Baumfrevel stoppen!
Apr 091990
 

Die Stadt Wilhelmshaven ist auf dem besten Weg, die erste ‚pappelfreie Stadt’ zu werden!

(hk) Die sich häufenden Fällaktionen großer Bäume – in erster Linie Pappeln – lassen nur einen Schluß zu: Für die „Wächter der Baumschutzsatzung“ (Untere Naturschutzbehörde) zählen Pappeln nicht zu den Bäumen. Jüngstes Beispiel: Die Fällaktion am Schützenhof

Am 20.2. ging es frühmorgens los: Der große Parkplatz am Schützenhof wird abgesperrt. Männer mit Baugerät und Motorsägen stürzen sich auf die am Rande des Parkplatzes stehenden Pappeln. Acht Stück sind es. Bis zu 15 Meter ragen sie in den Himmel – die dickste brachte es auf einen Stammumfang von stolzen 4 Metern. – Kurze Zeit später kracht der erste Baum runter.
Aufgeregte Anwohner versuchen zu retten, was zu retten ist: Anruf beim Umweltdezernenten Jens Graul, der, extra aus einer Besprechung geholt, davon nichts weiß. Nächster Anruf bei der Unteren Naturschutzbehörde – Keiner da – Frühstückszeit. Anruf bei der WZ erfolglos. Nochmals untere Naturschutzbehörde. Eine Mitarbeiterin erklärt, daß der zuständige Sachbearbeiter nicht erreichbar sei und daß die Baumfällaktion rechtens sei.
Zurück zum Tatort. Dort ist inzwischen der Initiator der Aktion, der Präsident des Schützenvereins, Herr Harms, auf der Bildfläche erschienen und zeigt die Genehmigung der städtischen Naturschützer. Weg mußten die Bäume, weil durch herabfallende Äste eine Wäschespinne und ein Zaun demoliert wurden; für die Bezahlung solcher Schäden hat der Schützenverein kein Geld übrig.

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Foto: Gegenwind

Inzwischen schaltet sich Herr Timmermann von der unteren Naturschutzbehörde ein. Er erklärt einer Anwohnerin, daß sich seine Behörde die Entscheidung nicht leicht gemacht hat – aber man kann ja nicht immer warten, bis etwas passiert. Nach mehrmaliger Prüfung, so Timmermann, sei die Entscheidung zum Fällen der Bäume gefallen. Natürlich hat der Schützenverein die Auflage bekommen, eine Ersatzpflanzung vorzunehmen: Acht hochstämmige Bäume müssen gepflanzt werden. Hochstämmig heißt in diesem Falle. 1,80 bis 2,00 Meter.

Daß die Pappeln ein Tummelplatz für Fledermäuse waren – wen interessiert’s? Da ist das Trafohäuschen an der Parkplatzeinfahrt von der Genossenschaftsstraße schon schützenswerter.
Nach dieser Aktion wird sich Herr Timmermann, der sich gegenüber einem Anwohner als „Forstfachmann“ und „Grüner“ zu erkennen gab, wohl nochmal in seine Fachbücher vertiefen müssen: Die Bäume waren in ihrer Substanz völlig gesund, der Sturm vor wenigen Wochen hatte die Ausästung morschen Holzes bereits erledigt Mit Sachkenntnis und Naturverstand hätten die Bäume noch das ein oder andere Jahrzehnt zur Freude von Mensch und Tier und zur Produktion von Sauerstoff dort stehen können.
Am Tag nach der Fällaktion wird der GECENWIND-Fotograf von einer völlig aufgelöst an der Absperrung hin und her laufenden Frau angesprochen. Mit tränenerstickter Stimme sagt sie: „Ich kann das gar nicht glauben … die Bäume. Ich bin aus Grafschaft, wir hegen und pflegen dort jeden Strauch und jeden Baum – und die zerstören hier alles.“
Wir Wilhelmshavener müssen uns fragen, wie lange wir diesem Treiben noch tatenlos zuschauen wollen. Es sind ja nicht nur die großen Bäume – da werden Hecken und große Buschgruppen erbarmungslos und mit den abenteuerlichsten Begründungen bis auf wenige Zentimeter über dem Boden abrasiert. Selbst vor völlig frei stehenden Bäumen und Büschen schrecken die Männer mit den Motorsägen nicht zurück – zu beobachten u.a. am Banter See und in den sich westlich davon anschließenden Gehölzen.

Aber: Irgendwie passen diese Aktionen zu den Parkplatzbauern der Stadt Wilhelmshaven.

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