„…zusehen, dass Frauen mehr Rechte bekommen“
Die Wilhelmshavenerin Gisela Galts ist Landessprecherin der feministischen Partei „DIE FRAUEN“
(noa) Als Gisela Galts in Rente ging, war allen, die sie kennen, klar, daß diese neue Lebensphase bei ihr kein Ruhestand werden würde. Jetzt ist sie im Landesvorstand der feministischen Partei DIE FRAUEN.
„Ich habe damals in Erwägung gezogen, in die SPD-Arbeitsgemeinschaft 60 plus zu gehen“, sagt die jetzt 62jährige, die vielen in Wilhelmshaven und im Bezirk Weser-Ems als langjährige Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats der AWO und aus ihrer Gewerkschaftsarbeit bekannt ist. Nun, in der feministischen Partei ist Gisela bestimmt besser aufgehoben, denn sie ist in erster Linie Frau und erst in zweiter Linie über 60. Die Gründung der Partei DIE FRAUEN im Juni 1995 hat sie damals zwar am Rande registriert, aber erst diesen März entschied sie sich zum Beitritt. „Als ich las, daß Edith Brunzlow, die ich aus der Gewerkschaftsarbeit kenne und schätze, dabei ist, rief ich sie sofort an, und kurz danach war ich Mitfrau.“
„Mitglied“ sagen die Mitglieder der feministischen Partei nämlich nicht – Gisela findet das zwar ein wenig albern, aber von dieser sprachlichen Spitzfindigkeit läßt sie sich nicht davon abhalten, die programmatischen Aussagen der FRAUEN gut zu finden.
„Wir stellen immer wieder fest, daß diese Gesellschaft eine Männergesellschaft ist. Und wenn du etwas verändern willst, dann mußt du da etwas verändern, wo es bestimmt wird.“
Frauen stellen 52% der Bevölkerung Deutschlands, und entsprechend viele Frauen sollen in die Landtage und in den Bundestag kommen, so heißt es im Kurzprogramm der Partei.
Als männerfeindlich sieht Gisela Galts sich nicht, und auch die feministische Partei wird nicht von der – durchaus vorhandenen – männerfeindlichen Fraktion dominiert. Aber: „Wir wollen zusehen, daß Frauen mehr Rechte bekommen.“
Zunächst geht es aber darum, mehr Frauen zu mobilisieren. Viele Mitfrauen gibt es in Wilhelmshaven noch nicht. Die Mitglieder aus dem norwestlichen Niedersachsen treffen sich regelmäßig am letzten Freitag eines Monats jeweils 20 Uhr im „Marienstübchen“ in Sande-Altmariensiel, und dieser Stammtisch ist für alle Frauen offen.
Als eine Konkurrenz zur Wilhelmshavener Frauenliste sieht Gisela Galts ihre Partei nicht. „Die Frauenliste ist auf der kommunalpolitischen Ebene tätig, und das ist ein wichtiges Feld. DIE FRAUEN beabsichtigen aber, zur Landtags- und zur Bundestagswahl anzutreten.“ Kommunalpolitische Aktivitäten wollen DIE FRAUEN zunächst einmal nicht entwickeln.
