Tafel
Jan 141999
 

Umverteilung

Wir stellen die „Wilhelmshavener Tafel“ vor

(noa) Vor einem halben Jahr kam das Ehepaar Frerichs, angeregt durch einen der bekannten Werbespots auf PRO 7, auf den Gedanken, in Wilhelmshaven eine „Tafel“ zu gründen. Der Gedanke ist einfach: Lebensmittel, die nicht mehr verkäuflich sind, sollen nicht vernichtet oder an Tiere verfüttert werden, sondern Menschen ernähren.

In vielen Städten gibt es mittlerweile entsprechende Vereine; der Bundesverband hat seinen Sitz in Celle. Manche „Tafeln“ sind schon so weit, dass sie einen oder gar mehrere „Läden“ haben. Wir haben nachgefragt, wie es in Wilhelmshaven aussieht.

Am 17.8.98 riefen die Frerichs in der „WZ“ zur Teilnahme auf und bekamen sofort etwa 20 Anrufe. Schon am 17.9.98 fand die Gründungsversammlung des Vereins „Wilhelmshavener Tafel e.V.“ mit 28 Mitgliedern statt. Mehr Frauen als Männer, Menschen unterschiedlichster Berufsgruppen (dankenswerterweise auch Juristen, die bei den Formalitäten der Vereinsgründung halfen), die Altersspanne von ca. 20 bis über 80, das ist die Gruppe, die nun in Wilhelmshaven und Umgebung „betteln“ geht, um die Lebensmittel anderen zur Verfügung zu stellen.

Warum machen Leute so etwas? Es gibt viele soziale Aufgaben zu erledigen, so einer der Initiatoren, und ohne ehrenamtliches Engagement geht vieles nicht. Und bei der „Tafel“ können die Aktiven die unterschiedlichsten Neigungen und Fähigkeiten einsetzen: Verhandlungen mit Geschäftsleuten führen, einen Fahrdienst organisieren, Lebensmittel abholen und transportieren, zu den Verteilstellen bringen.

Die Verteilstellen, das sind bisher überwiegend Arbeitsbereiche der Diakonie. Der Tagesaufenthalt für Wohnungslose, das Café Regenbogen und das Flüchtlingswohnheim werden beliefert. Außerdem arbeiten das Frauenhaus und der „Wendepunkt e.V.“ mit der „Tafel“ zusammen.

Beruhigung der Armen mit den Resten der Reichen? So kann man das nicht sehen, sagen die Leute von der „Tafel“. Es sind keine Reste, die da zur Verteilung kommen. Die weitaus meisten KundInnen lassen frische Ware in den Kühlregalen stehen, wenn die noch drei Tage bis zum Mindesthaltbarkeitsdatum hat, und kramen dahinter nach dem Joghurt oder Käse, der zwei Tage „frischer“ ist.

Manche Supermärkte sortieren Frischware einen Tag vor dem „Verfallsdatum“ aus und bieten sie zum halben Preis an – dann geht sie meist noch weg. Das sieht die „Tafel“ nicht so gern. In den Supermärkten, die sich den Einsatz von Arbeitskraft für diese Tätigkeiten sparen, gilt Ware, bei denen das Mindesthaltbarkeitsdatum noch nicht erreicht ist, schon als unverkäuflich. Bei „Interspar“ und „Marktkauf“ können die „Tafel“-Mitglieder zweimal wöchentlich diese Produkte abholen, und die Heidmühler Bäckerei Raszat stellt Gebäck zur Verfügung.

Es geht dem Verein nicht um die Grundversorgung bedürftiger Menschen. Die sollte eigentlich durch die Sozialhilfe gesichert sein (sollte – doch wenn man bedenkt, dass einige hundert SozialhilfeempfängerInnen nicht den vollen Satz, also nicht das Existenzminimum bekommen, muss das bezweifelt werden). Es geht um eine zusätzliche Ernährung; bestimmt gönnen sich die Familien mancher Arbeitsloser nur sehr ausnahmsweise mal einen teuren Fruchtquark.

Diese Familien können im Moment vom Angebot der „Tafel“ noch nicht profitieren. Es fehlt eine eigene Abgabestelle. Zwar gibt es in Wilhelmshaven jede Menge leer stehender Ladenlokale und Wohnungen, doch die Mieten sind bei einem Monatsbeitrag von 5 DM/Mitglied unerschwinglich. Viele neue Mitglieder oder großzügige Sponsoren (oder beides), das ist der Wunsch des Vereins, und natürlich weitere Geschäfte, die Waren zur Verfügung stellen. Aber natürlich werden auch Einzelspenden gern genommen.

 

„Wilhelmshavener Tafel e.V.“

Tel: 04421-61251

Fax: 04421-699658

Bankverbindung: Konto Nr. 32908030 bei der Sparkasse Wilhelmshaven (BLZ 28250110)

Stammtisch: 14.1.99 und 18.2.99 um 20.00 Uhr in der „Nostalgie“ (Werdumer Str.)

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