Platz nehmen
Aug 242018
 

Freiräume statt Vorurteile

Veranstaltung "Platz nehmen" im Friedrich-Wilhelm-Park

Foto: Gegenwind

(iz) Wenn Jugendliche sich an Parkbänken oder ähnlichen Plätzen im öffentlichen Raum versammeln, wird ihnen oftmals mit Argwohn begegnet – manchmal berechtigt, meistens aber nicht. Mit dem Aktionstag „Platz nehmen“ will die Jugendpflege für mehr Akzeptanz gegenüber dem Nachwuchs werben.

„Jugendliche sorgen im Park für Ärger“ titelte die WZ vor etwa einem Jahr. „Der ZOB und gegenüberliegende Park sind Treffpunkte für mehrere Jugendgruppen, die Angst und Schrecken verbreiten. Sie fläzen auf den Bänken, hören laut Musik, hinterlassen Müllberge, benehmen sich daneben.“ Aufgrund zahlreicher Beschwerden über Jugendgruppen in der Parkanlage Friedrich-Wilhelm-Platz machten das Ordnungsamt und die Polizei gemeinsam tabula rasa. Personalien wurden aufgenommen und Platzverweise erteilt. Später wurde sogar der Park ausgelichtet, bessere Beleuchtung soll das Sicherheitsgefühl verbessern.

Eigentlich sind Parkanlagen als Aufenthalts- und Begegnungsort für alle gedacht. Natürlich soll sich auch die Seniorin dort wohlfühlen, die ihren Dackel dort ausführen will, ohne angepöbelt zu werden oder gar um ihre Handtasche fürchten zu müssen. Doch wegen einiger schwarzer Schafe muss man nicht gleich sämtliche Jugendliche aus den Parks verbannen. Zwischen den Generationen existieren offenbar viele Missverständnisse und Vorurteile. Um damit aufzuräumen, wurde der Aktionstag „Platz nehmen“ ins Leben gerufen, der heute zeitgleich in Wilhelmshaven und zehn weiteren Städten in Niedersachsen stattfand.

Foto: Gegenwind

Foto: Gegenwind

Im Friedrich-Wilhelm-Park hatten Mitarbeiter*innen der Jugendpflege und des Jugendparlaments Pavillons und Spiele aufgebaut, bei Kaffee und Kuchen konnten die Generationen miteinander ins Gespräch kommen. „Platz nehmen“ ist einerseits eine Aufforderung, die städtischen Freiräume für sich zu nutzen, hier ging es aber auch darum, sich nebeneinander zu setzen und sich die Zeit zu nehmen, miteinander zu reden und einen Einblick in die Lebenswirklichkeit des Gegenübers zu bekommen . Alt und Jung konnten sich miteinander fotografieren lassen und aufschreiben, wie sich ihre Einstellung nach dieser Begegnung geändert hat. Schilder mit witzigen Sinnsprüchen regten zum Nachdenken an. Die junge Wilhelmshavener Band „Jede Woche anders“ sorgte unplugged für Wohlfühlatmosphäre.

Auch zwei Polizisten waren zugegen und plauderten über ihre Erfahrungen. Immer wieder greifen sie ein, wenn im Park Alkohol oder andere Drogen konsumiert werden, manchmal gibt es „Revierkämpfe“ zwischen verschiedenen Gruppen, aber im Großen und Ganzen sind die Jugendlichen friedlich, so dass bislang nur fünf Platzverweise erteilt wurden.

„Die üblichen Verdächtigen“ fanden sich allerdings nicht zu dem kleinen Begegnungsfest im Park ein, sie hockten derweil auf der Lieblingsbank am ZOB, wo sie, so die Polizisten, oft ziemliche Müllberge hinterlassen. Einige junge Migranten, die etwas abseits auf einer Parkbank hockten, ließen sich jedoch mit dem Hinweis auf Kuchen („echt jetzt? umsonst?“) und Musik überreden, mal zu dem bunten Treiben rüberzugucken.

Das Organisationsteam mit Vertreter*innen von Stadtjugendpflege, Streetworker und Jugendparlament. Foto: Gegenwind

Das Organisationsteam mit Vertreter*innen von Stadtjugendpflege, Streetwork und Jugendparlament. Foto: Gegenwind

Insgesamt hätte die Resonanz auf dieses spannende, kreativ umgesetzte Begegnungsformat größer sein können (bedauerlicherweise wurde auch nur ein Ratsmitglied dort gesichtet). Stadtjugendpfleger Jan Gerjets zeigte sich trotzdem zufrieden mit dem Ergebnis dieses ersten Versuchs, die Generationen im gemeinsamen öffentlichen Freiraum miteinander ins Gespräch zu bringen. Das lässt hoffen, dass in Zukunft Jugendliche und Ältere an diesem oder einem anderen Treffpunkt in Wilhelmshaven erneut miteinander Platz nehmen.

 

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