Pogrom
Sep 051998
 

60 Jahre Reichspogromnacht – „Das Eichmann-Experiment“

Unter diesem Titel wird mit einer Veranstaltungsreihe Ende Oktober/ Anfang November in Wilhelmshaven ein schwarzes Kapitel deutscher Geschichte aufgeschlagen. Eine Reihe politisch und kulturell engagierter Jadestädter reagiert damit auf das immer noch und immer wieder alltägliche faschistische Erbe unserer Gesellschaft, das sich in Gewalthandlungen und Wahlverhalten widerspiegelt.

Tatort Wilhelmshaven/ Rüstringen heißt die Auftaktveranstaltung Ende Oktober in der Perspektive. Hartmut Büsing (Historischer Arbeitskreis des DGB) stellt in Texten und Bildern die Geschichte der Rü-stringer und Wilhelmshavener Juden vor: „… soviel unnennbares Leiden erduldet …“ – aus dem Blickwinkel des kleinen Mannes. „In unserer eigenen Stadt können wir anfassen, begreifen, daß der Weg nach Tre-blinka und Auschwitz auch von hier aus seinen Anfang nahm.“ Weiterhin werden Ausschnitte gezeigt aus dem Film „Wilhelmshaven – Marinehauptstadt der NS“ von Heiko Pannbacker und Hartmut Peters (Antifaschistisches Bündnis Wilhelmshaven).

Heute Abend: Lola Blau heißt das „Musical für eine Darstellerin“ von Georg Kreisler, das Sigrun Kaethner-Böke am 30. und 31. Oktober (jeweils 20 Uhr) in der Perspektive präsentiert.

Ins Dunkel geschrieben sind Texte von Walter Mehring, Erich Mühsam, Paul Zech, Else Lasker-Schüler, Nelly Sachs, Lola Landau, Selma Meerbaum-Eysinger und Ingeborg Bachmann, interpretiert von Sigrun Kaethner-Böke (Rezitation und Gesang), Carlo Menzel (Oboe) und Marten Mayer (E-Piano) am 6.11. um 20 Uhr in der Perspektive.

Spuren der Vergangenheit zeigen sich in der Überwindung persönlicher Probleme, von Identitätsstörungen und einem gestörten Verhältnis zur eigenen Lebensgeschichte selbst in der dritten Generation. Wolfgang Neumann, Diplompsychologe und Psychotherapeut an der Uni Bielefeld, beschäftigt sich am 7.11. um 20 Uhr in der Perspektive mit der Gefühlsverarbeitung und Gefühlstradierung nicht verarbeiteter psychischer Spuren der NS-Vergangenheit. Sein Vortrag richtet sich an alle Interessierten und in erster Linie an jene ohne fachpsychologische Vorkenntnisse.

DavidsternDas Eichmann Experiment von Tilman Hanckel ist das Kernstück der Veranstaltungsreihe, wofür Ignaz Bubis, Vorsitzender des Zentralrates der deutschen Juden, die Schirmherrschaft übernahm. 1960 liefen an der Yale University die Experimente Stanley Milgrams zur Erforschung des Phänomens Autorität – Gehorsam an. 1960 begannen in Jerusalem die Verhöre Adolf Eichmanns. In dem Dokumentarspiel wechseln Verhörszenen und Experimente. Eingeschobene Gesprächsszenen weisen auf das gemeinsame Ziel hin, den Mechanismus des blinden Gehorsams zu erkennen und zu verhindern.
Premiere ist am 8.11. um 20 Uhr, weitere Aufführungen am 9. und 10.11. um 10 Uhr und um 16 Uhr jeweils im Pumpwerk

In den vergangenen Jahren hatten sich die Organisatoren der Freizeit GmbH nicht gescheut, just zum Jahrestag der Reichspogromnacht das Kleinkunstfestival im Pumpwerk zu starten – im härtesten Fall mit einer Comedy-Veranstaltung. Wiederholt wurden die Verantwortlichen u. a. vom Gegenwind und dem Antifaschistischen Bündnis auf diese Geschmacklosigkeit hingewiesen, u. a. mit einer Protestveranstaltung der Antifa direkt vorm Eingang des Pumpwerk. Unter den zur Kleinkunstpremiere geladenen Gästen befanden sich viele „Vips“, die ansonsten gern ihr Geschichtsbewußtsein zur Schau stellen, von denen einige vielleicht wenige Minuten vorher „der Form halber“ der Gedenkfeier am Synagogenplatz beigewohnt hatten … Die Veranstalter begründeten das immer mit Vergeßlichkeit, man müsse das Kleinkunstfestival ja so lange vorher planen … sie erhielten den Tip, das Datum der Reichspogromnacht pauschal in den Kalender einzutragen. Das scheint nun endlich etwas genützt zu haben (iz) In den vergangenen Jahren hatten sich die Organisatoren der Freizeit GmbH nicht gescheut, just zum Jahrestag der Reichspogromnacht das Kleinkunstfestival im Pumpwerk zu starten – im härtesten Fall mit einer Comedy-Veranstaltung. Wiederholt wurden die Verantwortlichen u. a. vom Gegenwind und dem Antifaschistischen Bündnis auf diese Geschmacklosigkeit hingewiesen, u. a. mit einer Protestveranstaltung der Antifa direkt vorm Eingang des Pumpwerk. Unter den zur Kleinkunstpremiere geladenen Gästen befanden sich viele „Vips“, die ansonsten gern ihr Geschichtsbewußtsein zur Schau stellen, von denen einige vielleicht wenige Minuten vorher „der Form halber“ der Gedenkfeier am Synagogenplatz beigewohnt hatten … Die Veranstalter begründeten das immer mit Vergeßlichkeit, man müsse das Kleinkunstfestival ja so lange vorher planen … sie erhielten den Tip, das Datum der Reichspogromnacht pauschal in den Kalender einzutragen. Das scheint nun endlich etwas genützt zu haben (iz)

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