Klage gegen Arbeitsamt
Jan 271992
 

Kürzung unrechtmäßig

Arbeitsloser klagt erfolgreich gegen Arbeitsamt

(ub) Im Oktober 1988 wiesen wir in einem Artikel auf die unrechtmäßige Praxis des Arbeitsamtes hin, Arbeitslosenhilfeempfängern die Bezüge aufgrund einer unterstellten Unterhaltspflicht der Eltern zu kürzen. Die Klage eines Wilhelmshavener Arbeitslosen gegen diese Praxis war jetzt erfolgreich

.„Endlich Schluß mit der Bedürftigkeitsprüfung für Empfänger von Arbeitslosenhilfe. (…) Wer in seinem erlernten Beruf keine Arbeit finden kann, dem darf das Arbeitsamt die Arbeitslosenhilfe nicht kürzen, egal wie hoch das Einkommen der Eltern ist.“ So lautete die Kernaussage eines Artikels im GEGENWIND Nr. 82 vom Oktober 1988.
Dieter W., aufmerksamer Leser unserer Zeitung und seinerzeit arbeitslos, erhielt prompt nach Ablauf der Arbeitslosengeldzahlung einen Arbeitslosenhilfebescheid mit dem Hinweis, daß zukünftige Leistungen des Arbeitsamtes um einen Betrag von wöchentlich 61,89 DM gekürzt werden. Dieser Betrag sollte in Zukunft aus der Geldbörse des Vaters zum Unterhalt des volljährigen arbeitslosen Dieter W. einfließen.
Dieter W. konsultierte einen Rechtsanwalt und legte Widerspruch gegen den Bescheid ein. Das Arbeitsamt reagierte – wohlwissend, daß sich seine Praxis immer mehr im Widerspruch zur neueren Rechtssprechung bewegt – mit einem ungewöhnlichen Vorschlag: Es erkannte den Widerspruch für zwei Monate an, bot eine einmalige Nachzahlung von 500,78 DM an und erwartete im Gegenzug die grundsätzliche Rücknahme des Widerspruchs. Dieter W. aber hielt den Widerspruch insgesamt aufrecht und reichte Klage beim Sozialgericht in Oldenburg ein.
Der im Frühjahr 1988 begonnene Rechtsstreit wurde jetzt – im Dezember 1991 – endgültig vom Sozialgericht beendet. Danach sind die Eltern des Klägers nicht unterhaltspflichtig! Sie wären es nur dann, wenn ihr arbeitsloses Kind nicht imstande wäre, sich selbst zu unterhalten. Das heißt, ein Arbeitsloser muß erst einmal bereit sein, jede sich bietende Arbeitsgelegenheit, notfalls auch weit unter seinem Ausbildungsniveau, zu nutzen. Gelingt ihm selbst das nicht, dann erst sind seine Eltern nach dem BGB unterhaltspflichtig.
Wer allerdings einen Hilfsarbeiterjob angesichts einer qualifizierten Ausbildung ablehnt, entbindet damit seine Eltern von der Unterhaltspflicht und hat ein Anrecht auf die Zahlung der ungekürzten Arbeitslosenhilfe. Wer also vom Arbeitsamt einen gekürzten Arbeitslosenhilfebescheid erhält, sollte diesen nicht widerspruchslos hinnehmen.

Sorry, the comment form is closed at this time.

go Top