Jadeport
Mrz 171999
 

Goldesel Jade-Port?

In der Jaderegion bricht ein goldenes Zeitalter an, wenn der Jade-Port gebaut wird. Diesen Eindruck kann man gewinnen, wenn man ausschließlich unser größtes Heimatblatt liest.

(jm) “Eine Stadt kämpft ums Überleben: Mit hoher Arbeitslosigkeit, schrumpfender Einwohnerzahl und öffentlicher Armut rächt sich die Monostruktur Wilhelmshavens. Jahrzehntelang setzten die Stadtväter auf Marine und Großindustrie – ein Irrweg. Gibt es noch Hoffnung?”

So fasste die Zeitschrift manager-magazin die Nöte unserer Stadt zusammen. Das ist zwar schon mehr als sieben Jahre her – die Botschaft bleibt aber weiterhin hochaktuell. Hoffnung wird allerdings wieder verbreitet – und wie gehabt von oben.
Trotz falscher Versprechungen und enttäuschter Erwartungen in Sachen Großindustrie am seeschifftiefen Fahrwasser wollen die Stadtoberen ein weiteres Großprojekt durchziehen: den Jade-Port. Dieser sei von existenzieller Bedeutung für Wilhelmshaven und nicht nur das: Nachdem der Ausbau des Hafens zur “nationalen Energiedrehscheibe” den Niedergang der Stadt nicht aufhalten konnte, wird jetzt der Bau eines Jade-Ports mit dem Anspruch gefordert, dieser sei eine unverzichtbare nationale Aufgabe. (OB Eberhard Menzel in der Neujahrsansprache vom 10.01.99)

Umschlagrekorde und Preisdruck
Doch was der Port für die Stadt und ihre BürgerInnen außer neuen Umschlagrekorden und zusätzlichem Verkehr bringen soll, bleibt weitgehend im Dunkeln. Und nicht mal dafür ist der Port eine sichere Bank – auch wenn die im Auftrag der Wilhelmshavener Hafenwirtschaftsvereinigung e.V. (WHV) erstellte Jade-Port Studie auf den ersten Blick etwas anderes verspricht (s. dazu Gegenwind Nr. 145, Das Orakel).
Bekanntlich argumentieren die Port-Wortführer damit, dass künftig der einzige deutsche Tiefwasserhafen dafür prädestiniert sei, an der Jade Stellplatzkapazitäten für den weiter anwachsenden Containerumschlag bereitzustellen und die immer größer dimensionierten Containerschiffe aufzunehmen.
Reedereifachleute beurteilen solche Vorteile eher zurückhaltend: “Bis auf wenige Ausnahmen war das Interesse an einem Containerhafen in Wilhelmshaven groß. Allerdings kam in vielen Fällen eine deutliche Skepsis hinsichtlich des Erfolgs zum Ausdruck.” (aus Jade-Port-Studie) Im Klartext heißt das: Wir können es nur begrüßen, wenn wir möglichst viele Containerhäfen zur Auswahl haben. Allein dadurch, dass Wilhelmshaven als Wettbewerber mit(unter)bietet, könnten wir unsere Stammhäfen Bremen und Hamburg noch stärker unter Preisdruck setzen…

Reservekapazitäten in Hamburg und Bremen
Man kommt nun mal nicht an der Tatsache vorbei, dass Bremen und Hamburg auch zukünftig in der Lage sein werden, größere Containermengen und größere Containerschiffe aufzunehmen: Beide haben für Hafenerweiterungen und Fahrwasservertiefungen Vorsorge getragen und gehen darüber hinaus verschwenderisch mit der Bereitstellung von Containerstellflächen und Schiffsliegeplätzen um – haben also auch diesbezüglich riesige Reservekapazitäten in petto.
So plant z.B. das Land Bremen in Bremerhaven kurz nach Fertigstellung des Containerterminals 3 bereits eine Angliederung “3A” und darüber hinaus schon einen Containerterminal 4 – nicht wegen übergroßen Schiffsandrangs, sondern wegen der Stoßzeiten am Wochenende, während in der Wochenmitte Leere an den Kajen herrscht. Zwar könnte man die Container Platz sparend höher stapeln und mit den Reedern in Verhandlungen über die Harmonisierung der Schiffsankünfte eintreten. Aber das ist, im Gegensatz zu Ostasien, in Europa nicht erforderlich, weil die öffentlichen Hände in Konkurrenz zueinander der Transportwirtschaft jeden Wunsch erfüllen müssen.

KaimauerproduktivitätPro Meter eine Million
Als Puffer könnte der Jade-Port als Weser-Jade-Port also tatsächlich eine denkbare Alternativlösung zum Terminal-Ausbau in Bremerhaven sein, denn: “Nachdem schon mehr als 500 Millionen Mark für die Ausbaustufe Containerterminal 3 über 40 Jahre finanziert werden müssen, sieht der Häfensenator keine Möglichkeit, die nächste Mega-Investition wieder auf Pump zu bezahlen. Immerhin kostet jeder Meter sturmflutsicherer Stromkaje 1 Million Mark.” (TAZ, 12.01.99)

Aus Bremer Sicht natürlich ein erwägenswerter Gedanke: Das Land Niedersachsen finanziert den Bau des Weser-Jade-Ports, der dann von Bremen aus ferngesteuert wird. Sogar die Kranführer und Staplerfahrer könnte man mal eben schnell von Bremerhaven durch den bis dahin fertigen Wesertunnel zur Jade rüberrauschen lassen, um von einem dorthin umdirigierten Schiff eine Containerpartie herunterzunehmen.

Selbst die Verfasser der Jade-Port-Studie ziehen in Betracht, dass die “Zurückhaltung eines Teils der potenziellen Kunden zu einer längeren Anlaufphase führen (kann)”. Daran anknüpfend spekulieren sie: “Mit einem vorausschauenden großen Kunden als Vorreiter kann ein leistungsfähiges Verkehrsnetz im Bereich Feeder (Zubringerschiffe, die die Container von den großen Schiffen übernehmen und zu den kleinen Häfen weitertransportieren (und umgekehrt)) und Schiene aufgebaut werden. Damit dürften sich auch viele andere Reeder von den Vorteilen Wilhelmshavens überzeugen lassen.”

Wo kommt das Geld her?
Angeblich stehen schon Private bereit, die den Bau des Weser-Jade-Ports mal ganz-, mal mitfinanzieren wollen. Und das, obwohl z.B. der Zentralrat der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) es in einer Stellungnahme zum Grünbuch der EU-Kommission über Seehäfen und Seeverkehrinfrastruktur abgelehnt hat, Häfen als im Wesentlichen privatwirtschaftliche, gewerbliche Einheiten zu betrachten, deren Infrastrukturkosten auf die Nutzer abgewälzt werden müssten. Wenn aber die öffentliche Hand die Kosten für den Hafenbau nicht auf die Nutzer abwälzen soll – und das auch gar nicht will, wie kann dann ein privater Investor diese Wettbewerbsverzerrung profitabel durchstehen?! Muss der Hafenbau am Ende doch mit Hilfe von Steuergeldern beglichen werden – durch jahrelange Tilgungs- und Zinszahlungen an private Vorfinanzierer?
Für wen könnte sich am Ende der Weser-Jade-Port wohl lohnen? Auch für uns Wilhelmshavener? Vielleicht – aber nur für ganz wenige!

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