Machbarkeitsstudie
Mrz 152000
 

Hat da jemand etwas zu verbergen?

Zusammenfassendes zur Präsentation der JadePort-Machbarkeitsstudie

(hk) Für wenig Überraschung sorgte die Meldung, dass in der Machbarkeitsstudie festgeschrieben wurde, dass der JadePort machbar ist. Doch wie geht es jetzt weiter? Ein Kommentar.

Alle Zitate sind den Redemanuskripten der Vorträge von Dipl. Ing. Günter Baak, Projektführer des Projektkonsortiums JadePort, Dr. Birgit Grote, Staatssekretärin im Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr, Eberhard Menzel, Oberbürgermeister der Stadt Wilhelmshaven und Emanuel Schiffer, Vorstand der EuroGate, entnommen, gehalten auf der Veranstaltung des Deutschen Verkehrsforums „Vorstellung der Machbarkeitsstudie Jade Port“ am 18. Februar 2000 in Hannover.

Oberbürgermeister Menzel forderte die Bürgerinitiative gegen den JadePort unmissverständlich auf, so lange die Klappe zu halten, bis die Machbarkeitsstudie vorliegt. Und nun liegt sie vor. OB Menzel am 18.2. in Hannover: „Die heute vorgestellte und vorgelegte Machbarkeitsstudie wird es jetzt ermöglichen, in einer breiten Informationsoffensive die Erkenntnisse in die Region zu tragen, Aufklärung zu betreiben, Fragen, die bestehen, zu beantworten.“ Eine Offensive mag da ja wohl anlaufen, ob die allerdings etwas mit Information zu tun hat, muss bezweifelt werden. Die Wilhelmshavener Wirtschaftsvereinigung als Auftraggeber der Studie lehnt es rundweg ab, der interessierten Öffentlichkeit Zugang zu der Studie zu gewähren. Nicht einmal die Zusammenfassung der Studie wird einsehbar sein. Wie kann sich da beispielsweise der Rat eine Meinung bilden und eine Entscheidung treffen? Doch wohl nicht auf Grundlage der lobbyistischen Verlautbarungen der WHV! Wie soll die Diskussion in der Öffentlichkeit weiter gehen, wenn die Fakten nicht auf den Tisch kommen? Doch die WHV beschreitet ihren Königsweg: Aus der Zusammenfassung wird eine Zusammenfassung zusammengestellt – ca. 8 Seiten dick – und die wird dann den Ratsmitgliedern als Entscheidungsgrundlage für ein Milliardenprojekt zur Verfügung gestellt.Diese Geheimniskrämerei hat zwei Gründe:1. Die WHV will das Projekt möglichst schnell durchziehen und erst gar keine Debatten über das Für und Wider aufkommen lassen und

2. wird die Studie so viele Ungereimtheiten aufweisen, dass eine öffentliche Diskussion für die WHV nicht durchstehbar ist.

Und damit wird die WHV Schiffbruch erleiden. Wenn erst einmal bemerkt wird, dass sowohl die Öffentlichkeit wie auch die Entscheidungsträger nur mit Beliebigkeiten versorgt werden, wird es tumultartig werden.

Die in den Reden zur Vorstellung der Machbarkeitsstudie gemachten Äußerungen weisen darauf hin, dass der JadePort sowohl finanziell als auch aus Umweltschutzgründen ein Windei ist.

Die Finanzen

Noch vor einem Jahr tönte es aus der WHV-Geschäftsstelle, dass der JadePort ausschließlich privat finanziert wird. Heute sieht das ganz anders aus: „Allerdings ist eine vollständige Privatfinanzierung unwahrscheinlich. Realistisch ist dagegen eine Mischfinanzierung der Infrastruktur durch die öffentliche Hand (Bund und Land) unter Beteiligung von Investoren (Refinanzierung durch Mieten und Gebühren) sowie eine Privatfinanzierung der Suprastruktur durch den Betreiber.“ (Günter Baak) Klartext: Der Staat muss ca. 1 Milliarde für die Errichtung des JadePorts ausgeben. Das Geld bekommt er, wenn alles so läuft wie geplant, über Steuern und Gebühren wieder rein. „Das bedeutet für das Land Niedersachsen einen jährlichen fiskalischen Nutzen von bis zu 48 Mio. DM. Hinzu kommen sonstige Einnahmen (Gebühren, Pachten etc.) in Höhe von gut 20 Mio. DM.“ (Günter Baak) Selbst diese Annahme ist unseriös, was ja auch in dem „bis zu 48 Mio. DM“ deutlich wird. Wie ein Hütchenspieler jongliert der Herr Baak hier mit unrealistischen Zahlen der benötigten Arbeitskräfte und des möglichen Umschlags. Doch selbst diese hochgeschätzten Einnahmen würden höchstens die jährliche Zinslast für die Verschuldung des Landes wieder reinbringen. Eine Folgekostenabschätzung wäre auch für die Stadt und den Bund unabdingbar, denn schon aus den Andeutungen der Studie geht hervor, dass z.B. die Baggerkosten abrupt in die Höhe schnellen werden.

