Suedbar 2018
Jun 222018
 

Mit Vollgas voraus!

Die Suedbar-Crew bringt Konfetti ins Leben. Foto: Gegenwind

Die Suedbar-Crew bringt Konfetti ins Leben. Foto: Gegenwind

(iz) Ein Möbelhaus, ein Schlachthof, ein Schwimmbad: jährlich findet die Suedbar an wechselnden, stets außergewöhnlichen und geschichtsträchtigen Orten statt. Seit Wochen fieberte die Fangemeinde der Bekanntgabe der diesjährigen Location entgegen. Heute ließen die Veranstalter die Konfetti-Bombe platzen: Ein früheres Autohaus am Banter Markt wird im August und September Schauplatz der Suedbar 2018.

Von außen ist der Location (Rheinstraße 202) ihre spannende automobile Geschichte nicht anzusehen. An der Straßenfront steht heute ein Profanbau mit großen Fensterfronten. In den 90ern öffnete dort eine Snookerbar, später eine Spielothek, seit einigen Jahren steht das Gebäude leer. „Es war von Anfang an unsere Wunsch-Location für die Suedbar 2018“, erzählt Jens Bertram, Vorsitzender des Vereins Neue Botschaft Sued e.V., der 2014 die Suedbar ins Leben rief. Bei Eigentümer Thorsten Hillmann rannte der Verein offene Türen ein, gern stellte der Nachlassverwalter des legendären Autohauses das Gebäude zur Verfügung.

Beim Betreten erweist sich der Flachbau als wahres Raumwunder mit allem, was eine Suedbar braucht: Ein Thekenbereich, zwei Bühnen, eine große Ausstellungshalle, reichlich Toiletten und Nebengelass für Backstage, Werkstatt und Sonstiges. In den letzten Wochen wurde schon fleißig und kreativ gewerkelt, um das unverwechselbare Suedbar-Flair zu schaffen.

Dazu gehört auch ein Außenbereich. Von der Rückfront geht es in den gemütlichen Innenhof, und dort erschließt sich plötzlich die eigentliche Geschichte des Objektes, denn auf der anderen Seite wird der Hof durch eine Werkstatthalle begrenzt. Beim Blick durch die angestaubten Scheiben hat man das Gefühl, dass die Autoschrauber gerade erst Feierabend gemacht haben und morgen wiederkommen.

Im Jahre 1899 wurde das Hillmann-Unternehmen als Autoreparaturwerkstatt am Banter Markt gegründet. Damals bestimmten noch Pferde und Kutschen das Straßenbild, doch der Handel mit Fahrrädern, Motorrädern, Personen- und Lastkraftwagen ließ den Betrieb florieren. Hillmann wurde zu einem Begriff weit über Wilhelmshaven hinaus. Das spätere Autohaus Ford Hillmann mit der riesigen Glashalle am Banter Weg ging 1995 in die Insolvenz und diente später auch als Party-Location.

Wie schon im Möbelhaus Adena, im Schlachthof und im Jadebad wird im Rahmen der Suedbar auch im Autohaus Hillmann die Historie des Ortes beleuchtet werden, sei es mit Ausstellungen oder interaktiv mit dem Publikum. Ältere können ihre eigene Geschichte dazu erzählen, Jüngere entdecken das Gebäude ganz neu für sich. So erweckt der Neue Botschaft Sued e.V. leerstehende Gebäude auch emotional zu neuem Leben und schafft generationsübergreifend identitätsstiftende Ankerpunkte in der Stadt.

„Unser Anliegen ist auch, dass historisch interessanten Leerständen durch die Suedbar wieder Aufmerksamkeit geschenkt wird, dass sie vorm Abriss bewahrt und einer neuen Nutzung zugeführt werden“, erklärt Jens Bertram. Deshalb freut sich der Verein, dass das Jadebad in diesem Sommer durch eine andere Initiative kulturell genutzt wird. Die Abrisspläne seitens der Stadt sind allerdings trotzdem nicht vom Tisch und auch das „Adena“ wird bald aus dem Stadtbild verschwunden sein.

