Links? Rechts? BASU?
Gespräch mit Joachim Tjaden, der mit der BASU zur Kommunalwahl 2006 antreten will
(hk) Ende letzten Jahres gründete der aus der WALLI ausgetretene Ratsherr Joachim Tjaden die BASU – Freie Liste Wilhelmshaven. BASU steht für Bildung, Arbeit, Soziales und Umwelt. Der Gegenwind sprach mit Joachim Tjaden über seine Position zur WALLI, zur WASG und wie es denn angehen kann, dass er jetzt mit zwei christdemokratischen Ratsmitgliedern antritt.
Gegenwind: Was ist los mit dir? Erst trittst du aus der WALLI aus, dann aus der WASG. Was passt dir an diesen Gruppen nicht? Sind die zu links?
Joachim Tjaden: Ganz ehrlich, mit der Einordnung von ‚ganz Linken’ habe ich schon meine Probleme. Hinter der Bezeichnung ‚Links’ verstecken sich zu viele, die eigentlich keine echte politische Position einnehmen, sich lediglich durch diese Bezeichnung von anderen abheben wollen. Darauf kommt es aber nicht an. Aber deine Frage fing anders an. Das Thema WALLI ist für mich abgeschlossen. Ich habe die WALLI mit aufgebaut und viel Arbeit investiert. Es gab jedoch niemanden in der WALLI, der mitarbeiten wollte oder konnte. Außerhalb dieser Gruppe hat kaum jemand bemerkt, dass es uns eigentlich nicht gab. Egal was gemacht werden sollte oder musste, es machte keiner.
Mir blieb keine andere Wahl, als alles selbst zu machen. Trotzdem hätten wir sicherlich nach der nächsten Wahl mit 3 Sitzen rechnen können. Nur tatsächlich antreten wollte niemand. Was sollte ich machen? Mit der WALLI wieder antreten, tatsächlich mehr als ein Mandat erreichen und melden, dass niemand das zweite Mandat wahrnehmen will?
Als kommunalpolitisch aktive Gruppe hat es die WALLI nie wirklich gegeben. Sie lebte einzig von meiner Arbeit. Tausende von Kopien habe ich verteilt, keiner hat sie gelesen. Stundenlang habe ich berichtet, keiner wollte es hören. Man hat sogar beschlossen, dass ich nicht mehr berichte. Wenn ich Meinung nicht in Taten umsetzen will, gehe ich in eine Kneipe und gründe einen Stammtisch.
Und von der WASG hast du dir etwas anderes versprochen?
Auch die WASG war eine gute Idee. Auf Bundesebene die Mehrheiten in die richtige Richtung verändern, da wollte und musste ich mitmachen. Schon komisch, bei der nächsten WALLI-Sitzung waren wir tatsächlich einmal mehr als zwei Personen, und wegen meiner Mitgliedschaft bei der WASG wollte man mich fast aus der WALLI ausschließen.
Dazu kam die Arbeit vor Ort. Tausend gute Ideen. Nur abarbeiten wollte das keiner. Das kannte ich irgendwie. Heute bin ich froh darüber, dass ich nicht, wie vorgesehen, für die WASG kandidiert habe.
Und jetzt die BASU. Auch noch zusammen mit den christdemokratischen Ratsmitgliedern Ender und Homann – was soll das?
Ich bin 2001 angetreten, um etwas in Wilhelmshaven zu bewegen. Was hier alles im Argen liegt, weiß ich nach den letzten 4 Jahren im Rat. Ich wollte auf jeden Fall 2006 wieder zur Wahl antreten. Als Einzelkandidat machte das aber keinen Sinn. Natürlich müssen wir die Kräfte bündeln, um etwas bewirken zu können. Doch ich wusste, dass es noch andere Wilhelmshavener gab, die darüber nachdachten, wie sie sich zur Wahl aufstellen können. Auch im Rat der Stadt gab es einige, die mit mir zusammen etwas machen wollten. Dabei muss eines jedoch beachtet werden. Bei dieser Kommunalwahl können unterschiedliche Gruppen nicht mehr zusammen antreten, müssen also ohnehin eine gemeinsame Gruppe bilden, in welcher sie als Person, nicht als Gruppe, Mitglied sind.
Nach meiner Meinung lief die Zeit ab, um den Grundstock für die Kommunalwahl zu legen. Das tat ich dann am 14.November 2005 gemeinsam mit 10 anderen Interessierten. Wir gründeten die BASU. Das war genau der Schritt, auf den einige Unentschlossene gewartet haben.
Bist du dann an Ender und Homann herangetreten oder umgekehrt?
