Wie vom Donner gerührt müssen sie gewesen sein, die Blauen Jungs vom 6.Minensuchgeschwader in Wilhelmshaven, als sie davon hörten, daß es zum Kriegseinsatz im Perser Golf gehen sollte. Und ehe sie sich recht besinnen konnten, da hatten sie auch schon rein mechanisch das kriegsnotwendige Zeugs an Bord verstaut und waren bereit zum Auslaufen. Dann die Verabschiedung durch den Vizeadmiral im Beisein der Besatzungsangehörigen, sehr einfühlsam seine Rede und das Grundgesetz als Legitimationsnachweis fest unterm Arm: Also dann zunächst mal bis an die Grenze des NATO-Verteidigungsbereiches und Nachlieferung der Verfassungsänderung abwarten.Aber sieht es nicht eher wie die Mißachtung des Geistes der Verfassung aus, wenn die Bundesregierung den durch die Ereignisse am Golf getrübten Blick dazu nutzt, die klar umrissenen Grenzen des Verteidigungsauftrages der Bundeswehr einzureißen? Worauf sollen die Soldaten zukünftig eingeschworen werden? Etwa auf die Beteiligung an Bombardements auf Städte wie Tripolis oder Panama City? Oder an Invasionen von Inselrepubliken wie Grenada?
Haben die Bemühungen in den 60-er Jahren, ein Offizierskorps mit dem Geist von Staatsbürgern in Uniform heranzubilden, nicht wenigstens einen einzigen hervorgebracht, der jetzt sagt: So nicht?
Der beispielsweise sagt, er als Offizier einer den demokratisch verfaßten Grundlagen des Staates verpflichteten Truppe dürfe die ihm vertrauenden Soldaten nicht im Vorgriff auf eine Verfassungsänderung in die Kriegsvorbereitung einer Streitmacht integrieren, deren Kommando nicht in den Händen der UNO liegt und deren Maßnahmen über die Abwehr eines bewaffneten Angriffs auf NATO-Vertragsgebiet hinausgehen.
Der die Bundesregierung auffordert, jegliche direkte und indirekte Beteiligung an bewaffneten Konflikten (z.B. das Ausleihen von Kriegsgerät, logistische Unterstützung, zur Verfügungstellung der Infrastruktur), die dem Geist des Grundgesetzes widersprechen, zu unterlassen, es sei denn, das Volk stimmt einer Verfassungsänderung im Rahmen des Völkerrechts zu.
Aber scheinbar ist der kürzlich gefeuerte Admiral Schmäling der Letzte gewesen, dem das zuzutrauen gewesen wäre.
So ließ man denn die besorgten Angehörigen noch mal ran an ihre Abkommandierten, und bald nach der letzten Umarmung hatten die Boote den Molenkopf der 4.Einfahrt passiert und entschwanden bald den bange nachhängenden Blicken der Zurückbleibenden.
Zurück bleibt darüber hinaus die Beklommenheit derer, die nach der Verflüchtigung der Russenangst endlich eine Chance für das radikale Zurückstutzen des militärindustriellen Komplexes gesehen haben. Und werden diejenigen Kollegen, z.B. die im Marinearsenal Beschäftigten trotz der veränderten Stimmung weiter Aufgeschlossenheit bei Behandlung des Themas Rüstungskonversion zeigen? Den treibenden Kräften sei hiermit ein langer Atem gewünscht.
Jochen Martin
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