Die Hoffnung, dass der JadePort sich zu einem Goldesel entwickelt, können wir uns wohl abschminken: „Ich will aber darauf hinweisen, dass der Betrieb eines Container-Terminals aufgrund der extremen Wettbewerbs-Situation in der Hamburg-Antwerp-Range selbst bei guten Wachs- tumsraten für keinen Hafen ein sonderlich renditestarkes Geschäft ist. Mit einem gut laufenden Container Terminal kann man zwar relativ viele Menschen beschäftigen, aber eben keine hohen Gewinne erwirtschaften.“ (Emanuel Schiffer)

Ob und wie sich die niedersächsische Landesregierung, der von der WHV ja die finanzielle Hauptlast zugeschustert wird, an der Finanzierung beteiligen kann, steht noch in den Sternen: „Vorher ist die Finanzierung zu klären. Ich bin mit der Hafenwirtschaft einig, dass Privatfinanzierung im Vordergrund stehen muss. Es besteht sicherlich Klärungsbedarf, wer was finanziert und ob und wie das Land gegebenenfalls durch Zur-Verfügung-Stellen von Flächen und Bürgschaften helfen kann. In diesem Zusammenhang ist auch zu klären, wer der Träger der Hafeninfrastruktur werden soll.“ (Birgit Grote)

Die Realisierung des JadePorts kostet Milliarden an Steuergeldern.

Zu der einen Milliarde, die der Steuerzahler laut Machbarkeitsstudie aufzubringen hat, kommt eine weitere Milliarde für den Bau des Jade-Weser-Kanals (vielleicht auch nur 700 Millionen). Hinzugerechnet werden müssen auch die Vorleistungen zur Aufspülung der Grodenflächen, die auch im oberen dreistelligen Millionenbereich angesiedelt sind. Ungeklärt auch, inwieweit die Abrisse von Niedersachsen- und Raffineriebrücke, Neubau der Kühlwasserentnahme für das Kraftwerk, evtl. Neubau des Maadesiels und so weiter, mit im Zahlenwerk der Machbarkeitsstudie enthalten sind.

Umweltauswirkungen

„Die durchgeführte Umweltfolgenabschätzung hat insgesamt keine Hinweise auf Umweltbeeinträchtigungen geliefert, aufgrund derer das Projekt nicht genehmigungsfähig sein könnte. Die Baumaßnahme (u.a. die Aufspülung des Terminalgeländes, die Baggerung der seeseitigen Terminalzufahrt und die Infrastrukturmaßnahmen auf dem Voslapper Groden), wie auch der spätere Betrieb des Terminals, führen jedoch zu verschiedenen Beeinträchtigungen des Menschen, der Umwelt und von Umweltnutzungen. Ein Teil dieser Wirkungen wird temporär, ein anderer Teil wird dauerhaft sein. Während der Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer voraussichtlich nur durch relativ geringe Fernwirkungen beeinflusst wird, gehen im direkten Eingriffsgebiet vor allem durch die Aufspülung des Terminals aquatische Lebensräume und ihre ökologischen Funktionen großräumig und dauerhaft verloren. Es sind eine Reihe von Maßnahmen zur Vermeidung und Minderung von Umweltwirkungen denkbar, die im formalen Genehmigungsverfahren detailliert werden müssen.“ (Günter Baak)

Wer soll denn solchen Ausführungen Glauben schenken? Die Nutzung der Kaiserbalje ist laut WHV unbedingte Voraussetzung für den JadePort – und die Kaiserbalje führt mitten durch die Schutzzone 1 des Nationalparks!