Zweck des Vereins „Neue Botschaft Sued e.V.“ ist die Förderung von Kunst- und Kulturprojekten in Wilhelmshaven. Die Suedbar ist das bislang umfangreichste, aber nicht das einzige Projekt zur Verwirklichung der Vereinsziele. Die im Rahmen der Suedbar gewonnen Erfahrungen und Kenntnisse (Logistik, Handwerkliches, Rechtliches, Finanzielles …) werden auch anderen zur Verfügung gestellt, um die Eigeninitiative zu fördern. Anlässlich des Europäischen Tags der Nachbarn (25. Mai) stellte der Verein routiniert und erfolgreich ein Nachbarschaftsfest in der Südstadt auf die Beine.

Apropos Nachbarschaft: Die Nachbarn am Banter Markt, ob Familienzentrum Süd, „Banter Börse“ oder Anwohner, zeigen sich gegenüber dem bevorstehenden Kulturevent positiv gestimmt. Sie freuen sich über die Belebung ihres traditionsreichen, aber etwas abgehängten Stadtteils und wollen auch selbst etwas zum Programm beitragen.

Nicht nur soziokulturell, auch in Sachen Nachhaltigkeit will der Neue Botschaft Sued e.V. Maßstäbe setzen. Bislang gingen bei der Suedbar etliche Plastik-Trinkhalme über die Theke. Lange bevor die EU sich mit einem Verbot dieser und anderer Plastik-Einwegartikel beschäftigte, dachte der Verein über Alternativen nach. „Die Lösung ist oft so naheliegend“ stellt Jens Bertram fest, „man nimmt einfach Strohhalme – aus Stroh“. Auch Plastik-Schnapsbecher sind Vergangenheit, in diesem Jahr kommen robuste Stamper aus Glas zum Einsatz. Umweltfreundlich geht es schon jetzt bei der Renovierung zu. So wurden Böden und Fenster bei Malerarbeiten statt mit Plastikfolien mit ausgelesenen Zeitungen abgeklebt. Die ökologischen Aktivitäten des Vereins beziehen auch das Umfeld der Südstadt mit ein. An der Rheinstraße (Höhe Einmündung Allerstraße) wurde in Absprache mit dem Grünflächenamt ein „Suedbeet“ angelegt, auf dem statt Rasen Nahrungspflanzen für Bienen wachsen sollen. Ein zweites Suedbeet im Innenhof des Hillmann-Gebäudes ist im Werden begriffen.

ohnekonfettiDie Suedbar 2018 startet am 11. August. Bis zum 15. September gibt es jeden Samstag ab 19 Uhr ein vielfältiges Programm, das momentan noch im Aufbau ist und in Kürze vorgestellt wird. „Wir wollen wieder mehr zurück zu unseren Wurzeln“ verrät der 2. Vorsitzende Maximilian Schuster. 2017 waren die Abende sehr „musiklastig“ – viele Bands aus ganz Deutschland bewerben sich um einen Auftritt, was erfreulich ist, aber es soll wieder mehr „Handgemachtes“ geben. Denn Ausgangspunkt war, dass das Publikum nicht einseitig bespaßt, sondern selbst aktiv wird und eigene kleine Kulturformate beisteuert, getreu der Suedbar-Devise „Du musst Dir schon selbst Konfetti ins Leben pusten“ und „Wenn man nix tut, tut sich auch nix“. Aus begeisterten Stammgästen werden schnell mal aktive Vereinsmitglieder. So erging es auch Kyra Frye, die seit zwei Jahren fest zur Crew gehört und ungezählte ehrenamtliche Stunden in den Aufbau investiert – weil es Spaß macht: „Das ist für mich keine Arbeit, sondern eine Bereicherung“.

Suedbar mini mit Watt’n Boule
Einen Vorgeschmack auf die Suedbar 2018 gibt es am 30. Juni beim Wochenende an der Jade bei einer „Suedbar mini“ an der Südstrandbühne. Im Mittelpunkt steht ein Boule-Turnier im Watt – französisches Flair im Rhythmus der Gezeiten und vermutlich Weltpremiere eines neuen Volkssports.

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