Hartz IV und Recht
Apr. 272006
 

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Kein Sozialgeld für Kinder von Müttern in Ausbildung? Doch!

Es geht das Gerücht um, Kinder von Müttern, die BAFöG oder sonstige Ausbildungsvergütungen oder –beihilfen beziehen, hätten keinen Anspruch auf Sozialgeld nach Hartz IV. Schülerinnen und Studentinnen mit Kindern wurden beim Job-Center in Wilhelmshaven bis in das Jahr 2006 hinein entsprechend „informiert“ und stellten erst gar keinen Antrag. Das Sozialgericht Oldenburg ist jedoch anderer Auffassung.

Und so beziehen schon seit über einem Jahr einige Mütter, die in Ausbildung sind, Sozialgeld für ihre Kinder, während andere Frauen in der gleichen Situation neben der Ausbildung her jobben, ihre Lieblingstante anschnorren, auf Flohmärkten gnadenlos feilschen und freudig jede Einladung zu Bekannten annehmen, weil sie anders ihre Kinder nicht satt und angezogen kriegen würden.
Wir nennen hier drei Fälle, in denen das Sozialgericht Oldenburg schon bald nach dem In-Kraft-Treten von Hartz IV die ARGE Oldenburg per einstweiliger Anordnung zur Zahlung von Sozialgeld verdonnert hat.
Eine allein erziehende 40-jährige Mutter dreier Kinder im Alter von 6, 9 und 12 Jahren hat ein FH-Studium begonnen. Nachdem die Familie bis zum 31.12.2004 Sozialhilfe bekommen hatte, beantragte die Frau nun Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für sich und ihre drei Kinder bei der ARGE Oldenburg. Die lehnte die Zahlung jedoch ab mit der Begründung, da sie, die Mutter, studiere, habe sie keinen Anspruch auf Alg II und ihre Kinder folglich keinen Anspruch auf Sozialgeld. Da ihrem Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid nicht abgeholfen wurde, wandte sie sich an das Sozialgericht und beantragte eine einstweilige Anordnung. Diesem Antrag wurde teilweise stattgegeben. Sie selber bekommt zwar keine Leistungen, doch ihre Kinder bekommen Sozialgeld in der gesetzlich festgelegten Höhe.
Eine 33-jährige Mutter zweier Kinder studiert und bezieht Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz für sich selbst. Wie in obigem Fall lehnte die ARGE Oldenburg die Zahlung von Sozialgeld für die beiden Kinder ab; wie in obigem Fall mit der Begründung, als Studentin bekäme sie kein Alg II, ihre Kinder demzufolge kein Sozialgeld. Auch hier erging eine einstweilige Anordnung, durch die die ARGE zur Zahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts der Kinder gezwungen wurde.
Im dritten Fall absolviert die 31-jährige Mutter zweier Kinder im Alter von 12 und 13 Jahren kein Studium, sondern befindet sich in einer Berufsausbildung zur Bürokauffrau beim BNW. Sie erhält eine Ausbildungsvergütung in Höhe von 739 Euro und eine Berufsausbildungsbeihilfe. Auch in ihrem Fall wurde die Zahlung von Sozialgeld für die Kinder abgelehnt, durch das Eilverfahren beim Sozialgericht jedoch durchgesetzt.
Eine Familie ist auch dann eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des Hartz IV-Gesetzes, wenn das Familienoberhaupt wegen der Teilnahme an einer Ausbildung kein Alg II bezieht, ohne die Ausbildung aber einen Anspruch darauf hätte. In dem dritten Beschluss wird ausgeführt: „Die Antragstellerin ist eine erwerbsfähige Hilfebedürftige im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Demzufolge sind gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 die Kinder der Antragstellerin anspruchsberechtigt, denn nach dieser Vorschrift erhalten auch Personen Leistungen, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben. (…) Der Umstand, dass die Antragstellerin selbst aufgrund der Sondervorschrift des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II keinen Leistungsanspruch hat, steht dem nicht entgegen. Die Bedarfsgemeinschaft als solche bleibt hiervon unberührt. Damit haben die Kinder der Antragstellerin Anspruch auf Sozialgeld gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB II.“
Und wie hoch ist das Sozialgeld für die Kinder? Es beträgt pro Kind 60 % der Regelleistung für eine erwachsene Person, wobei allerdings das Kindergeld anzurechnen ist. Darüber hinaus stehen den Kindern Kosten der Unterkunft zu, wobei diese Kosten nach der Anzahl der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft aufzuteilen sind.
Inzwischen werden betroffene Mütter beim Job-Center Wilhelmshaven nicht mehr mit der falschen Auskunft, ihre Kinder hätten keinen Anspruch, abgewimmelt. Diejenigen, die während des ganzen letzten Jahres den Versuch erst gar nicht unternommen haben, sollten den Antrag doch stellen. (noa)

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