Clever auch der Schachzug der WHV, den Bau des Jade-Weser-Kanals nicht mit in die Studie einzubeziehen; dass dieser Kanal extrem hohe Bedeutung für den JadePort hat, machte John Niemann schon einen Tag nach der Präsentation der Studie in der Öffentlichkeit deutlich. Auch das kein Eingriff in die Natur?

Wasserbau

Auch die wasserbaulichen Maßnahmen, wie die Verlegung und Neubaggerung der Jadefahrrinne und der Bau der Stromkaje werden ohne Zweifel Auswirkungen auf das Jade-Weser-Ästuar haben. Dazu Günter Baak in seinen Ausführungen in Hannover: „Die geplante erste Ausbaustufe stellt eine erhebliche geometrische Systemveränderung dar, die aber aufgrund einer Kompensationswirkung von Querschnittseinengung und -vertiefung nur geringe hydrodynamische Veränderungen der Tidedynamik verursacht. Die morphodynamische Gesamtstabilität des Gesamtsystems Jade wird durch die erste Ausbaustufe nicht beeinflusst, da keine wesentlichen Änderungen der Tidedynamik eintreten. Ein zusätzlicher Sedimenteintrag in die Jade ist nicht zu erwarten. Es ergeben sich Betroffenheiten, vornehmlich hinsichtlich Sedimentumlagerungen, an einigen Hafenanlagen und Wasserbauten entlang der westlichen Innenjade, die im formalen Genehmigungsverfahren von Bedeutung, aber technisch lösbar sind.“

Kann man das glauben? Zumindest muss diese Aussage so lange in Frage gestellt werden, bis die WHV die Untersuchungsmethoden und –ergebnisse der Öffentlichkeit zur Verfügung stellt, damit sie von nicht befangenen Wissenschaftlern überprüft werden können.

Arbeitsplätze

„Oberste Priorität ist es, bestehende Arbeitsplätze zu stabilisieren, neue Arbeitsplätze zu schaffen, für die jungen Menschen, für die nachfolgenden Generationen. In diesem Sinne betrachtet die gesamte Region den Jade-Weser-Port als Chance.“ (Eberhard Menzel)

„Für die strukturschwache Region Jade Weser Raum ist das Projekt von Beginn an mit erheblichen Beschäftigungseffekten verbunden, die sich nach Erreichen der Auslastung der vorgeschlagenen ersten Phase auf bis zu 3.600 direkt und indirekt Beschäftigte belaufen dürften.“ (Günter Baak)

Dazu die Bürgerinitiative gegen den Jadeport: „Während der Betriebsphase – also nach den Planungen ab 2006 – , das haben wir an Hand des vorgestellten Modells errechnen können, werden 270 Arbeitskräfte an der Pier arbeiten. Diese Zahl ist nicht umstritten und auch von der WHV bestätigt. Aus Gesprächen während der Präsentation der Machbarkeitsstudie weiß ich, dass hier 6 Schichten arbeiten sollen – davon werden höchstens zwei/drei Schichten neu eingestellt – der Rest wird mit Überhangkapazitäten aus Bremerhaven versorgt. Damit liegen wir in der ersten Phase bei 130 bis 150 zusätzlichen Arbeitsplätzen. Wenn wir über Arbeitsplätze beim fertigen JadePort reden, dann reden wir über 200 neue Arbeitsplätze!“ (Siehe Gegenwind-Gespräch auf der vorherigen Seite)

Die Studie muss öffentlich werden!

Der Umgang der WHV mit der Studie ist unzumutbar. Wenn es dazu kommen soll, dass hier Milliarden Steuermark für einen Hafenneubau ausgegeben werden sollen, dann muss die Studie in allen Einzelheiten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Solange das nicht der Fall ist, müssen wir Wilhelmshavener davon ausgehen, dass die WHV etwas zu verbergen hat.

Werte und Normen „Ziel der gesamten Region muss es sein, mit einer strategisch weitsichtigen Planung, mit unternehmerischem Mut wagend, wägend und gestaltend die mit dem Jade-Weser-Port verbundenen hafenwirtschaftlichen Chancen und die natürlichen Ressourcen, die sich in unserer Region mit dem tiefen Fahrwasser bieten, ertragsoptimal und dem Gemeinwohl verpflichtet, zu nutzen.“ (OB Menzel)

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