Info-Box
Jul 072008
 

Techno-Spielplatz statt Geniusstrand

„Infobox“ zum JadeWeserPort ist eröffnet

(iz) Wo Kinder noch letztes Jahr in freier Natur im Sand herumtollen, buddeln und schwimmen durften, befindet sich jetzt eine große Hafenbaustelle. Dafür können kleine und große Kinder ihren Spieltrieb in einem virtuellen Containerhafen unter Dach mit Trackball und Joystick ausleben. Unterhaltungswert besitzt die interaktive Ausstellung allemal. Doch ist es korrekt, für diese Werbeschau der Hafenlobby auch noch Eintritt zu erheben?


In nur fünf Monaten wurde die „Infobox“ zum JadeWeserPort (JWP) am Geniusdeich mit Blick auf die Baustelle hochgezogen. Die Erlebnisausstellung umfasst sechs Themenräume: Reisfeld, Hafen, Auf See, Baustelle, Logistik, Küche. Roter Faden ist der Weg eines Reiskorns, das per Container und dazugehörige Transportketten aus Asien bis in unseren Haushalt gelangt. Hauptattraktion ist mit Sicherheit der Schiffssimulator, mit dem die Besucher ein Containerschiff von der offenen See bis zur Kaje des JadeWeserPorts navigieren können.
Gesellschafter des Projekts sind das Land Niedersachsen, die Stadt Wilhelmshaven und die Landkreise Friesland, Wittmund und Wesermarsch. Insgesamt wurden 1,2 Mio Euro investiert, davon 400.000 Euro für die eigentliche Ausstellung. Der Betrieb wurde mit der Eröffnung der Wilhelmshavener Touristik & Freizeit GmbH übertragen.
Das Konzept wurde von Petri & Tiemann (Bremen / Hamburg) entwickelt, einer Beratungsfirma für „Edutainment“ (Education = Bildung + Entertainment = Unterhaltung), die u. a. auch Projekte wie das „Universum“ in Bremen und das Klimahaus in Bremerhaven begleitet haben. Carlo Petri ist auch Fachmann für die Präsentation von Unternehmen in solchen Erlebniseinrichtungen: „Besucher von Science Centern befinden sich in einer entspannten und aufnahmebereiten Freizeitstimmung. Da können sich Unternehmen, die eine inhaltliche Nähe zum Thema vorweisen, in einem emotionalen Umfeld glaubwürdig und kompetent präsentieren,“ verriet er im Gespräch mit der Fachzeitschrift „Werben und Verkaufen“ (14/2008). Im dazugehörigen Artikel wird als Beispiel das Energieunternehmen EnWB genannt, das derzeit im „Phaeno Wolfsburg“ eine Blitzmaschine installiert hat: „Schließlich sollen noch mehr Menschen EnWB mit aufregenden Erlebnissen statt mit steigenden Strompreisen assoziieren.“

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OB Menzel mit Info-Box

In der Infobox sollen Besucher den JWP mit Fortschritt und Versorgungssicherheit assoziieren. Vergebens sucht man einen Themenraum „Natur und Umwelt“, in dem Besucher ökologische Folgen der Baggerarbeiten oder hydraulische Auswirkungen des Bauwerks auf das Ökosystem im Jadebusen erforschen könnten. Das war auch nicht Zielsetzung der Betreiber und damit nicht Aufgabe der Ausstellungsmacher, gibt jedoch Anlass zur Kritik an den Eintrittspreisen: Stehen nun Information und Bildung im Vordergrund, oder aber einseitige Propaganda der Hafenlobby, die den Empfängern ihrer Werbebotschaft auch noch Geld abverlangt?
„Wir wollen Bürger und Touristen der Region beim JadeWeserPort mitnehmen!“, hatte Joachim Werren, Staatssekretär im Niedersächsischen Wirtschaftsministerium und Vorsitzender des Aufsichtsrates der JWP Realisierungsgesellschaft, bei der Grundsteinlegung verkündet. „Den Bürgern Wilhelmshavens und der Region soll die Möglichkeit gegeben werden, sich über den Bau und den späteren Betrieb des Hafens sowie weltweite Containerverkehre zu informieren“, so die Betreiber. Darf dieses Recht auf Information daran gekoppelt werden, dass sich jemand den Eintritt leisten kann?
Vom reinen Unterhaltungswert mögen die 4 Euro Eintritt für Erwachsene wohl gerechtfertigt sein. Positiv ist zu vermerken, dass neben den rein computerbasierten Exponaten auch mechanisches „Spielzeug“ aus Holz vertreten ist: Eine „Schiffsschaukel“, auf der sich die Bewegung eines Schiffsrumpfes erfühlen lässt, das „Hüteraten“ mit beweglichen Holzklappen, eine Magnetwand, an der sich hölzerne Elemente zu einem logistischen Transportstrang kombinieren lassen und nicht zuletzt ein Frachtraum, in dem es hölzerne Container-Bauklötzchen effizient zu stapeln gilt – da erwachte bei der feierlichen Eröffnung der Infobox in manchem Schlipsträger wieder das Kind im Manne. Vermutlich werden diese einfachen Elemente, die viele Sinne ansprechen, im Dauerbetrieb haltbarer sein als die High-Tech-Elektronik, die von neugieriger Kinderhand erfahrungsgemäß intensiv und nicht selten zweckfremd getestet wird.
Erfrischend schlicht kommt auch eine sehr elementare Information zum Hafenbau daher: Mit Blick durch das Panoramafenster kann man sich durch Blättern in einem Ordner mit einlaminierten Karten die verschiedenen Bauabschnitte vor Augen halten. Insgesamt wirkt die Ausstellung sehr kind- bzw. familienorientiert. So sind auch die kurzen Texte in einfacher Sprache gehalten. Auch die räumliche Gesamtgestaltung mit Gliederung durch „Spundwände“ ist durchaus gelungen (Atelier Marco Unterhaslberger, in Kooperation mit Tischlerei Papcke, Wilhelmshaven).
In einer „pre-opening“-Phase konnten Besucher die Ausstellung bereits vor der offiziellen Eröffnung testen. Infobox-Geschäftsführer Jens Briese berichtete von positiven Rückmeldungen, auch wenn „kritische Stimmen unvermeidbar“ seien. Unsere Kritik kennen Sie jetzt – wenn Sie Lust auf spielerische Unterhaltung ohne großen Anspruch, etwa eine Stunde Zeit und dazu vier Euro in der Tasche haben, gucken Sie sich die Infobox ruhig von innen an und bilden sich Ihre Meinung.

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