hatten, dort 1940, nach dem deutschen Überfall auf Frankreich, erneut kämpften und nach der Niederlage Frankreichs ins englische Exil gingen. Die von dem legendären Panzergeneral Stanislaw Maczek befehligte Division unterstand formal der polnischen Exilregierung in London, praktisch aber dem militärischen Oberkommando der Alliierten. Nach ihrer Landung in der Normandie im Juni 1944 spielte die Division eine entscheidende Rolle in der Schlacht von Falaise und befreite in der Folge zahlreiche französische, belgische und niederländische Städte. Dort erinnern zahlreiche Straßennamen und Ehrenmale an die Division, die von alliierten Militärhistorikern in punkto Einsatzbereitschaft und Schnelligkeit als Eliteeinheit bewertet wird und die überdurchschnittliche Verluste hinnehmen musste. Nach Erreichen des Reichsgebiets bekamen die Polen den Auftrag, zusammen mit kanadischen Einheiten die zur „Festung“ erklärte Marinestadt Wilhelmshaven einzunehmen. Zum Zeitpunkt des Waffenstillstands an der Nordwestfront, dem 5. Mai 1945, waren die Gefechtspitzen nur noch 20 Kilometer von Wilhelmshaven entfernt. Am 6. Mai 1945 erfolgte die Übergabe Wilhelmshavens an eine polnische Gruppe unter Oberst Grudzinski.

Pflichtstoff für Geschichtsunterricht

Um diesen Film realisieren zu können, investierten die beiden Filmemacher unendlich viel Zeit – seit 1995 ist man dabei, diesen Film zu erstellen. Dafür wurden Archive in London, Warschau, Ottawa, Jerusalem und Berlin durchforstet, Gesprächspartner wurden aufgespürt, Zeitzeugen gesucht. Die Autoren fanden Amateurfilme über den Bau von Sande-Neufeld oder vom Besuch Hitlers in Horumersiel.
Der Film zeigt die Entwicklung Wilhelmshavens von seiner Bedeutungslosigkeit nach dem 1. Weltkrieg zum Vorzeigeobjekt der Nationalsozialisten mit dem absoluten Spitzenwert kurz vor Ende des 2. Weltkrieges. Er zeigt aber auch, wie die alliierten Streitkräfte dem Rüstungsmoloch Wilhelmshaven durch die Bombardierung den Garaus machten.
Der Film berichtet, wie ausschließlich für die Rüstungsindustrie eine ganze Stadt aus dem Boden gestampft wurde. Es entstanden die Stadtteile Voslapp, Fedderwardergoden, Siebethsburg, Cäciliengroden, Sande-Neufeld, Altengroden, es entstanden das Krankenhaus Sanderbusch als Militärlazarett, die Gießerei Sande und der Eisenbau. Arbeiter aus ganz Deutschland wurden hier angesiedelt. Es entstanden aber auch die Außenstellen der Konzentrationslager (das Jeversche Wochenblatt berichtete am 25. März 1933 (!) in einer Sonderbeilage über die von Himmler veranlasste „Einrichtung“ des Konzentrationslagers Dachau), in denen die Zwangsarbeiter eingepfercht wurden.
Der Film bietet einen tiefen Einblick in das Denken und Handeln der Menschen im Faschismus – von der Judenverfolgung bis zum bedingungslosen Ja zum totalen Krieg, sogar dann noch, als das Tausendjährige Reich nach knappen 12 Jahren am Boden lag.
Im Jeverschen Wochenblatt vom 21. Mai 2005 heißt es nach der Erstaufführung des Films in Jever: „Der Dokumentarfilm ist ein gelungenes Werk, das sich mit dem dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte auseinandersetzt. Er klärt auf, beleuchtet Hintergründe, erzählt von menschlichen Schwächen, Ängsten und Tod bringendem Größenwahn. Er sollte zum Pflichtstoff jedes Geschichtsunterrichts in Wilhelmshaven und Friesland werden.“ Dem können wir uns nur anschließen.

 

Aufrüstung, Krieg und Befreiung in Wilhelmshaven und Jever – 1933 bis 1949
Ein Dokumentarfilm des Antifaschistischen Bündnisses Wilhelmshaven von Hartmut Peters und Heiko M. Pannbacker, 93 Minuten
Erhältlich als DVD oder VHS-Video bei Hartmut Peters, Marienstraße 31, 26382 Wilhelmshaven, Telefon: 04421/44381. Preis 15.- €

Inhalt laut Klappentext:
Kaiserzeit / Revolution und Republik 1918 – 1933 / Militarisierung der Region ab 1933 und „Stadt der 500.000“ / Flugplatz Upjever / Stapellauf der „Tirpitz“ / Hitler in Wilhelmshaven und Horumersiel / Rede vom 1.4.1939 / Judenverfolgung / Überfall auf Polen und die „Schleswig Holstein“ / Bildung der polnischen Westarmee / Bombenkrieg / KZ in Wilhelmshaven / Zwangsarbeit und Erschießung von Deserteuren / Endphase des Krieges / Weg der 1. polnischen Panzerdivision bis Wilhelmshaven / Kapitulation / „Tag der Befreiung?“ / Übergabe der Marine / Demontage / „Polnisches Emsland“ (Haren-Maczków)

 

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