Aus dem Kurzprogramm der feministischen Partei DIE FRAUEN:
In der Präambel heißt es u.a.: „Wir leben in einer patriarchalen Gesellschaft, deren politische Strukturen von Männern für Männer erdacht wurden und von Frauen kaum genutzt werden können … In der Wirtschaft und in der Politik entscheiden wenige – meist Männer – allein darüber, was für wen unter welchen Bedingungen produziert und propagiert, geforscht und erfunden wird. Dabei nehmen sie weder Rücksicht auf die elementaren Bedürfnisse aller Menschen – am wenigsten auf die von Frauen – noch auf das menschliche Leben selbst. Im Gegenteil: Um ihre Macht zu vergrößern, um hohe Profite und schnelle Gewinne in aller Welt zu erzielen, gehen sie buchstäblich über Leichen. … Wir verstehen die Gestaltung einer feministischen Gesellschaftsordnung als einen Entwicklungsprozeß, in dem vieles erst neu erfunden werden muß. Eines wissen wir jedoch schon heute: Wir wollen weder auf Kosten anderer Völker noch um den Preis einer zerstörten Natur leben. …“
Unter der Überschrift „Wertewandel in der Wirtschaft – hier und weltweit“ schreiben DIE FRAUEN u.a. „Armut ist weiblich – in den sogenannten Entwicklungsländern wie auch in den Industrieländern. Deshalb wollen wir ein Wirtschaftssystem, das nicht auf Kosten von Frauen, auf Kosten anderer Kulturen und auf Kosten der Natur geht, das sich nicht am Profit, sondern an Lebensqualität und am Schutz der Erde orientiert.…“
Unter dem Titel „Gleichstellung aller Lebensweisen“ fordern DIE FRAUEN u.a. die Abschaffung des Ehegattensplittings, „das einen jährlichen Steuerausfall von ca. 40 Milliarden Mark verursacht“, und weiter: „Jede Person soll individuell sozial abgesichert und besteuert werden. Besonders gefördert werden dürfen nur diejenigen, die Kinder oder andere Personen betreuen, die sich nicht selber versorgen können.“
„Selbstbestimmtes Leben mit Kindern“ heißt für DIE FRAUEN u.a.: „Wir wollen, daß Frauen Kinder haben können, ohne dafür ihren Beruf aufgeben oder auf eine Beteiligung am politischen und kulturellen Leben verzichten zu müssen.“ Dafür fordern sie angemessene Betreuung für jedes Kind ab dem vollendeten ersten Lebensjahr in öffentlichen Einrichtungen, eine Erhöhung des Kindergeldes, Sorgerecht für die Mütter, egal, ob sie mit dem Kindsvater verheiratet sind oder nicht.“ „Wider die Gewalt gegen Mädchen und Frauen“ fordert die feministische Partei die gesellschaftliche Ächtung und Bestrafung der Gewalt gegen Mädchen und Frauen, strafrechtliche Verfolgung der Vergewaltigung innerhalb und außerhalb der Ehe, ein flächendeckendes Angebot an autonomen Frauenhäusern und Zufluchtsstätten für Mädchen. „Feministische Bildung“ heißt für DIE FRAUEN „… eine Schule, in der Mädchen und Jungen sich individuell entfalten können. …“ „Wir wollen, daß die strukturelle Benachteiligung von Mädchen in der Schule beendet wird. … Mädchen sollen lernen, sich besser zu behaupten, Jungen dagegen, auf Dominanzverhalten zu verzichten.“
Neben dem Kurzprogramm gibt es Faltblätter zu einzelnen Themen. In der Schrift „MigrantInnen und Flüchtlinge“ lesen wir u.a.: „Die Beschränkung von Grundrechten nur auf Deutsche in den Grundgesetzartikeln 8 (Versammlungsfreiheit), 9 (Vereinigungsfreiheit), 11 (Freizügigkeit) 12 (Freiheit der Berufswahl) 20 Abs. 4 (Widerstandsrecht) und 33 Abs. 2 (Zugang zu Behörden) muß aufgehoben werden.
Interkulturelles Lernen soll als fachübergreifendes Unterrichtskonzept in alle Schulen übernommen werden. …“
Auch zum Thema „Frieden“, zu „Architektur und Stadtplanung“ und zur Wirtschaftspolitik sind Faltblätter verfügbar, in denen DIE FRAUEN ihre feministischen Vorstellungen darlegen.
Feministische Partei DIE FRAUEN, Bonner Talweg 55, 53113 Bonn, Telefon: 0228/26 20 64; Telefax: 0228/22 09 62. Auch Landessprecherin Gisela Galts (Telefon: 04421/30 31 47) freut sich über Anfragen interessierter Frauen.
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