Offener Brief an Bundesarbeitsminister Hubertus Heil
Jan 262022
 

Pressemitteilung vom 19.01.2022 * Stark steigende Energiepreise: Jobcenter müssen sofort die Höchstbeträge für anerkannte Heizkosten anheben!

Sehr geehrter Herr Minister Heil,
die Energiepreise steigen überall stark an. Hiervon sind insbesondere einkommensschwache Haushalte betroffen. Während der Corona-Pandemie werden von den Jobcentern vorübergehend (zuletzt befristet bis 31.3.2022) die tatsächlichen Unterkunftskosten (Miete und Heizung) bei der Berechnung von SGB II-Leistungen (Hartz IV) berücksichtigt. Das gilt allerdings nicht in den Fällen, in denen zuvor bereits nur die angemessenen und nicht die tatsächlichen Unterkunftskosten berücksichtigt wurden, weil das Jobcenter die Heizkosten als zu hoch bewertet (§ 67 Abs. 3 SGB II).

Denn beim Arbeitslosengeld II (Hartz IV) werden grundsätzlich nur „angemessene Heizkosten“ berücksichtigt (das ist ein unbestimmter Rechtsbegriff). Die Rechtsprechung (Bundessozialgericht, B 14 AS 36/08 R und B 14 AS 60/12 R) hat hier auf die Werte des bundesweiten Heizspiegels (co2-online / www.heizspiegel.de) zurückgegriffen.

Bislang werden dabei für die verschiedenen Energieträger die preislichen Werte für zu hohen Verbrauch in der rechten Spalte der Tabelle in Euro pro qm und Jahr zugrunde gelegt. co2-online führt dazu online Befragungen durch und ermittelt Heizkostenwerte, damit Mieter und Hausbesitzer im Vergleich sehen können, ob ihre Verbrauchswerte zu hoch sind.

Ein aktuell besonders bedeutsamer Punkt hierbei ist, dass der Bundesheizspiegel nur die durchschnittlichen Heizkosten für das vergangene Jahr abbildet. So gibt der neue Bundesheizspiegel 2021 nicht die aktuellen Preissteigerungen wieder. Es ist sogar so, dass die Werte des Bundesheizspiegels 2021 unter denen des Bundesheizspiegels 2020 liegen.

Wenn der Bundesheizspiegel schon zur Bemessung der angemessenen Heizkosten verwendet wird, muss unseres Erachtens zwingend mindestens von den im Heizspiegel enthaltenen Verbrauchswerten und den aktuellen Energie-Preisen der lokalen Grundversorger ausgegangen werden.

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat in seinem Urteil vom 23.7.2020 (L 8 SO 383/16) entschieden, dass die Höchstwerte von den preislichen Werten des Bundesheizspiegels und nicht nach Verbrauch festgelegt werden müssen. Begründet wurde das damit, dass man ja den Energieanbieter wechseln könne, um die Heizkosten zu senken.

Angesichts von massiven Preissteigerungen auf breiter Front ist das momentan allerdings nicht möglich. Auch verschuldete Menschen mit Schufa-Eintrag können nicht einfach den Energieanbieter wechseln. Sie fallen bei der Bonitätsprüfung durch.

Laut CHECK24 (Stand: 10.1.2022) haben die Grundversorger ihre Gaspreise in 1.055 Fällen erhöht oder Erhöhungen angekündigt. Die Gaspreise erhöhen sich danach im Schnitt um 68,6 Prozent und betreffen gut 3,6 Millionen Haushalte.

Bei der Berechnung von Höchstbeträgen nach Verbrauch mit den Gas-Preisen des hiesigen regionalen Grundversorgers EWE ergeben sich je nach Haushaltsgröße höhere jährliche Heizkosten für 2022 in Höhe von 264 € – 336 € (siehe Anlage PM Anlage Berechnung).

Momentan ist der Grundversorger EWE laut den Vergleichsportalen CHECK24 und VERIVOX in unserer Region der günstigste Anbieter.

Der Regionalverbund der Erwerbsloseninitiativen Weser-Ems e.V. bittet Sie daher, dafür Sorge zu tragen, dass die Jobcenter bei der Festlegung von Höchstbeträgen zumindest von den Verbrauchswerten des Bundesheizspiegels und den aktuellen Energiepreisen (der Grundversorger) auszugehen haben.

Es darf nicht sein, dass Jobcenter an veralteten Höchstbeträgen festhalten, für die es gar keine entsprechenden Angebote der Energieversorger mehr gibt.

Mit freundlichen Grüßen

Vorsitzende des Regionalverbundes der Erwerbsloseninitiativen Weser-Ems e. V.

gez. Richard Fiebig (Vorsitzender) Ali WHV/FRI, Wilhelmshaven ,Tel: 04421–9821000;
Jana Gerdt (Vorsitzende) AGAB Bremen, 0421-395 250;
Rikus Kolthoff (Vorsitzender) ALS Leer (Ostfriesland) 0491-2221


 

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