Die Marinejugend und der Admiral
Jun 271995
 

Zeitgemäße Traditionspflege

Marinejugend lehnt Gespräche mit Antifaschisten ab

(hk) Das Heim der Marinejugend Wilhelmshaven wurde nach dem Präsidenten des Reichskriegsgerichtes, Admiral Bastian, benannt. Seit Jahren hat das auch niemanden gestört – wohl weil kein Mensch wußte, wer sich hinter diesem Namen verbirgt. Das Antifaschistische Bündnis Wilhelmshaven hat sich da schlau gemacht.

Auszüge aus einem Informationsblatt des Antifaschistischen Bündnisses:

„Vom Reichskriegsgericht, unter seinem Präsidenten Max Bastian, sind mehr als 1.400 Todesurteile aus den Jahren 1939 bis 1945 aktenkundig. Am 7.November 1940 wurde der Kraftfahrer Johannes Harms aus Wilhelmshaven vom Reichskriegsgericht zum Tode verurteilt. Er entstammte einer Familie von Zeugen Jehovas. Annähernd dreihundert seiner Glaubensbrüder wurden durch das Reichskriegsgericht in den Tod geschickt. Harms wurde am 8.Januar 1941 im Zuchthaus Brandenburg ermordet. Auch unter seinem Urteil steht:

Bestätigungsverfügung:
Ich bestätige das Urteil
Das Urteil ist zu vollstrecken
gez. Bastian, Admiral

Soldaten wurden wegen Fahnenflucht, unerlaubter Entfernung von der Truppe, „Wehrkraftzersetzung“ oder sogenannter Kameradschaftsdelikte verurteilt. Aber auch Zivilisten wurden Opfer der nationalsozialistischen Militärjustiz. Eine vom Kriegsgericht Wilhelmshaven als „Volksschädling“ zum Tode verurteilte Frau wurde am 9. März 1945 mit dem Fallbeil enthauptet. Die letzte Hinrichtung in Wilhelmshaven fand noch am 3. Mai 1945 statt – 32 Stunden vor Inkrafttreten des Waffenstillstands.“

Das Antifaschistische Bündnis forderte den Vorstand und die Mitglieder der Marinejugend Wilhelmshaven auf, den Namen „Admiral Bastian Heim“ zu entfernen.

In einem Brief an die Marinejugend vom 7. Juni 1995 heißt es:
„Wie Ihnen vermutlich bekannt ist, hat sich das Antifaschistische Bündnis Wilhelmshaven aus Anlaß des 50. Jahrestages der Befreiung Deutschlands vom Nationalsozialismus mit der Militärjustiz beschäftigt. Dabei spielte der Präsident des Reichskriegsgerichtes, Admiral Bastian, eine herausragende Rolle. Daß die Marine-Jugend Wilhelmshaven ihr Heim nach diesem Unterstützer des Faschismus benannt hat, wurde mit großer Verwunderung zur Kenntnis genommen. Wir vermuten, daß dieses aus Unkenntnis seiner Funktion am Reichskriegsgericht geschehen ist.
Um die Frage der Namensgebung und unsere Erkenntnis zu Bastian zu diskutieren, möchten wir gern mit Ihnen ins Gespräch kommen.“

Die Antwort der Marinejugend ließ nicht lange auf sich warten. Mit Datum vom 19.06.1995 zeigten die Jungens von der Marine den Antifaschisten, wie sie das Treiben der Nazirichter beurteilen:

„Wir bestätigen den Eingang Ihres Briefes vom 07.06.1995 und bedanken uns für die darin ausgesprochene Einladung.
Nicht erst aus Anlaß Ihres Briefes, sondern bereits seit geraumer Zeit diskutieren wir innerhalb der Marine-Jugend in demokratischer Offenheit über den Themenkreis „Traditionspflege und soldatische Persönlichkeiten aus der Zeit vor 1945.
Naturgemäß ist von dieser Diskussion die Person des Admirals a.D. Max Bastian nicht ausgenommen.
Gerade hier zeigt sich aber, daß wir uns die Beurteilung nicht leicht machen.
Die Meinungsbildung zu Admiral Bastian ist zwar noch nicht abgeschlossen. Wir werden uns aber ganz sicher nicht mit einer bequemen, oberflächlichen Bewertung durch diejenigen begnügen, die das mehr als vierzigjährige Erleben einer freiheitlichen, parlamentarischen Demokratie zum alleingültigen Maßstab machen wollen.
Es ist unerläßlich, hierzu auch das Verhalten im zeitgeschichtlichen Zusammenhang zu sehen. Wir benötigen von Ihnen und den übrigen Mitgliedern des „antifaschistischen Bündnisses Wilhelmshaven“ in Sachen zeitgemäßer Traditionspflege keinen Nachhilfeunterricht. Wir werden auch jedem Versuch entgegentreten, durch öffentlichen Druck unsere Entscheidung darüber, ob Admiral Bastian auch zukünftig der Namensgeber unseres Heimes sein wird, zu bestimmen.
Die in Gang gekommene öffentliche Diskussion der Persönlichkeit des Admirals Max Bastian haben wir mit Aufmerksamkeit verfolgt und dabei auch Ihre Position kennengelernt. Wir leisten unseren Beitrag zu dieser Meinungsbildung dann, wenn wir dies aufgrund umfassender Kenntnis des Lebens des Admirals Bastion verantworten können. Ihre Diktion, Admiral Bastian sei ein „Unterstützer des Faschismus“ gewesen, aber auch die unseriöse Vermischung von Fakten und einseitigen politischen Wertungen in dem Flugblatt „Schweigen über die Kriegsgerichtsbarkeit“ haben unsere Entscheidungen veranlaßt, Ihre Einladung zu dem „Gespräch“ nicht anzunehmen.

Mit freundlichen Grüßen
J. Klümper“

Ein solcher Brief macht es dem GEGENWIND leicht: Da braucht nichts mehr kommentiert werden, da weiß jeder, woher in der Marinejugend der Wind weht.

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