Strandhalle
Jan 271992
 

1992: Columbus-Jahr

Die Stadt Wilhelmshaven läßt sich ihre Strandhalle etwas kosten

(ub) Die Imagepflege der Stadt Wilhelmshaven treibt zuweilen seltsame Blüten. Um zu verhindern, daß der Restaurantbetreiber Jan Gronewold sich aus dem Seehafenrestaurant „Columbus“ zurückzieht, bietet ihm die Stadt eine sechsstellige Finanzspritze.

Karikatur: Erwin Fiege

Karikatur: Erwin Fiege

Das Gebäude der Strandhalle am Südstrand gehört zwar dem Land Niedersachsen, erbbau- und nutzungsberechtigt jedoch ist die Stadt Wilhelmshaven. Seit etwa 10 Jahren hat sie dieses im touristischen Zentrum der Stadt gelegene Objekt an die „Jan Gronewold-Beteiligungs GmbH“ verpachtet. Zu nicht eben ungünstigen Konditionen für den Pächter: Der Pachtzins beträgt 2.000.DM monatlich. Im Pachtvertrag festgeschrieben ist eine Kostenbeteiligung der Stadt von 50 % der Anfangsinvestitionskosten – höchstens jedoch 800.000.- DM.
Jetzt, 10 Jahre später, tritt der Geschäftsführer Jan Gronewold an die Stadt heran und meldet weitere finanzielle Nachbesserungen an: Die ursprünglich angenommenen Instandsetzungs- und Erhaltungsinvestitionen hätten nicht 1,6 Mio DM, sondern 2,4 Mio DM betragen. Gronewold „bittet“ die Stadt, sich wenigstens teilweise an den Mehrkosten zu beteiligen. Einher mit dieser Bitte um Kostenbeteiligung geht die unverhohlen ausgesprochene Drohung, andernfalls die Strandhalle zu schließen.
Kein Mensch käme wohl auf die Idee, mit der Begründung eines Loches in der Haushaltskasse bei seinem Vermieter unter Androhung von Auszug, um eine Mietkürzung nachzufragen. Die Ratsvertreter in der Verwaltung und im Grundstücksausschuß jedoch sind in tiefer Sorge. Sie fürchten um einen Imageverlust für die Stadt, wenn sich im kommenden Sommer die auswärtigen Touristen an den Fensterscheiben eines vielleicht schon leicht im Verfall begriffenen, leerstehenden Gebäudes am Südstrand die Nase plattdrücken. Oder noch schlimmer: Mit knurrendem Magen der Stadt den Rücken kehren, weil sie kein Restaurant in der Nähe finden. Denn mit der Firma Gronewold wurde seinerzeit in einem Schutzabkommen vertraglich vereinbart, daß die Stadtverwaltung kein weiteres Restaurant in der Nähe der Strandhalle zuläßt.
Aus dieser tiefen Sorge heraus hat der Grundstücksausschuß einstimmig zur Vorlage an den Verwaltungsausschuß beschlossen, daß sich die Stadt Wilhelmshaven im Zeitraum von Januar 1992 bis Dezember 1996 jährlich mit 36.000.- DM, sowie einer einmaligen Zahlung von 100.000.- DM an den Bauunterhaltungskosten beteiligt. Weiter schreibt die Stadt den Pachtzins bis Dezember 1996 auf 2.000.-DM fest und übernimmt auch weiterhin alle auf dem Pachtobjekt ruhenden Ausgaben und Lasten, als da sind Straßenreinigung, Brandkassenbeiträge, Grundsteuer, Entwässerungsgebühren etc.
Die finanziellen Zuwendungen, die die Jan Gronewold GmbH in den nächsten 5 Jahren erhält, beläuft sich somit auf mindestens 280.000.- DM.

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