Es war schon erstaunlich, wer gleich nach Gründung der BASU alles auf mich zukam. Auch die Ratsmitglieder Axel Homann und Joachim Ender. Da unsere Ziele für die nächsten Jahre in fast allen Punkten übereinstimmen, war die Zusammenarbeit logisch. Dazu kommt in diesem Fall noch, dass die BASU jetzt mit 3 Mandaten im Rat vertreten ist und die Vorteile schon heute nutzen kann. Alle regen sich immer darüber auf, dass die meisten Ratsvertreter der Meinung ihres Vorsitzenden folgen und notfalls gegen ihre eigene Überzeugung abstimmen.
Jetzt sagen wir, und ohne diese Grundvoraussetzung gäbe es diese Zusammenarbeit nicht, dass wir durchaus auch einmal unterschiedlicher Meinung sein können und dürfen. Auch abstimmen würden wir in diesen Fällen unterschiedlich. Es wird sicher nur selten vorkommen, wir wissen schon sehr genau, was wir wollen und was nicht.
Warum soll jemand bei der diesjährigen Kommunalwahl die BASU wählen, wenn er weiß, dass da eine völlig beliebige Meinungsbildung abläuft?
Es gibt keine völlig beliebige Meinungsbildung innerhalb der BASU. Die Mitglieder der BASU sind sehr gut über die Verhältnisse in Wilhelmshaven informiert. Wir haben uns viele Gedanken darüber gemacht, was verändert werden muss und wohin der Weg gehen soll. Normal denkende Menschen sind da ohnehin in fast allen Bereichen einer Meinung.
Ich kann doch als Gegner des JadeWeserPort nicht BASU wählen, wenn Mitglieder der BASU öffentlich erklären, dass sie für die Realisierung dieses Projektes arbeiten.
Die Zeit, in der Wilhelmshaven irgendeinen Einfluss auf das Thema JadeWeserPort nehmen konnte, ist schon lange vorbei. Und selbst wenn Wilhelmshaven etwas entscheiden oder beeinflussen wollte, interessiert das doch keinen in Land und Bund.
Von daher ist der JadeWeserPort kein kommunales Thema mehr, über das entschieden werden müsste.
Ich, und das beweise ich jeden Tag, werde alles tun, diesen Wahnsinn zu verhindern. Dabei bin ich, zusammen mit den vielen hundert aktiven Hafengegnern, fast am Ziel.
Und wenn es im Rat der Stadt tatsächlich noch einmal etwas zum Thema JadeWeserPort geben sollte, ist klar, dass ich nicht weniger dagegenzuhalten habe als bisher. Die Möglichkeiten dazu sind sogar besser als vorher. Jetzt kann ich in alle Akten sehen, wenn es denn welche gibt, die ich nicht schon kenne. Das konnte ich vorher nicht. Und wer sich einmal erinnern möchte: Schon vor längerer Zeit haben es Homann und Ender mit ihrer Stimme möglich gemacht, dass ich JadeWeserPort-Akten einsehen konnte.
Was für eine Politik will die BASU betreiben?
Sicher können die Bürger das nicht mehr hören, weil schon viele das vor der Wahl gesagt, aber danach nicht gemacht haben: Wir werden die Bürger über alle Vorgänge in der Stadt informieren und uns anhören, was sie davon halten. Wir werden den Bürgern aber nicht, nur weil es Stimmen bringen könnte, nach dem Mund reden. Nicht alles, was schön sein würde für die Bürger, wird auch machbar sein.
Kannst du uns konkrete Ziele der BASU nennen?
Die Frage, warum die Bürger die BASU wählen sollten, müsste mit vielen Fakten erklärt werden, das wird zu lang, und wir werden dazu sicher ausführlich etwas sagen. Aber in Kürze einige Beispiele, weil uns die schon sehr bald hart treffen werden.
B wie Bildung: Immer weniger Einwohner und damit auch weniger Kinder. Dass Wilhelmshaven darauf auch in Bezug auf die Anzahl und Größe von Schulen reagieren muss, ist unbestritten. Längst hätte sich die Politik intensiv und ehrlich mit dem Thema beschäftigen müssen. SPD und auch CDU sitzen das Thema aber aus. Wir gehen mit großen Schritten auf eine undurchdachte Hau-Ruck-Lösung zu. Alle Fachleute warnen davor, noch länger untätig abzuwarten. Wir können ganz sicher nicht jede Schule erhalten. Wir werden das Thema aufgreifen und schon vor der Kommunalwahl sagen, wohin der Weg gehen sollte.
