Müllverbrennung
Jun 271995
 

All’ns Chlor?

Müllverbrennungsanlage darf trotz Einwendungen gebaut werden

(noa) Eine Genehmigung zu einer weiteren Umweltverschmutzung hat die European Vinyls Corporation EVC (alias ICI) beantragt, und sie wird sie auch bekommen. Eine für EVC lästige Formalität, die das Gesetz vorschreibt, war die Erörterung der Einwendungen am 19. und 20. Juni in der Stadthalle.

Bei einer solchen Erörterung treffen die Antragstellerin (hier die EVC), die Genehmigungsbehörde (hier die Bezirksregierung) und die Einwender zusammen; die Genehmigung ist von den im Erörterungstermin genannten Argumenten jedoch nicht abhängig, sofern die beantragte Anlage den Bestimmungen des Bundesimmissionsschutzgesetzes entspricht.

Einwände konnten das Vorhaben also nicht zu Fall bringen. Es ist dennoch sinnvoll, sie vorzubringen, denn der Klageweg im Falle einer nachgewiesenen Gesundheits- oder sonstigen Schädigung steht nur den Personen offen, die vor der Errichtung Einwendungen formuliert und eingereicht haben.

„Einrichtung zur thermischen Behandlung von EVC-eigenen Schlämmen aus der Abwasserreinigung und anderen EVC-eigenen Rest- oder Abfallstoffen“ nennt ICI die Anlage, deren Genehmigung sie erheischt. Zu Deutsch heißt so etwas Giftmüllverbrennungsanlage. Die jährlich anfallenden 2000 t dioxin- und schwermetallbelasteten Abfälle sollen hier durch Verbrennung auf 600 t Giftmüll verringert werden. Kaufmännisch betrachtet sehr lukrativ – spart die EVC dadurch doch die Entsorgungskosten für 1.400 t Giftmüll. Gleichzeitig ist die scheinbare Verringerung der Abfälle ein weiterer Grund, die PVC-Produktion weiterzuführen, anstatt zur Herstellung umweltverträglicherer Kunststoffe überzugehen.

Ein Teil der Gifte (Dioxine, Schwermetalle, Salzsäure) werden bei der Verbrennung jedoch über die Schornsteine entweichen und die Luft weiter verseuchen. In ihrem Antrag bezeichnet die EVC den Drehrohrofen als das nach derzeitigem Kenntnisstand günstigste Verbrennungssystem für die von ihr produzierten Abfälle. Die Erfahrung mit schon in Betrieb befindlichen Drehrohröfen zeigt jedoch, daß die Verbrennung eine Reihe von Problemen aufwirft, von unvollständiger Verbrennung und dadurch Entweichen eines Teils der Schadstoffe bis hin zur Entstehung neuer Gifte.

In seiner Einwendung, die von mehr als 250 Personen unterstützt wird, widerspricht Jochen Martin für die Bürgerinitiative Umweltschutz der Genehmigung u.a. auch deshalb, weil die EVC schon Emissionsgenehmigungen erteilt bekommen hat, die sie zur Zeit noch nicht voll ausnutzt. „Diese Genehmigungen betrachten sowohl die EVC als auch die Genehmigungsbehörde als Verschmutzungsprivileg, wie aus mehreren Anträgen und Genehmigungen von Erhöhungen der VC- und PVC-Produktion – ohne öffentliche Beteiligung – zu schließen ist.“ So hat die EVC jüngst ohne öffentliche Beteiligung eine Produktionserhöhung für PVC beantragt (dann 280.000 t pro Jahr gegenüber 115.000 t zu Beginn) und dabei auf bereits gewährte, aber noch nicht ausgenutzte Verschmutzungsrechte gepocht!

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