Substitution
Jan 141999
 

Es tut sich was

Drogenabhängige sollen in die Lage versetzt werden, wieder am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen

(ub) Mit der Einrichtung einer zentralen Vergabestelle von Methadon beim Diakonischen Werk in der Weserstraße ist möglicherweise der entscheidende Durchbruch bei der Beseitigung der Substitutionsproblematik in Wilhelmshaven gelungen. Jetzt bröckelt auch die starre Haltung der Ärzte. Unklar ist weiterhin, ob sich auch die Kommune am Lösungspaket beteiligt. Das städtische Gesundheitsamt jedenfalls hatte frühzeitig abgewunken.

Am 1. Februar vergangenen Jahres mit Wirkung zum 1. Juli 1998 änderte der Gesetzgeber die Betäubungsmittelverschreibungsverordnung. „Nur noch Methadon darf als Ersatzstoff von entsprechend qualifizierten Ärzten verschrieben werden. Genau daran wird es wohl in Wilhelmshaven scheitern“ berichtete der Gegenwind im Mai 1998. Besagte Betäubungsmittelverschreibungsverordnung verlangt von Ärzten, dass sie sich zusätzlich qualifizieren. Erst nach einer entsprechenden Fortbildung dürfen Ärzte Methadon an einen vom Gesetzgeber eingeschränkten Kreis von Drogenabhängigen verschreiben. Das Interesse der Wilhelmshavener Ärzteschaft an dieser Fortbildung ging bekanntlich gegen Null.

Dr. Rudolf Greth, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung, nannte der WZ gegenüber seinerzeit einige Gründe, warum sich die Ärzte reserviert verhalten. An den Junkies lässt sich nichts verdienen, sie belasten vielmehr das ohnehin schon angespannte Honorar- und Verschreibungsbudget. Der Behandlungsbedarf auf Grund vielfältiger Erkrankungen resultierend aus der Sucht und aus den Lebensumständen der Abhängigen ist zudem enorm hoch. Und dann verschrecken diese abgerissenen Typen womöglich auch noch Ottonormalpatient, der regelmäßig die Praxis aufsucht, um den Blutdruck messen zu lassen.

Allerdings haben Wilhelmshavens Ärzte seit Januar 98 kontinuierlich an einem Gesprächskreis zur Lösung des Substitutionsproblems zusammen mit Apothekern, Vertretern der Krankenkassen, der Kommune sowie der Diakonie teilgenommen. Von verschiedener Seite wurde darauf hingewiesen, dass Drogensucht als gesellschaftspolitisches Problem zu betrachten ist, dessen Lösung nicht allein in Arztpraxen gesucht werden kann. Zudem müsste von staatlicher Seite angesichts hoher Folgekosten, verursacht durch Beschaffungskriminalität, allein aus finanziellen Gründen ein hohes Interesse bestehen, die Drogenabhängigen aus der illegalen Sucht in die kontrollierte Substitution zu leiten. Drogenabhängige sind nicht selten schwer kranke Menschen mit bereits erwähnt hohem Behandlungsbedarf und entsprechender Belastung des Budgets im Gesundheitswesen. Auch deshalb bestehe – so einige Ärzte -ein gesamtgesellschaftliches Interesse an der Reduzierung des Drogenproblems.

Substitution im Rahmen eines Methadonprogrammes bedeutet neben der regelmäßigen Abgabe des Drogenersatzstoffes auch eine begleitende psychosoziale Versorgung des Abhängigen. Wenn es unter anderem das Ziel von Substitution sein soll, dass der Drogenabhängige in die Lage versetzt wird, wieder am alltäglichem Leben teilzunehmen, was u. a. Loslösen von der süchtigen Szene, Hilfe bei Arbeits- und Wohnraumbeschaffung etc. bedeutet, wird zumindest phasenweise professionelle Hilfe auch in diesen Dingen des Lebens von Nöten sein.

Das Fortbildungsinteresse hinsichtlich einer Beteiligung am Methadonprogramm der Wilhelmshavener Ärzte war lt. Aussage von Dr. Rudolf Greth noch Mitte vergangenen Jahres erschreckend gering. Auf ein Lehrgangsangebot der Bezirksstelle Wilhelmshaven-Friesland der Kassenärztlichen Vereinigung hatte sich lediglich ein Arzt gemeldet! Jetzt, nachdem die unmittelbare Abgabe des Ersatzstoffes Methadon auf eine zentrale Vergabestelle bei einem freien Träger verlagert wurde, haben nach Informationen, die dem Gegenwind vorliegen, schon mehr als 10 Ärzte Interesse signalisiert, die Qualifikationsvoraussetzungen zur Verschreibung von Methadon zu erfüllen.

Unklar ist allerdings noch, wie die Stadt gedenkt, sich an der Sicherstellung der Methadonvergabe zu beteiligen. Romuald Wehrmann, Vorsitzender der Bezirksstelle Wilhelmshaven der Ärztekammer, hofft, „dass die Stadt Wilhelmshaven stundenweise das Personal für diese Hilfseinrichtung stellt“ (Jeversches Wochenblatt vom 19.12.98). Als Überlegungen laut wurden, aus oben genannten Erwägungen heraus die zentrale Methadonvergabestelle im Gesundheitsamt anzusiedeln, wurde von städtischer Seite aus abgewunken – ein entsprechendes Angebot könne mangels geeigneter Räumlichkeit nicht bereitgestellt werden.

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