A wie Arbeit: Ergebnislos stecken wir Millionen in Wirtschaftsförderung. Ergebnislos! Das muss sich dringend ändern. Immer mehr kleine und mittlere Betriebe, und die sind das Standbein der Wirtschaft und schaffen dauerhafte Arbeitsplätze, wandern ab oder kommen nicht hierher. Diese Betriebe müssen aktiv unterstützt werden. Wenn die Wirtschaftsförderungsgesellschaft dazu nicht in der Lage ist, müssen wir sie auflösen und die Arbeit wieder unter Aufsicht des Rates durchführen lassen.
S wie Sozial: Wie sozial sind wir immer noch SPD-regierten Wilhelmshavener? Sozialen Einrichtungen werden die Mittel gestrichen, obwohl wir alle wissen, dass dadurch Probleme entstehen, die wesentlich mehr Kosten verursachen. Aus reiner Willkür werden den ALG II-Empfängern in Wilhelmshaven geringere Mietkosten als vorgesehen gezahlt. Angeblich wegen der geringeren Mietpreise in Wilhelmshaven. Angeblich kann nachgewiesen werden, dass preiswerterer Wohnraum zur Verfügung steht. Dass es sich dabei zum großen Teil um Wohnraum handelt, der abgerissen werden müsste, kümmert die Politik nicht. Wir müssen heute lesen, dass Wilhelmshaven ein Spitzenreiter ist, wenn es darum geht, wie viele Kinder nicht genug zu essen haben.
U wie Umwelt: Wilhelmshaven, die Grüne Stadt am Meer. Stimmt noch. Sicher darf ein noch so schöner Baum nicht die Schaffung eines Arbeitsplatzes verhindern. Nur, wenn massive Eingriffe vorgenommen werden, die Sachverständigen in Umweltfragen aber erst dann darüber informiert werden, wenn große Baumbestände durch den Kamin wandern, läuft hier etwas falsch.
Aber weil ich glaube, dass der Gegenwind nicht genug Platz hätte, alles das abzudrucken, was wir ganz sicher auch wirklich verändern werden, sollten wir das vielleicht an dieser Stelle abkürzen.
Was stimmt dich so optimistisch, dass die BASU einen längeren Atem hat als vorangegangene Parteigründungen?
Anders als in den letzten Jahren sehe ich um mich herum Leute, die tatsächlich aktiv und kreativ mitmachen.
Ist es nicht wichtig, dass es in Wilhelmshaven eine starke Opposition gibt? Da kann man doch nicht eine solche Zersplitterungspolitik betreiben!
Zuerst wäre es wichtig, dass Wilhelmshaven eine politische Mehrheit hätte, die zum Wohle der Stadt und der Bürger arbeitet. Dass dazu auf der Gegenseite eine starke Opposition gehören würde, ist vollkommen klar. Wir haben diese Opposition im Rat heute nicht. Die CDU weiß nicht, was sie wirklich will, und macht es der SPD viel zu leicht.
Zersplitterungspolitik betreiben diejenigen, die sich nicht aufstellen, die nicht deutlich sagen, dass sie aktiv werden wollen. Die BASU kann und will die Zusammenarbeit. Wenn aber heute noch angeblich gut informierte Gruppen darüber nachdenken, zur Kommunalwahl gemeinsam anzutreten, die eigenen Namen aber zu behalten, können wir auf diese Leute nicht warten. Wer tatsächlich die Zusammenarbeit, die Bündelung der vorhandenen Kräfte will, hat nur zwei Möglichkeiten:
- als bestehende Gruppe anzutreten, oder
- sich mit anderen Gruppen zusammenzuschließen.
Das geht nach den neuen Gesetzen nicht anders. Bei der letzten Kommunalwahl war es noch möglich, als Verbindung mehrerer eigenständiger Gruppen anzutreten. Jetzt nicht mehr.
Mit der BASU gibt es jetzt eine Gruppe für all diejenigen, die wirklich zur Kommunalwahl antreten wollen. Das bedeutet jedoch, Mitglied der BASU zu werden.
Ich habe also mit der Gründung der BASU keine Zersplitterungspolitik betrieben, sondern den einzigen Weg, der möglich ist – Gründung einer ganz neuen Gruppe – aufgezeigt. Zusammen unter einem Namen die Kräfte bündeln und mit einer Stimme antreten. Ganz ehrlich, Hannes, glaubst du tatsächlich daran, dass z. B. alle Mitglieder der PDS, der Grauen Panter usw. aus ihren Gruppen austreten würden, um für die Kommunalwahl in die WASG einzutreten? Oder alle aus der WASG austreten und in die PDS eintreten würden, um als PDS anzutreten?
Und selbst wenn, wann hätten sie sich dazu entschieden? Ganz sicher nicht rechtzeitig.
Vielen Dank für das Gespräch.
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