Landesbühne von Scientology unterwandert?
Überzeugende Darstellung des Ensembles „In Sekten“ legt den Verdacht nahe
(iz/noa) „Bekommen Sie immer, was Sie sich wünschen? Bewältigen Sie Ihre alltäglichen Probleme? Sind Sie der Mensch, der Sie sein möchten?“ 5 Minuten Zeit sollten Theaterbesucher eingangs des Stückes „In Sekten“ für diese und ähnliche Fragen erübrigen. Wie viele Ahnungslose, denen in Fußgängerzonen solche Fragebögen aufgenötigt werden – und schwupps finden sie sich, wie die Theaterbesucher, im folgenschweren Seminar „Erfolg im Alltag“ wieder.
Vorausgesetzt, der Zuschauer hat die Medienberichte über Entwicklung und Gefahren verschiedener Sekten einigermaßen verfolgt, liefert das Stück auf der geistig-intellektuellen Ebene keine neuen Erkenntnisse. Etwaige Wissenslücken kann in gebotener Kürze das Programmheft schließen. Im Stück werden viele Kriterien und Klischees, die Sekten ausmachen, inhaltlich sorgfältig abgearbeitet – formal jedoch in einer schmerzhaften Lebendigkeit zelebriert, die den Zuschauer das Gefühl, die tatsächliche Erfahrung, in den Sog einer simplen, aber wirkungsvollen Demagogie zu geraten, körperlich und seelisch spüren lässt.
Von der Rahmenhandlung „Theatersaal als Sektenseminar“ springt das Stück in Szenen aus dem Sektenalltag. Faszinierende „Erfahrungsberichte“ wundergeheilter Anhänger: „Nie wieder Migräne!“ Beispiele der „Beweisführung“: In Sekten „stimmt“ jede noch so hanebüchene Theorie, solange nicht das Gegenteil bewiesen wird. „Rückführungstherapie“, in der Mitglieder unter Qualen und Selbstbezichtigung sogenannter Sünden psychologisch umgekrempelt, „reingewaschen“ werden (Unter Scientologen als „Auditing“, im Mittelalter als Inquisition bekannt).
Wer es noch nicht begriffen hat, dem wird im Epilog der gesellschaftliche Nährboden, auf dem Sekten gedeihen, so schlicht erklärt, wie deren Opfer es meist sind – Intelligenz und Naivität schließen sich nicht aus.
Selbst jene, die das Thema gar nicht ernst nehmen, sollten das Stück wegen der an der Landesbühne bisher selten so erlebten schauspielerischen Leistungen nicht versäumen. Doch gerade deshalb: Wer Angst davor hat, sich auf das Thema wirklich einzulassen, sollte lieber zu Hause bleiben.
Weitere Aufführungen im Stadttheater: Sa. 30.1., Di. 9.2., Fr. 12.2., Mo. 22.2., Di. 23.2., Mi 24.2., jeweils um 20 Uhr.
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